„So, du bist angemeldet." Phil ließ sich auf dem Stuhl neben mir im Wartezimmer nieder. Die ältere Dame und gegenüber musterte uns beide, ehe sie weiter in ihrer Zeitung blätterte. Wie lange musste man hier bitte warten, wenn sie sogar Zeitung las? Ich schaute zu den anderen Wartenden, die auch alle sich irgendwie mit Handy, Zeitung oder Buch beschäftigten. „Was meinst du, wie lange das hier dauert?" Ich wusste, dass Will heute früh wieder zu Hause sein wollte, weil er zu seiner ersten Fahrstunde musste. Und ich wollte unbedingt vorher da sein, damit ich ihm noch viel Glück wünschen konnte. „Na nicht so lange wie deine Prüfung. Du bist hier Privat-Privatpatient, da kommst du ganz flott dran." Phil schüttelte grinsend seinen Kopf über mein verständnisloses Gesicht. „Na privat versichert und Nichte von Doc. Privater geht ja wohl nicht." Ich nickte. Das war doch irgendwie peinlich, wenn ich hier so gnadenlos vorgezogen wurde. Mein Blick fiel wieder zu der alten Dame. Sie musste hier länger warten, nur weil ich nicht fähig war eine Prüfung zu schreiben. Bestimmt hatte sie Rückenschmerzen und in ihrem Alter fiel ihr das Sitzen schwer. Man, hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich Onkel Felix von seiner wirklich wichtigen Arbeit abhielt, nur damit ich keinen Fehlversuch bekam. Das war doch.... Na nu....erstaunt schaute ich zur Tür, wieso kam da gerade Tom herein mit einem Klemmbrett in der Hand? Phil schien meinen überraschten Blick bemerkt zu haben und schaute auch zu Tom, der auf uns zu kam und sich auf den leeren Stuhl neben mir setzte. „Hello. Bist du nicht gut?" Er schaute mich besorgt an. Woher wusste er, dass ich in der Prüfung versagt hatte? Selbst er wusste also schon, dass ich im Studium nicht gut war. „Das heißt geht es dir nicht gut", polterte Phil los. „Und was meinst du wohl, warum wir hier beim Arzt sind? Wohl nicht um nach der Wuchsrichtung der Hängegeranien zu fragen." So wie mein Bruder reagierte, mochte er Tom wohl nicht sonderlich. Das war komisch, weil er eigentlich ein ziemlich umgänglicher Mensch war, genau wie Tom. „Und was machst du hier?", schoss Phil gleich noch hinterher. „Ähm...ich bin auch nicht....ähm mir ist auch nicht gut." Scheinbar ging es ihm wirklich richtig schlecht, sowie er schaute, auch wenn seine Gesichtsfarbe allgemein hin als sehr gesund bezeichnet würde, so wie seine Wangen sich rötlich gefärbt hatten. Vielleicht war es ihm aber auch wie den meisten Männern peinlich, eine Schwäche zuzugeben. „Maja bitte in Sprechzimmer eins", erscholl eine mir vertraute Stimme. Ich sprang auf und Phil folgte mir sofort. „Soll ich mitkommen?" War das echt Toms Ernst? Ich schüttelte nur meinen Kopf. „Nee, das geht dich nichts an", drückte Phil es etwas barscher aus. „Der Kerl ist mir suspekt und geht mir mächtig auf den Zünder", knurrte mein Bruder vor sich hin. Blöderweise musste ich ihm da so langsam recht geben. Noch vor zwei Wochen hätte ich Tom in Schutz genommen. Aber so langsam irritierte mich sein ständiges Auftauchen auch. Es war fast so, als könnte er mich über GPS orten und war immer zur Stelle, wenn ich Hilfe brauchte oder etwas nicht in Ordnung war. Ich musste an die Avengers denken. Ein Schmunzeln schlich sich in mein Gesicht. Vielleicht war er ja ein heimlicher Superheld. „Ich kann mich nicht erinnern Maja und Phil aufgerufen zu haben!" Onkel Felix begrüßte uns von seinem Schreibtisch aus. Er stand auf und kam zu uns. In seinem weißen Poloshirt und der weißen Jeans sah er wirklich wie ein Arzt aus. Phil schien sich von der Begrüßung nicht weiter beeindrucken zu lassen. „Maja braucht ein Attest für die Uni, weil sie die Prüfung nicht schreiben konnte." Felix musterte mich „Also zu viel Party und einen Kater wie bei dir, schließe ich bei ihr aus." Sein belustigter Blick ging zu Phil. „Sie ist vor dem Prüfungsraum fast abgeklappt. Ein Glück, dass ich da gerade vorbeigekommen bin", übernahm Phil die Erklärung. Okay, dann stand ich wenigstens nicht wie eine Attest-Schnorrerin vor meinem Onkel da, der mich wieder musterte. „War dir schwindelig oder was war?" Ich nickte. „Ich hatte das Gefühl nicht richtig Luft zu bekommen und meine Beine waren so...so..." „Wie Gummi?" Wieder nickte ich. „Das war eine echte Panikattacke, so wie du das beschreibst." Mist, wieso hatte er gleich mitbekommen, dass ich in Panik geraten war, weil ich zu wenig gelernt hatte? Was musste er denn von mir denken? Jetzt hielt er mich doch garantiert für zu faul zum Lernen und eine Schnorrerin. „So, du wartest jetzt mal draußen und ich untersuche Maja." Phil brummelte etwas vor sich hin, folgte aber der Anweisung meines Onkels und verschwand aus dem Sprechzimmer. Mit schlechtem Gefühl schaute ich zu Felix, der mir bestimmt gleich eine Standpauke hielt, weil ich ihn mit meiner Faulheit von seinem wichtigen Job, sich um wirklich Kranke zu kümmern, abhielt. „So, dann zieh mal dein Shirt aus, damit ich dich abhören kann." Erstaunt schaute ich ihn an. Wieso das denn? Ich brauchte doch nur ein Attest. „Schau nicht so. Na los hopp!" Schnell zog ich mir mein Shirt über den Kopf. Irgendwie war das noch peinlicher mich vor meinem Onkel auszuziehen als vor Max. Egal, da musste ich jetzt durch, sonst bekam ich kein Attest und dann hatte ich schon meinen ersten Fehlversuch. Mein Herz begann wieder zu rasen und diese leichte Übelkeit überfiel mich wieder schlagartig. Ich spürte das Stethoskop, das Felix an meinem Brustbein ansetzte. Verflucht, warum musste er es noch peinlicher machen und mich als Simulant enttarnen? „Du solltest unbedingt mehr essen. Auf deinen Rippen kann man ich ja bald den Flohwalzer spielen." Er schaute mich besorgt an. „Und mehr schlafen. Deine Augenringe machen ja jeden Brillenpanda neidisch." Ich schaute meinen Onkel irritiert an. Er brauchte doch jetzt hier nichts zu erfinden. Aber okay, wenn es ihm dann leichter fiel mir ein Attest auszustellen. „Jetzt machen wir gleich noch ein Ultraschall und nehmen noch Blut ab. Und dann kommst du am Montag wieder her und wir besprechen alles." Blut abnehmen?! Ich hasste diese fiesen kleinen Nadeln. „Das ist doch nicht nötig. Ich brauche doch nur das Attest", begehrte ich auf. „Was nötig ist, entscheide ich. Ich bin hier der Arzt." Man konnte der streng gucken. Ich nickte kleinlaut. Wenn er das ganze zu seiner Beruhigung brauchte, um mir guten Gewissens ein Attest zu geben. „Aber müssen wir unbedingt Blutabnehmen? Reicht nicht auch Urin?", versuchte ich noch einmal einen kleinen Vorstoss. „Gute Idee. Das hätte ich fast vergessen. Wir nehmen auch gleich noch eine Urinprobe." Er nickte grinsend, während ich erleichtert aufatmete. Keine Blutabnahme. „Und bei der Blutabnahme kann Phil dir auch die Hand halten. Ich weiß ja, wie gerne du Spritzen magst", zwinkerte er mir aufmunternd zu. Ich spürte wie mein Herz wieder zu rasen anfing und meine Lunge enger wurde. Nein, ich wollte keine Spritze in meinem Arm. „Ach ja, und am Montag bringst du vielleicht am besten deinen Freund zur Besprechung mit." Warum das denn?
DU LIEST GERADE
Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9 ✔️
Teen FictionMaja hat ihre große Liebe in Luca schon sehr früh getroffen. Jedenfalls glaubte sie das. Mittlerweile ist sie sich da nicht mehr ganz so sicher. In letzter Zeit kommt es immer öfter zum Streit und nicht selten ist das Studium der Auslöser. Hat sie w...