Kapitel 40

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„Papa!" Ich traute meinen Augen nicht. Da vor der Tür stand mein Papa und schaute mich wie ein geprügelter Hund an. „Maja, es...." Ich ließ ihn gar nicht ausreden, sondern fiel ihm einfach um den Hals. Mein Papa war zu mir gekommen. Das hieß er ignorierte mich nicht länger. Mein Herz polterte in meiner Brust los und ich schluchzte auf „Papa.... ich ..... ich habe .... habe dich so....so vermisst." Er schloss mich sofort in die Arme und drückte mich ganz fest an sich. „Ich...ich dich doch auch, meine kleine Biene." Seine Stimme hatte auch einige Aussetzer und ich spürte, wie er schwer schluckte.  Die Worte von ihm waren für mich alles, was ich jemals hören wollte. Sie waren mehr wert als jeder Schatz dieser Welt. Ich spürte wie mir die Tränen über die Wangen liefen. Aber diesmal vor Freude und Erleichterung und nicht wie vor ein paar Wochen vor Enttäuschung und Verzweiflung. Bei den beiden Worten machte es Klick in meinem Kopf und ich löste mich von Papa. „Wir müssen reden." Erstaunlicherweise war meine Stimme bei diesen Worten stabil geblieben, auch wenn mein Herz raste und mein Mund trocken war. Papa nickte nur. Ja, er widersprach nicht. Scheinbar war ihm auch klar, dass die ganze Sache nicht durch sein Auftauchen und eine Umarmung aus der Welt war. „Ja, ihr geht ins Wohnzimmer und sprecht euch aus. Und wir kümmern ums um das Essen." Mama hatte uns die ganze Zeit beobachtet. Genau wie Tessa und Mika, der neben ihr stand. Ihm hatte ich zwar einen Teil der Geschichte erzählt als wir im Kino waren, aber nicht alles.  „Ich werde dann mal lieber gehen, damit du Zeit für deine Familie hast." Er griff sich seine Jacke vom Garderobenhaken und schlüpfte in seine Schuhe. Im Vorbeigehen drückte er mir noch einen schnellen Kuss auf die Wange. Das war mir etwas peinlich vor den Augen meiner Familie, besonders bei dem Gedanken, was vor nicht all zu langer Zeit erst in der Küche vorgefallen war. Aber andererseits war das ja nicht unüblich bei guten Freunden. Ich fand es von Mika wirklich rücksichtsvoll den Rückzug anzutreten, damit ich mich um meine Familie kümmern konnte, obwohl wir eigentlich verabredet waren. Und das ohne ein Wort. Das hätte Luca so nicht gemacht. Er hätte mich garantiert sein Unverständnis und seine Unzufriedenheit mit der Situation spüren lassen. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, verdrehte Tessa ihre Augen. „Wurde ja auch Zeit, dass der Langweiler einen Abgang macht. Ich verstehe echt nicht, warum du dich überhaupt mit dem Plattfisch abgibst." Kopfschüttelnd stapfte sie in die Küche zu den Drillingen, die sich dort lauthals unterhielten. „Und ihr zwei geht jetzt ins Wohnzimmer." Mama schob uns beide durch den Flur. „Ich will euch erst wieder sehen, wenn alles geklärt ist. Verstanden!" Papa und ich nickten wortlos und ließen uns auf dem Sofa nieder. „Es....es tut", fingen wir beide gleichzeitig an zu sprechen. Papa grinste mich verlegen an. „Darf ich als erstes? Ich muss das jetzt loswerden."  Wieder nickte ich. Mir war es ganz recht, wenn Papa erst sprach und ich nur reagieren musste, denn so sehr es mir auch wichtig war, war ich ja nicht darauf vorbereitet. Ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass Papa herkam. „Es tut mir so leid, wie ich reagiert habe. Das war überhaupt nicht okay", kam es wirklich reumütig von ihm. Er sah mich traurig an und schluckte heftig. „Ich hätte dich niemals aus dem Haus werfen dürfen. Es gibt nichts, was man anstellen kann, was das rechtfertigt. Ich kann mich gar nicht genug bei dir entschuldigen und nur hoffen, dass du mir das vergibst. Du bist doch meine Tochter und ich habe dich doch lieb." So traurig und schuldbewusst wie mein Papa schaute und ihm dabei die Tränen in den Augen standen, blieb mir nichts anderes als ihm um den Hals zu fallen, während mir auch die Tränen wieder über die Wangen liefen. „Ich habe dich doch auch ganz doll lieb, Papa", schniefte ich. Es war so ein schönes Gefühl, wie er mich in seinen Armen hielt. So beschützend. „Ich war nur so enttäuscht, dass du kein Vertrauen zu mir hattest und mir das mit der Uni vorher gesagt hast. Ich hätte doch Nachhilfe für dich organisiert." Papas Stimme zitterte gewaltig. „Tessa hat mir doch auch schon die Hochzeit verheimlicht und irgendwie ist da bei mir etwas durchgebrannt, weil sie und Phil Bescheid wussten." Irgendwie konnte ich das sogar verstehen. Ich hätte mich an seiner Stelle da auch ausgeschlossen gefühlt. „Ich habe mir doch selbst Nachhilfe besorgt, aber ich war trotzdem zu dumm." Papa hob seinen Blick und funkelte mich wütend an. „Sag das nie wieder. Du bist für gar nichts zu dumm. Du schaffst alles, wenn du es willst. Und dieser blöde Computerkram war einfach nicht dein Ding. Die haben doch in Mathe auch einen Knall, wenn man mit Buchstaben rechnet. Wozu hat man denn Zahlen erfunden?" Ich musste schmunzeln, so wie Papa mich gerade verständnislos anschaute. „Als ich das mit der durchgefallenen Prüfung erfahren habe, wollte ich mir erst einmal etwas neues suchen. Ein anderen Studiengang oder eine Ausbildung. Phil und Tessa wollten mir doch nur helfen, weil sie davon mehr Ahnung haben als ich. Ich wollte dich doch nicht enttäuschen, weil ich versagt habe", versuchte ich meine Situation zu erklären und musste heftig schlucken, um nicht wieder bei den Erinnerungen an meine Verzweiflung zu weinen. „Du könntest mich niemals enttäuschen und du hast nicht versagt. Wir finden etwas anderes, was du studieren kannst. Oder eine Ausbildung, wenn du das lieber möchtest. Hauptsache, du kommst wieder zurück zu uns nach Dortmund." Scheinbar hatten ihm Mama und Tessa noch nicht gesagt, dass ich bereits ein neues Studienfach hatte. „Papa, ich komme nicht wieder nach Dortmund." Er riss schockiert die Augen auf und starrte mich an. „Du....du verzeihst mir doch nicht?" Er schluckte schwer. „Doch...doch das ist nicht der Grund." Ich rieb mir mit dem Zeigefinger über meine Lippen. Wie sagte ich ihm das mit dem Studium am besten, ohne dass er sich wieder hintergangen fühlte? „Ich studiere seit einer Woche hier in Berlin an der FU, genau wie Phil." Manchmal war es einfacher ohne Umschweife zum Punkt zu kommen. „Was denn?" Okay, Papa schaute interessiert. Das war gut. „Musik und Französisch auf Lehramt." Papa fing an zu grinsen. „Ich fasse es nicht, meine Tochter wird Paukerin." Er schüttelte seinen Kopf und ich sah den Stolz in seinen Augen. „Du hast es einfach alleine in die Hand genommen." Ich nickte „Und mit Phils Hilfe." „Aber eins ist klar, ich überweise dir das Geld für die Studiengebühren und wir suchen dir eine eigene Wohnung und Unterhalt überweise ich dir auch wieder." Papa war total hibbelig. Wahrscheinlich hätte er am liebsten sofort Geld überwiesen. Hoffentlich war er nicht gleich wieder sauer. „Das möchte ich nicht." Er starrte mich irritiert an. „Aber wieso?" „Ich möchte es alleine schaffen." Meine Stimme klang endlich einmal so, wie sie es sollte - entschieden. „Aber..." „Kein aber...", unterbrach ich ihn. „Ich habe schon einen Job bei Marcel im Club und bleibe hier bei Phil wohnen." Jedenfalls so lange er mich hier aushielt, fügte ich im Geist hinzu. „Du bist wirklich erwachsen geworden." Papa schaute mich mit einem Hauch Bewunderung gepaart mit Stolz an, ehe er mich ganz fest in seine Arme zog. „Und wehe das Großmaul passt nicht gut auf mein kleines Mädchen auf." „Papa, ich kann auf mich selbst aufpassen", protestierte ich. „Ich weiß, aber trotzdem kann es nicht schaden, wenn da noch ein Kerl ist, der die anderen Kerle verjagt." Oh oh, er würde Phil garantiert noch mehr anspitzen als der es sowieso schon war. Papa drückte seine Lippen auf meinen Scheitel und hielt mich fest in seinen Armen. „Na das sieht ja so aus, als hättet ihr alles geklärt." Mama steckte ihren Kopf durch die Tür. „Das Essen ist fertig." Wir erhoben uns und Papa hatte seinen Arm immer noch um meine Schulter liegen. „Prinzessin, stell dir mal vor, unsere Tochter wird Paukerin." Mama fing an zu lachen „Das weiß ich doch schon, Schnutzelchen. Ich habe es dir nur nicht gesagt, damit du in deinem eigenen Saft schmorst und deine Denkprozesse in Gang kommen." Papa zog einen Schmollmund. „War ja klar, dass ich es wieder als letzter erfahre. Aber du hast ja recht. Ich habe es ja nicht anders verdient. Und vielleicht sollte ich mich einfach daran gewöhnen. Hauptsache ich erfahre überhaupt alles." Plötzlich blieb er stehen und schaute mich grinsend an.  „Da wird sich ja deine Mutter freuen, dass wir jetzt öfter nach Berlin kommen." „Wir fahren jetzt öfter nach Berlin?" Stella hüpfte aufgeregt von ihrem Stuhl hoch und Luna stieß nur einen Jubelschrei aus. „Scheinbar nicht nur ich", lachte Mama. Und ich, ich freute mich auch riesig, dass mich meine Familie oft besuchen kommen wollte. Ja, ich fühlte mich so glücklich und leicht wie schon seit Wochen nicht mehr.

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt