Kapitel 75

389 57 22
                                    


„Du bist ja ganz kalt." Will schaute mich besorgt an und rieb meine Hände. Durch die ganze Aufregung und unsere Knutscherei, hatte ich gar nicht bemerkt, wie kalt es eigentlich geworden war. Na ja, ich hatte mir ja auch keine Jacke angezogen, als ich Will hinterher gelaufen war. „Komm lass uns schnell reingehen. Nicht das du noch krank wirst." Er griff sich meine Hand und zog mich wieder zum Eingang. Als wir die Tür öffneten, schlug uns laute Musik entgegen. Scheinbar hatte die Party schon begonnen.  „Na da seid ihr ja endlich wieder." Tessa kam uns grinsend entgegen. Ihr Blick ging zu unseren verschränkten Händen. „Na so wie es aussieht, habt ihr es ja geklärt bekommen." Sie klopfte Will auf die Schulter. „Willkommen in der Familie Reus, Vogel vom Ton." Will grinste und schüttelte seinen Kopf. „Den Namen werde ich wohl nicht mehr los." „Da kannst du deinen Knackarsch drauf verwetten, Vogel vom Ton", lachte Tessa. Ich schaute mich um. Es war wirklich voll hier geworden. „Hast du schon Maja irgendwo gesehen? Marco dreht schon am Rad wegen der Geschenke." Das war Leokardia. Wieso fragte sie Tessa, wenn ich direkt vor ihr stand? „Also ich bin hier", grinste ich und drehte mich zu ihr um. Sie starrte mich an, als hätte ich mich in einen Minion verwandelt. „Wie siehst du denn aus?" Sie zeigte auf meinen Kopf „Was ist mit deinen Haaren passiert?" Ihre Hand glitt weiter herunter „Und mit deinen Klamotten?" Sie drehte sich kurz zu meinem Bruder herum, der hinter ihr stand. „Max schau nur, wie Maja aussieht." Das klang jedenfalls nicht nach einem Kompliment oder nach Begeisterung. Ich spürte, wie Will mir sanft über den Rücken strich. Das fühlte sich gut an. „Maja, happy birthday" Mein Bruder zog mich einfach in seine Arm und ging gar nicht weiter auf die Aussage seiner Frau ein. Er herzte mich kurz und ließ mich wieder los. Ich wandte mich zu Will. „Das ist Max mein anderer Bruder und der Zwilling von Phil und das ist seine Frau Leokardia." Ich wandte mich zu Max und Leo „Und das ist mein Freund Will." Das war das erste Mal, dass ich das sagte und es fühlte sich unheimlich gut an. „Dein Freund?" Leo schnappte nach Luft. „Wieso wussten wir davon nichts, dass du einen Freund hast. Ich dachte du kommst...." Sie winkte mit ihrer Hand ab. „Obwohl, das geht ja erstmal sowieso nicht." Musste ich sie verstehen? Irgendwie war sie mittlerweile eine echt Dramaqueen. War ich früher eigentlich genauso? Wahrscheinlich, denn wir beiden hatten ja immer aneinander geklebt. „Na dann verstehe ich, warum Papa so übellaunig ist", grinste Max. „Er hat Angst, dass er sich wieder von einer seiner Töchter bald trennen muss. Er sieht wohl in dir eine ernsthafte Gefahr. Und so wie ich das sehe, liegt er da wohl auch nicht falsch, so wie sich Maja verändert hat." Sein Blick glitt über mich. „Steht dir aber gut, Schwesterchen. Du siehst viel glücklicher aus als beim letzten Mal, als wir uns gesehen haben. Und farbenfroher." Er wuschelte durch meine kurzen Haare. Sein Blick wanderte wieder zu Will. „Na dann herzlich Willkommen in unserer Familie." Er klopfte Will auch auf die Schulter. „Du solltest aber wirklich mal zu den Geburtstagstischen gehen, ehe Papa noch komplett durchdreht." Ich nickte, griff mir Wills Hand und setzte mich in Bewegung. Scheinbar war ich los gestartet, ohne auf meine Umgebung zu achten, denn wir prallten mit jemandem zusammen. „Oh sorry", entschuldigte ich mich und schaute in das überraschte Gesicht von Lisa. Oh man, hoffentlich wurde das jetzt nicht peinlich. Neben ihr standen Lucy, Andi und Leon. Wo war Luca? Die Goretzkas traten doch normalerweise immer alle zusammen auf. Oder war er heute wegen mir nicht gekommen?Das wäre ja albern, schließlich waren wir doch erwachsen. Klar sollten wir noch ein abschließendes Gespräch führen, aber das war es dann auch. Mehr war da nicht mehr. Schließlich hatte ich ja Will. „Mensch Maja, ich hätte dich ja fast nicht erkannt. Du hast dich ganz schön verändert." Sie umarmte mich. „Alles Gute zum Geburtstag." „Ich gehe dann mal zu Marco." Leon warf mir nur einen finsteren Blick zu. „Krapfen, willst du nicht zum Geburtstag gratulieren?!" „Happy birthday", kam es nicht wirklich freundlich und dann wandte er mir auch schon den Rücken zu und verschwand. Lisa schaute mich entschuldigend an. „Das ist wohl die viel beschworene Männerverbundenheit. Entschuldige." Okay, irgendwie konnte ich es ja verstehen, dass er zu seinem Sohn hielt. „Ich bin zwar auch traurig, dass das mit Luca und dir so gekommen ist. Ich hätte dich wirklich gerne als Schwiegertochter gehabt." Sie zuckte mit den Schultern. „Aber so ist das Leben." „Happy birthday." Andi umarmte mich auch und ihm folgte Lucy, die schon einen kleinen sichtbaren Schwangerschaftsbauch hatte. Sie musterte mich „Du siehst wirklich ganz anders aus. Viel glücklicher." Sie machte eine kurze Pause, als überlegte sie, ob sie etwas Weiteres sagen sollte oder nicht. „Hör zu, Luca ist mein Bruder und es ging ihm eine ganze Zeit echt scheiße, trotzdem bist du auch meine Freundin." Sie biss sich auf die Unterlippe. „Ich fände es schön, wenn es auch so bleiben könnte." „Ich auch", platzte es freudig aus mir heraus. Ich mochte nämlich Lucy wirklich gerne und bewunderte sie dafür, wie sie es schaffte Andis Tochter groß zu ziehen. „Der Babybauch steht dir gut. Wann ist es denn so weit?" Sie fing an zu strahlen „Im Juli. Und wie läuft es bei dir so?" Neugierig schaute sie zu Will. „Ich kann nicht klagen. Berlin ist perfekt. Das ist Will, mein Freund." Ich konnte gar nicht genug davon bekommen ihn so vorzustellen. „Das freut mich, dich kennenzulernen." Sie lächelte ihn mit ihrem typischen Lucy Lächeln an. „Na ein Glück ist es nicht Mika geworden." Ich schaute sie irritiert an. „Na der war doch schon scharf auf dich, als ich noch mit ihm zusammen war." Wieso hatte ich das nicht gemerkt? „Der langweilige Plattfisch hätte aber auch überhaupt nicht zu dir gepasst." Da hatte sie recht. „Ist Luca heute auch hier?" Ich ließ meinen Blick schweifen. Sie schüttelte den Kopf. „Nein, der ist doch in Barcelona. Wusstest du das nicht?" Ich schüttelte den Kopf. Nein, das hatte mir keiner erzählt. „Er ist seit Januar da für zwei Auslandssemester. Das macht sich doch gut im Lebenslauf." Sie äffte ihn nach. „Nein, ohne Quatsch, er hat sehr unter eurer Trennung gelitten. Du hast seinen ganzen Lebensplan durcheinander gebracht. Aber dann kam das Angebot dort zu studieren. Das hätte er sonst nie gemacht. Also eigentlich kann er dir dankbar sein. Manchmal hat halt auch alles Schlechte sein Gutes." „Dann ist er nicht mehr sauer auf mich?" Sie verzog ihr Gesicht. „Das weiß ich nicht. Du weißt ja, wie nachtragend er sein kann. Gib ihm noch etwas Zeit und irgendwann sprecht ihr euch dann aus, wenn noch mehr Gras über die ganze Sache gewachsen ist." Ich nickte. Das hörte sich nach einem guten Plan an. „Komm, dein Vater winkt schon ganz ungeduldig." Will zeigte in Richtung der Geburtstagstische. Na dann würde ich mal lieber dem Familienfrieden zu Liebe schnell die Geschenke auspacken.
„Da bist du ja endlich", wurde ich auch gleich von Papa begrüßt. Sein Blick ging zu meiner mit Will verschränkten Hand, aber er sagte keinenTon. Das war doch schon einmal ein Anfang. „Auf die Plätze fertig los", gab er das Startzeichen und das Reißgeräusch von Geschenkpapier ertönte gefolgt von vielen Ohs und Ahs. Ich schaute zu Will, der mir zu zwinkerte. Welches Geschenk sollte dieses Glücksgefühl noch übertreffen. Keins!
„Und jetzt musst du noch für uns singen." Stella und Luna standen bettelnd vor mir. Wie sollte ich denn da nein sagen. Wie durch Zufall reichte mir Mama meine Gitarre. „Heute kann ja nichts schief gehen. Ich bin ja live da", grinste Tessa. Das war doch ein abgekartetes Spiel. Und so wie es aussah, war Will eingeweiht, denn er stand am DJ Pult und grinste auch in meine Richtung. „Ja, der Vogel vom Ton steht auch schon parat", kicherte Tessa, die unsere Blicke wohl bemerkt hatte. Ich griff mir also die Gitarre und stapfte zu der kleinen Bühne, die es gab. Was ein Zufall, dass dort sogar schon ein Hocker bereitstand. Ich begann mit dem ersten Cover und erntete schon jede Menge Applaus. Nach zwei weiteren war die Stimmung noch besser. Ob ich es wagen sollte mein eigenes Lied zu spielen. Ich schaute zu Will. Und scheinbar konnte er meine Gedanken lesen, denn er nickte mir zu. Ich begann die ersten Töne zu spielen und begann zu singen. Am Ende herrschte kurz Stille, ehe alle zu jubeln und klatschen anfingen. Ich schaute zu Papa und Mama, die in der ersten Reihe standen, genau wie meine Geschwister. Mama schüttelte nur ganz leicht den Kopf, ehe sie sich Tränen von den Wangen wischte und zu mir auf die Bühne hüpfte. „Du bist der Wahnsinn", schluchzte sie und zog mich in ihre Arme „Und lass dir niemals von jemandem anderen etwas anderes einreden. Du bist die geborene Sängerin. Ich bin so stolz auf dich." Vielleicht hatte sie wirklich recht damit.

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt