Kapitel 82

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Ich öffnete langsam meine Augen. Wills Arm lag fest um meine Taille geschlungen. Ich liebte es so in seinen Armen aufzuwachen. Man, hatte ich das vermisst. Dabei war es gerade einmal eine Nacht gewesen, die wir nicht gemeinsam verbracht hatten, weil meine Familie am Karfreitag gekommen war. Ein Grinsen suchte sich bei dem Wort Freitag den Weg in mein Gesicht. Ja, obwohl wir nicht den ganzen Tag zusammen verbracht hatten, war es trotzdem ein Freutag wie jeder Freitag, seit wir zusammen waren, geworden. Zwar waren wir etwas von unserem Ritual abgewichen, aber da es ja der Karfreitag und damit ein Feiertag war, hatten wir ein weiteres für uns entdeckt. Ja, wir würden jetzt immer an freitäglichen Feiertagen gemeinsam im Bett frühstücken. Will hatte sogar extra Brötchen für uns aufgebacken und ein Tablett ans Bett gebracht. Mein Grinsen wurde noch breiter. Auf dem Tablett hatte natürlich auch nicht meine Lieblingsmarmelade -ich liebte Ananasmarmelade- gefehlt. Nein auf dem Tablett stand auch eine langstielige rote Rose. Ich schaute zu der Kommode in Wills Zimmer. Dort stand die Rose immer noch und es kam mir fast vor, als zwinkerte sie mir zu, so wie Tessa gestern....ähm nee heute Nacht im Club, als wir uns voneinander verabschiedet hatten und sie mit Leo ins Taxi gestiegen war. Ihre Worte kamen wir wieder ins Ohr „Der Vogel vom Ton und du, ihr passt fast so perfekt zusammen wie der Erpel und ich." Ich hatte sie dann gefragt, warum nur fast. „Weil der Erpel und ich halt alles toppen." Das war die typische selbstbewusste Tessa-Antwort gewesen. Aber nee, da lag sie komplett falsch. Denn Will und ich das war wie......wie Bienen und schwarzgelbe Streifen. Das gehörte einfach zusammen. Wir toppten alles. Da war ich mir sicher. Dieses Gefühl der Sicherheit war einfach unbeschreiblich. „Was lächelst du denn so, Snugglebee?" Will hatte seine Augen auch geöffnet und mustere mich mit einem noch müden, aber liebevollen Blick. „Ach, ich musste nur gerade an gestern Abend und an Tessa denken." Will fing auch an zu grinsen. „Deine Schwester und Leo sind echt cool, dass sie uns etwas Freiraum verschaffen." Er zog mich noch fester an sich. „Weißt du eigentlich wie beschissen das war gestern Morgen ohne dich aufzuwachen und noch viel beschissener war es am Freitag ohne dich einzuschlafen." Will zog einen total süßen Flunsch. Und ja, ich wusste, wie es war. Mir war es ja nicht anders gegangen. Wir....nee ich musste das mit Papa klären. Er musste sich damit abfinden, dass Will jetzt für immer zu mir gehörte und ihn auch dementsprechend behandeln. Hatte ich gerade für immer gedacht? Ja, hatte ich und so fühlte es sich auch an. Da hatte ich keine Zweifel mehr. Ich sollte zeitnah ein Gespräch mit Papa führen. Am besten noch bevor sie wieder abreisten. Gestern im Club war er ja auch fast freundlich zu Will gewesen. Ja, ich sollte das unbedingt klären, nahm ich mir vor, denn ich hatte überhaupt keine Lust noch einmal auf dieses Aufwach- und Einschlafgefühl in Wills Armen zu verzichten. Meine Finger bewegten sich über seinen Arm und ich fuhr ganz sanft die beiden Bienen dort ab. Ich musste an Papas Spruch zum Geburtstag denken, dass man sich so etwas nur zugekifft oder besoffen stechen ließ. Das schloss ich aber total aus, denn ich wusste dass Will weder das eine noch das andere machte. „Wieso hast du dir eigentlich die beiden Bienen stechen lassen?" Irgendwie hatte ich diese Frage noch nie gestellt, obwohl ich das Tattoo schon so oft mit meinem Finger abgefahren hatte. Irgendwie zog es meine Finger nämlich magisch an. Will räusperte sich. „Hm, ja....", druckste er herum. Hatte Papa doch recht und das Tattoo war ein Ausrutscher? Will nahm seine eine Hand von meiner Taille und fuhr sich damit durch seine Haare. Das tat er immer, wenn ihm etwas peinlich war. Diese Geste kannte ich. Er verzog kurz sein Gesicht. „Okay, ich erzähle es dir, aber wehe du lachst, Snugglebee." Jetzt war ich aber gespannt. „Zu meinem 18. Geburtstag wollte ich unbedingt auch ein Tattoo, so wie Chris eins hatte." Chris hatte eins? Das war mir nie aufgefallen. „Er hatte sich zu seinem 18. einen Löwenkopf direkt oberhalb seines Herzen stechen lassen. Das sah für mich total cool aus. Seine Mutter hatte es ihm geschenkt. Er ist ja als Sternzeichen Löwe und sollte sich immer an seine innere Stärke erinnern. Also hatte ich meine Mom auch bekniet und angebettelt mir eins zu schenken. Ich habe ihr sogar angeboten, dass sie es aussuchen dürfe, nur damit ich auch eins bekam. Das hat sie dann auch gemacht." Vor meinem geistigen Auge tauchten die bettelnden blauen Augen von Will auf. Kein Wunder, dass seine Mutter da nicht widerstehen konnte und ja gesagt hatte. „Leider! Ich hatte mir etwas echt cooles wie einen Tiger oder so vorgestellt oder zumindest auch mein Sternzeichen. Ich bin ja Zwilling." Das passte ja zu mir dachte ich schmunzelnd, schließlich war ich auch Zwilling. Zwar nicht als Sternzeichen, da war ich ja Fisch, aber in Realität schon. „Das mit dem Sternzeichen ist es dann auch geworden." Ich setzte mich ein Stück auf und starrte Will an. „Das sind aber Bienen." Will nickte. „Es war Moms Idee es durch zwei Bienen darzustellen, die unweigerlich zusammengehörten und zu meinem Namen passten." „Maja und Willi", unterbrach ich ihn. Er nickte mit verzogenem Gesicht. „Außerdem ist meine Mom unverbesserlich romantisch veranlagt." Er zuckte mit den Schultern. „Und vielleicht auch ein wenig...."Er hob kurz die Hand, wie man es tat, wenn man nicht so richtig wusste, wie man etwas ausdrücken sollte. „...ein wenig esoterisch", setzte er erneut an. „Sie wollte, dass dieses Tattoo mich immer daran erinnerte, dass irgendwo auf der Welt meine Maja war und ich sie nur finden musste. Bei Sabine war sie sich damals schon fast sicher, dass sie die Biene wäre. Da hat sie sich aber wohl mächtig geirrt." Zum Glück, schoss es mir durch den Kopf. Plötzlich musste ich kichern. „Jetzt hast du ja deine Maja gefunden, Willi." Will zog mich ganz fest an sich. „Auf alle Fälle, Snugglebee." Seine Lippen wanderten an meinem Hals entlang. „Wieso nennst du mich eigentlich manchmal Snugglebee?" Das war mir jetzt schon ein paarmal aufgefallen. „Weil du meine Kuschelbiene bist", flüsterte er an meine Lippen, ehe er sie mit seinen eroberte. Kuschelbiene. Das gefiel mir. Ja, ich war gerne seine Snugglebee. Und was mir noch viel besser gefiel, war die Geschichte hinter seinem Tattoo. Das war irgendwie total süß und irgendwie auch rührend, dass er seine Mom das Tattoo hatte aussuchen lassen. Vielleicht war Tanja ja gar nicht esoterisch veranlagt, sondern eine verkappte Hellseherin. Jetzt war mir aber auch klar, warum sie so bei meinem Namen abgegangen war, als ich mich ihr vorgestellt hatte. Das war schon irgendwie witzig. Willi und Maja. Wenn das nicht der beste Beweis war, dass wir einfach zusammengehörten. Das musste sogar Papa verstehen. Dafür würde ich sorgen. Glücklich und zufrieden kuschelte ich mich an mein Muffeltier, das überhaupt nicht mehr muffelig war und genoß seine zärtlichen Streicheleinheiten.

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt