Kapitel 99

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Ganz leise schlich ich mich auf Zehenspitzen wieder in mein Zimmer. In meiner Hand hatte ich einen Schokoriegel in dem eine brennende Kerze steckte. Ich hatte mir extra den Wecker ganz früh gestellt, damit ich meinem Muffeltier ausgiebig gratulieren konnte, bevor wir zum Geburtstagstisch mussten. Ja, Mama hatte echt noch ein Wunder vollbracht und so einiges für Will aufgetrieben. Keine Ahnung wie sie das angestellt hatte. Es würde in circa einer Stunde geliefert werden und Mama hatte mich dazu verdonnert, Will so lange in Schach zu halten. Bei Papa waren Stella und Luna dafür verantwortlich. Also mir gefiel meine Aufgabe ausnehmend gut und ich hatte schon so gewisse Pläne, wie ich sie erfüllen wollte. Ganz vorsichtig stellte ich den kleinen Geburtstagsteller auf dem Nachttisch ab und krabbelte wieder in mein Bett. Sofort schlangen sich Arme von hinten um meine Taille. „Wo warst du denn so lange, Snugglebee?", raunte mir Will mit seiner rauen Morgenstimme ins Ohr. Sofort überrollte mich eine tierische Gänsehaut. Würde diese Wirkung, die er auf mich hatte eigentlich nie nachlassen? Ich hoffte mal nicht, denn ich liebte sie. Schnell drehte ich mich in Wills Armen. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, mein Muffeltier." Ich beugte mich über ihn und küsste ihn mit allen Gefühlen, die gerade in mir aufwirbelten. In meinem Rücken spürte ich seine Hände, die mich sanft streichelten. Ja, Will durfte ganz offiziell mit Papas Segen in meinem Zimmer und in meinem Bett schlafen. Das fühlte sich richtig gut an. Die beiden hatten sich gestern echt gut verstanden auf ihrer Radtour. Es war so schön, dass Papa Will jetzt richtig akzeptierte. Vorsichtig löste ich mich von Will. „Du musst erst einmal deine Kerze auspusten und dir etwas wünschen." Ich reichte ihm den Teller. „Danke." „Los nun wünsch dir was", feuerte ich ihn an. Ganz insgeheim wünschte ich mir natürlich, dass dieser Wunsch vielleicht auch etwas mit mir zu tun hatte. Obwohl nein, er sollte sich lieber wünschen, dass die Therapie bei Tanja endlich wirklichen Erfolg gehabt hatte. Das wäre viel wichtiger. Wir beide waren glücklich und würden es auch ohne ausgepusteter Geburtstagskerze bleiben. „Was soll ich mir denn wünschen? Ich habe doch alles was ich zu meinem Glück brauche. Ich habe dich, Snugglebee." Sein liebevoller Blick unterstrich das von ihm gesagte noch einmal sehr eindrucksvoll und mein Herz quoll fast über, als er die Lippen spitzte und ganz langsam die Kerzenflamme auspustete.  „Und was hast du dir gewünscht?", platzte es aus mir heraus. Seit wann war ich denn so neugierig? „Wenn ich es dir sage, geht es ja nicht in Erfüllung. Und ich möchte, dass es unbedingt in Erfüllung geht", zwinkerte er mir keck zu. Manno, jetzt war ich aber noch neugieriger. Ehe ich aber weiter bohren konnte, wurde ich wieder in zwei Arme gezogen und Wills Hände begannen mich zu streicheln. Ja, das war ein perfekter Tagesbeginn für einen bestimmt ziemlich langen anstrengenden Tag. Bei dem was Papa gestern schon angedeutet hatte, war es ein ziemlicher Partymarathon mit einem großen Menschenauflauf. „Was hast du da eigentlich angestellt?" Wills Hand war an meinem Mullverband hängengeblieben. Er schaute mich besorgt an. Ja, er war immer um mich besorgt. Das tat richtig gut. Aber ich konnte ihn nicht weiter in Sorge lassen, schließlich hatte ich mich ja gar nicht verletzt. Außerdem sollte es ja auch eine Geburtstagsüberraschung für ihn sein. Wieso hatte ich das fast vergessen? „Kann ich mir die Verletzung einmal anschauen? Vielleicht sollten wir ja lieber zu einem Arzt damit." Ich nickte nur und Will löste das Klebepflaster, das den Verband zusammenhielt. Ganz vorsichtig wickelte er das Mull ab. Das war perfekt. Ein Schmunzeln schlich sich in mein Gesicht. Er wickelte sein Geburtstagsgeschenk aus. Naja jedenfalls hoffte ich, dass er es als eines ansah. Hundertprozentig sicher war ich mir da nicht. Aber ziemlich sicher, dass er sich schon irgendwie darüber freute. Das letzte Stück Verband löste sich und zum Vorschein kamen meine Tattoos. Ja, aus einem waren dann doch zwei geworden. Wills überraschter Blick wich einem breiten Grinsen. „Du hast dir auch zwei Bienen stechen lassen?" Ich nickte. „Die sehen genau wie meine aus. Das ist ja der Wahnsinn. Wie hat der Tätowierer das so genau hinbekommen? Er hatte doch gar keine Vorlage." Doch die hatte er. Ich hatte nämlich vorgestern Abend, als Will schon eingeschlafen war, schnell ein Foto von seinem Tattoo gemacht und an Oscar gemailt, damit er alles für den Termin vorbereiten konnte. Tessa hatte ihn sofort für mich gemacht, nachdem ich ihr von meiner Idee erzählt hatte. „Mein Tattoo ist ja auch etwas anders als deins." Ich drehte meinen Arm etwas und zum Vorschein kamen die verschlungen Schriftzüge Maja &Willi, wobei das i nur ganz zart zu sehen war. Ich wusste ja, dass er diesen einen kleinen Buchstaben hasste. Trotzdem gehörte er auch zu ihm und somit auch zu mir. „Du hast dir sogar unsere Namen tätowieren lassen?" Will schaute mich ungläubig an. „Du weißt aber, dass das nicht so einfach wieder zu entfernen ist. Was, wenn du die Nase von mir voll hast?" Ich schüttelte meinen Kopf. „Werde ich nie haben, deshalb muss da auch nie etwas entfernt werden. Nicht einmal, wenn du die Nase von mir voll hast." Will schnaubte empört. „Das wird nicht passieren." Genau das hatte ich hören wollen. „Dann ist ja alles gut", zwinkerte ich ihm zu. Sein Blick wanderte weiter. „Ist das.....ist das ein Geschwistertattoo?" Ganz vorsichtig drehte Will meinen Arm in die andere Richtung, wo sich Tessas und mein Name zusammen mit unserem Geburtsdatum in einem Herz befand. Oscar hatte da ein richtiges Kunstwerk ganz auf die schnelle geschaffen, nachdem wir ihn mit unserer Spontanidee überfallen hatten. Dieses Tattoo zierte seitdem sowohl Tessas als auch meinen Unterarm. „Wir wollten das, damit wir immer den anderen bei uns haben." Ja, ganz egal wo wir verstreut waren, unsere andere Hälfte war dann immer bei uns. Will begann zu schmunzeln „Dann lag Tessa mit ihrer Blutsbrüderschaft ja gar nicht so falsch. Habt ihr das nur wegen meinem Geburtstag versteckt und verheimlicht?" Ich schüttelte meinen Kopf und biss mir auf die Unterlippe. „Wegen Marco?", schlussfolgerte Will sofort. Irgendwie war das immer ungewohnt, wenn er von Papa mit seinem Vornamen sprach, aber es zeigte auch, dass sie sich schon mächtig angenähert hatten. Marco war viel persönlicher als dein Vater. „Er hat zwar selbst welche, aber bei uns findet er sie nicht so toll. Wir wollten nicht, dass er sich aufregt und es zum Geburtstag schlechte Schwingungen gibt." Will schüttelte verständnislos seinen Kopf. „Aber das ist doch eure Entscheidung, was ihr mit eurem Körper macht." „Das sag ihm und nicht mir", brummte ich. Will drückte mir einen Kuss auf meine Stirn. „Das werde ich auch machen, wenn er dazu was sagt." Ich schaute ihn überrascht an. Luca hätte sich niemals hinter mich gestellt, wenn mein Vater etwas nicht gepasst hätte. Und für Will war es ganz normal, sich für mich einzusetzen und mich zu verteidigen. Genau das war auch der Grund, warum ich wusste, dass es kein Fehler war, seinen Namen auf meiner Haut zu tragen. „Du solltest die beiden Tattoos nicht verstecken. Dazu sind sie viel zu schön." Das hatte ich auch nicht wirklich vor. Na ja gut, heute vielleicht noch, aber dann nicht mehr. Plötzlich rieb Will sich nachdenklich sein Kinn. „Sag mal, die Feier von Marco beginnt doch erst heute Abend?" Ich nickte, auch wenn die Aussage nicht mehr ganz richtig war, denn Mama hatte auch die Party heute Abend in eine doppelte Geburtstagsparty umgewandelt. Klar kamen die Gäste alle zu meinem Papa, aber es würde auch eine große Geburtstagstorte für Will geben. Selbst ein paar personalisierte Luftballons und Girlanden hatte Mama noch arrangiert bekommen. Sie hatte das Motto in halbes Jahrhundert trifft Vierteljahrhundert  geändert. Was so etwas anging, bewunderte ich das spontane Organisationstalent meiner Mutter.  „Dann haben wir doch den ganzen Tag für uns zur freien Verfügung?" Wieder nickte ich. Will knabberte an seiner Unterlippe. „Meinst du, dass der Tätowierer heute vielleicht auch noch Zeit für mich hätte? Ich möchte unsere Namen genauso haben wie du, Snugglebee. Ich will das jeder sehen kann, dass ich meine Maja gefunden habe und du zu mir gehörst." Das war.......das war total süß.....das war so romantisch. Ich musste schlucken. „Ganz bestimmt. Tessa und ich sollten heute sowieso bei ihm vorbeikommen, weil er noch einmal einen Blick  darauf werfen wollte." Mir war schon klar, dass Oscar das nur machte, weil er Schiss vor Papa hatte, falls sich da auch nur irgendetwas entzünden sollte. „Na dann begleite ich euch doch." Ein zaghaftes Klopfen war an der Tür zu hören. „Ihr sollt gleich runter kommen. Papa dreht schon am Rad wegen seiner Geschenke. Luna und ich wissen langsam nicht mehr womit wir ihn noch beschäftigen sollen." Die Stimme meiner Schwester klang ganz verzweifelt gedämpft durch die Tür. Will sprang schon aus dem Bett. „Na dann los!" Er hielt mir seine Hand hin, um mich hochzuziehen. Manno, eigentlich hätte ich viel lieber noch etwas gekuschelt. Konnte Papa mit fünfzig nicht endlich mal etwas geduldiger werden?

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt