Kapitel 11

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„So, jetzt sind alle satt, dann können wir ja mit dem Brainstorming anfangen. Wann ist denn das Datum und der Ort." Tessa schaute Luca erwartungsvoll an. „Na in zwei Wochen in Bayern." „Wann bitte und wo bitte?" Tessa fuhr mit aufgerissenen Augen hoch. „Hast du das gehört, Leo?!" „Ja", kam es zweistimmig. „Man, ich meinte Derleo und nicht Dieleo", fuhr sie Leokardia an. „Bitte was?" Unsere Schwägerin schaute sie mit zusammen gekniffenen Augen an. „Wie hast du mich genannt?" So empört wie sie war, gefiel ihr der Name wohl überhaupt nicht. „Maja und ich haben uns überlegt, dass wir euch Derleo und Dieleo nennen. Es nervt nämlich mächtig, wenn immer keiner weiß, wer genau gemeint ist", erklärte mein Zwilling die Namensgebung ganz selbstverständlich. „Das sehe ich ja gar nicht ein. Das hört sich total blöd an. Ich war immer Leo und das bleibe ich auch. Dann nennen wir deinen Leo eben alle Erpel, so wie du es auch machst." Machte unsere Schwägerin ihren Protest deutlich und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Das kommt ja gar nicht in die Tüte. Aber wir können dich ja Nala nennen, so wie Max dich immer nennt." Tessa verschränkte genauso die Arme vor der Brust. „Vergiss es. So darf mich nur Max nennen." Oh oh, hier bahnte sich gerade Zoff an. „Oder wir nennen den einen Weidi und die andere Reusi. Das hat Papa vorgeschlagen, weil er Derleo und Dieleo blöd fand." Für diesen Vorschlag erntete ich von beiden finstere Blicke. „Reusi, wie sich das anhört", murrte meine Schwägerin. „Ziemlich gut, sonst wärst du ja nicht so versessen gewesen möglichst schnell so zu heißen. Obwohl, verstehen kann ich das. Wer will schon Bürki heißen." „Tessa!" Max schaute meinen Zwilling sauer an und legte seinen Arm um die Schulter seiner Frau, die nach dem Ausspruch nur nach Luft geschnappt hatte. „Was, stimmt doch", brummte meine Schwester in Richtung  Derleo, der eine Hand auf ihren Oberschenkel gelegt hatte, damit sie sich zurückhielt. „Wie wäre es einfach mit den Initialen? LR und LW", schlug Luca vor. „Das ist cool, fast wie in der alten Serie mit diesem Ekel. Wie hieß der nochmal?" Phil begann zu grübeln . „JR aus Dallas", kam es sofort von Luca. Ja, die Serie hatte er irgendwo in Papas alten DVD Leichen entdeckt. „Leo DoubleU haben Lucy und ich dich früher auch immer genannt. Das passt.", grinste Tessa begeistert. „LR" Leokardia ließ sich die beiden Buchstaben nachdenklich auf der Zunge zergehen. „Das hört sich cool an. Da könnte ich mit leben." Sie klopfte sich nachdenklich ans Kinn. „Das wäre auch ein cooler Name für eine Designerin. Designed by LR." Dabei fuhr sie entsprechend dem Klang mit ihrer Hand durch die Luft. „Ja, da bin ich mit einverstanden." Ein Strahlen trat in ihr Gesicht. „Gut, dann ist das auch geklärt und muss nur noch im Rest der Familie ausgerollt werden", wechselte meine Schwester zum geschäftsmäßigen Ton. „Also weiter mit der Hochzeit. Du hast gesagt in zwei Wochen in Bayern." Sie schaute zu Luca, während sie mit dem Stift auf dem Papier vor ihr herum kritzelte. Wahrscheinlich hatte sie sich das bei den Besprechungen in ihrem Job angewöhnt. „Hast du da auch noch genauere Angaben?" Luca nickte. „Am Samstag in zwei Wochen in Mittenwald. Das organisiert alles meine Oma und ihre Schwester."  „Das ist unser erster Hochzeitstag", quietschte LR empört auf. „Das kann sie doch nicht machen." „Siehst du doch.", kam es sofort von Tessa. „Außerdem haben an dem Tag bestimmt noch hunderttausend andere Leute Hochzeitstag." Was das anging, war meine Schwester wirklich nicht sehr empathisch. „Dann könnt ihr in einem besonders schönen Rahmen feiern und bestimmt gibt es da auch eine zweite Hochzeitssuite im Hotel", versuchte ich die Wogen zu glätten. Sofort ging ein begeistertes Grinsen durch LRs Gesicht. „Oh ja, die müssen wir unbedingt haben. Vielleicht klappt es ja dann." Sie schmiegte sich an Max, der nicht ganz so glücklich aussah. Konnte es sein, dass mein Bruder vielleicht noch gar kein Kind wollte? Denn für mich war sofort klar, was sie mit dem Klappen meinte. „In Mittenwald gibt es jetzt nicht die Luxushotels", flüsterte mir Luca zu und drückte mir einen Kuss auf die Wange, während seine Hand sanft über meine Oberschenkel strich. Man, wie ich diese zufälligen Zärtlichkeiten vermisst hatte. Sofort schlug mein Herz ein bisschen schneller. „Ist doch egal", flüsterte ich zurück. „Jedenfalls ist erst einmal Ruhe." Luca begann zu schmunzeln. Das sah immer so süß aus, wenn sich dieses eine kleine Grübchen in seiner Wange bildete. „Hört auf zu tuscheln und zu kuscheln, haut lieber Infos raus. Wir wollen heute nämlich alle noch etwas körperliche Zuwendung." Das war typisch Tessa. „Wieso muss die Hochzeit unbedingt im Baziland stattfinden? Sollen wir uns da vielleicht auch noch verkleiden?" Jetzt wo sie es ansprach, hielt ich das für alles andere als unmöglich. Ich musste an den Besuch auf dem Oktoberfest denken. Ja, Tracht war bei der Familie mehr als wahrscheinlich. „Also die Hochzeit findet in Bayern statt..." Luca betonte das Wort Bayern besonders und funkelte meine Schwester an. Ja, da war er immer etwas dünnhäutig. „... weil meine Schwester und mein zukünftiger Schwager es sich so ausgesucht haben. Andi hat da in Zusammenarbeit mit meiner Oma etwas ganz besonderes für Lucy geplant. Was weiß ich aber auch nicht. Und ja, es wird in Tracht geheiratet. Also wäre es auch ganz passend, wenn ihr auch in Tracht erscheint." LR klatschte begeistert in die Hände. „Wenn ich mich anstrenge bekomme ich noch richtig tolle Dirndl designed und genäht. Das wäre doch cool, wenn wir alle die gleichen haben. „Vergiss es. Ich ziehe doch nicht so ein blödes Kleid an, was aussieht als käme ich gerade aus der Küche und hätte vergessen die Schürze abzubinden", protestierte Tessa sofort. „Dann bekommst du halt eine Lederhose", winkte LR ab. Und mir wurde schon ganz übel bei dem Gedanken an so ein Dirndl. Schließlich hatte ich mich ja beim Oktoberfest auch mächtig mit meiner Trachteninterpretation blamiert. Trugen Schweizer auch Dirndl? Nicht dass LR genauso wenig Ahnung wie ich hatte. Außerdem war es bestimmt ziemlich teuer, wenn sie das selbst entwarf und nähen ließ. Ich dachte an das bisschen Geld, dass ich mir durch meinen Job schon zusammen gespart hatte. Eigentlich wollte ich das für eine Wohnung zurück legen. Manno, diese blöde Hochzeit machte das alles kaputt. „Also ich trage bestimmt keine Lederhose mit so dämlichen Strickstulpen an den Waden", protestierte Phil. „Hast wohl Angst, dass du zu mickrig darin aussiehst", stieg Luca sofort darauf ein. Ich fragte mich manchmal, was bei den beiden eigentlich passiert war. Sie hatten sich doch eigentlich mal ganz gut verstanden. Seit einem Jahr waren sie aber irgendwie ständig auf Konfrontation. „Wenn du neben mir stehst brauche ich da ja keine Angst zu haben", kam natürlich sofort ein Return. Ich musste hier gleich wieder für einen Themenwechsel sorgen, bevor das eskalierte. „Wir können dann ja vielleicht einen Junggesellenabschied auf dieser Alm machen, wo wir waren und die Lucy so mochte." Luca grinste mich begeistert an „Das ist eine super Idee. Ich frage gleich mal auf der Windbeutelalm an. Das gefällt Lucy garantiert." Wieder drückte er mir einen Kuss auf. Diesmal sogar auf die Lippen, die sofort kribbelten. Heute Abend würde ich versuchen ihn zu überreden, dass er bei mir übernachtete. Oder ich würde mit nach Bochum fahren. Wir brauchten einfach mal wieder Zeit für uns. „Na dann ist das ja geklärt." Tessa legte zufrieden ihren Stift zur Seite. „Sag mal habe ich das vorhin eigentlich richtig gesehen, dass die Wohnung unter euch frei ist?", wandte sie sich an Max, der sofort nickte. „Ja, die Vormieter sind letztens ausgezogen. Wieso? Wollt ihr euch verkleinern?" Tessa schüttelte ihren Kopf. „Ganz sicher nicht. Die Windelpupse lieben den Garten und so lange ich kein Unkraut zupfen muss und Paps immer seinen Gärtner vorbei schickt, ich auch. Nee, aber die wäre doch perfekt für Maja und Luca. Wird doch auch mal Zeit, dass ihr bei den Alten rauskommt." Ich spürte wie Luca sich neben mir verkrampfte. So dankbar ich meiner Schwester für den Hinweis auch war, so kontraproduktiv war er auch. Luca würde da garantiert nicht drauf einsteigen. „Das wäre echt cool, wenn ihr hier einziehen würdet", kam es begeistert von LR. „Also so viel ich weiß, ist die Wohnung auch noch nicht neu vermietet", mischte Max wieder mit. „Und sie soll auch nicht teuer sein. Der Eigentümer sieht sie nur als Wertanlage, die sich selbst tragen muss." Bei den Worten nicht teuer hatte ich das Gefühl, dass Lucas Interesse geweckt worden sein könnte. „Ich kann euch ja mal die Nummer geben, dann könnt ihr nachfragen." Max begann in seinem Handy zu scrollen und kritzelte dann etwas auf einen Zettel, den er Luca reichte. „Ich kann ja mal nachfragen." Wirklich überzeugt hörte sich anders an. Aber immerhin war es ein Anfang und er lehnte nicht sofort ab. Jetzt wo ich selbst Geld verdiente, könnte ich ja auch gut etwas zur Miete beitragen. Vielleicht würde mein Geld sogar reichen, um sie ganz zu bezahlen. Dummerweise wusste er das aber nicht. Er wusste ja noch nicht einmal, dass ich überhaupt etwas verdiente. Das musste sich ganz schnell ändern. Die Frage war nur wie und wann der beste Zeitpunkt dafür war. Und wie schnell ich einen Ausbildungsplatz fand. Manchmal wurden doch noch welche ausgeschrieben, die nicht besetzt wurden, schoss es mir durch den Kopf. Vielleicht hatte ich ja Glück und es gab noch einen last minute. Es war ja egal was, Hauptsache ich hatte eine Ausbildung und verdiente Geld..... und bekam eine Wohnung zusammen mit Luca, damit wir endlich ganz für uns waren. Ich kuschelte meinen Kopf an seinen Oberarm. Ja, wir brauchten nur wieder mehr Zeit zusammen, dann wurde alles wieder gut, so wie früher.

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt