Kapitel 73

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„Wie siehst du denn aus?" Papa schaute mich schockiert an. „Deine Haare sind ab und ..." Er schüttelte den Kopf. „Boah, das sieht ja volle Möhre geil aus." Tessa musterte mich genau, ehe sie mich umarmte und an einer Strähne zog. „Die grünen Strähnchen sehen wirklich geil aus. Ob man die auch schwarz gelb machen kann? Du musst mir unbedingt sagen, wo du die hast schnippeln lassen. Mir geht dieser dämlich Zopf so langsam auf die Eierstöcke. Ich will auch wieder kurze Haare haben. Was meinst du, Erpel?" Sie wandte sich an Leo, der mich musterte und dann seinen Daumen nach oben zeigte. Irgendwie mochte ich meinen Schwager mittlerweile richtig gerne. Er hatte sich mächtig verändert. Aus dem früheren Großmaul war ein echt liebevoller Ehemann und Familienvater geworden. Alleine schon, wie er meine andere Hälfte gerade liebevoll anschaute. Ja, so etwas wollte ich auch wieder. Mein Blick ging zu Will. „Unglaublich, hast du mitbekommen, heute ist hier volle Party. Wir mussten damals ein Jahr länger warten bis wir einen eigenen DJ hatten. Unsere beiden Nachfolgerinnen haben Paps ordentlich beknetet. Er wird wohl langsam alt", kicherte Tessa. „Das habe ich gehört", war er sofort zu vernehmen. „Na dann ist ja gut. Dann brauchst du noch kein Hörgerät, alter Mann." Phil umarmte Tessa und mich. „Klappe, Großmaul." Papa baute sich wieder vor mir auf. „Musstest du dir wirklich deine schönen Haare abschneiden und so verunstalten lassen?" Er verzog sein Gesicht. „Was sollen denn die Leute denken? Dass du ein durchgeknallter Junkie bist?" Sein Blick ging zu Will. „Na wenigstens sieht er wieder wie ein Mensch aus." Das hatte er doch wohl nicht gerade wirklich gesagt. Ich spürte wie mir Tränen in die Augen stiegen. Ich schluckte schwer dagegen an. Nee, ich würde hier nicht zu heulen anfangen. „Sag mal geht es noch, Marco." Mama war zu uns getreten und zog ihn beiseite. „Das ist hier heute der Geburtstag unserer Kinder. Hier soll gute Stimmung sein. Und wenn dir dein Kragen zu eng ist, dann kannst du ja nach Hause fahren und dir einen weiteren anziehen, damit dein Hirn wieder durchblutet wird." „Aber Prinzessin. Als nächstes trägt sie noch einen Ring durch die Nase und lässt sich tätowieren. Der Kerl hat auch ein Tattoo. Früher bei Luca da ist sie auch noch ordentlich angezogen herumgelaufen, aber jetzt. Schau sie dir doch an. Sie trägt zerrissene Jeans und ein verwaschenes Shirt an ihrem Geburtstag. Der Kerl ist überhaupt kein guter Einfluss für Maja und außerdem ist er viel älter als sie." Ich spürte wie mir die Hitze in die Wangen schoss. Bei der in meiner Familie üblichen Lautstärke konnte Will natürlich das ganze Gespräch meiner Eltern mithören. Das war so peinlich. „Das Gleiche hat mein Vater übrigens auch von dir behauptet. Schau mal auf deine Arme oder ist das da nur Schmutz. Du bist auch tätowiert. Also, was soll das Theater, Schnutzelchen?" Papa schüttelte seinen Kopf. „Meine Tattoos haben aber alle eine Bedeutung." Mama winkte ab „Und wer sagt, dass die von dem Jungen keine haben?" „Zwei Bienen?" Papa schnaubte verächtlich. „So etwas tätowiert man sich ja wohl nur, wenn man besoffen oder zugekifft ist." Ging es noch peinlicher? Ich schaute zu Will, der nur seinen Kopf schüttelte und sich umdrehte. Er ging durch die Tür hinaus. „Los geh ihm hinterher", stieß mich Tessa an. „Du lässt dir das durch Paps seinen Schwachsinn nicht verderben. Endlich hast du mal einen vernünftigen Kerl und nicht einen Erbsenzähler." „Aber Will und ich..." „Ihr seid total süß zusammen." Sie schüttelte sich angewidert. „Habe ich gerade echt süß gesagt? Das müssen die Spätfolgen der Schwangerschaft sein. Los und jetzt geh hinterher. Ich knüpfe mir erst einmal Paps vor und mache ihm eine Ansage." Sie schob mich zur Tür hinaus, aus der Will vor kurzem verschwunden war. Ich schaute in die Dunkelheit und konnte ihn wirklich ein Stück weiter entdecken. Er hatte sein Handy in der Hand. „Und was soll ich jetzt machen, Chris?" hörte ich ihn leise sprechen. Ja, okay lauschen war nicht höflich....aber jemand bei einem wichtigen Telefonat zu unterbrechen auch nicht. „Ja, der Tag war heute super. Sie war auch mit bei Mom und hat Verständnis für sie." Er hörte scheinbar Chris zu. Und fing dann an zu lachen. „Jetzt fang du nicht auch noch mit dem Blödsinn an. Nein, das ist kein Omen. Du bist ja schon genauso verrückt wie Mom." Wieder schien er Chris zuzuhören. „Ihr Vater kann mich absolut nicht ausstehen. Für ihn bin ich ein kleiner Asi, der nicht gut genug für seine Prinzessin ist. Und da hat er ja auch recht mit. Was kann ich ihr schon bieten? Jedenfalls nicht das, was sie hier gewohnt ist. Du müsstest mal die Bonzenvilla sehen. Die haben sogar einen Pool im Keller. Nee, sie braucht schon einen Kerl, der aus einem ähnlichen Stall kommt. So wie ihr Ex." Die Worte taten mir in der Seele weh. Wie kam Will denn nur auf die blöde Idee, dass ich jemanden wie Luca brauchte. Wenn das funktioniert hätte, dann wäre ich ja jetzt nicht in Berlin und würde dort studieren. Nee, dann wären wir noch zusammen und hätten das zusammen durchgestanden.   Also Luca wollte ich garantiert nicht mehr, so wie er mich einfach hatte hängen lassen. Zwar war noch eine Aussprache zwischen uns beiden fällig. Aber garantiert nicht an meinem Geburtstag. Heute würde ich einfach zusehen, dass ich ihm möglichst wenig über den Weg lief. Das war sonst mit Sicherheit ziemlich unangenehm und das musste ja nicht sein. Vielleicht schaffte ich es ihn in den nächsten zwei Tagen zu treffen. Das reichte um die Sache zu klären. Will würde mich garantiert niemals so hängen lassen. Nee, auf ihn konnte man sich immer verlassen. Klar wirkte er immer wie der raue Kerl oder das Muffeltier. Aber ich kannte ihn schon gut genug, um zu wissen, dass er eigentlich einen ganz weichen Kern hatte. Welcher Mann würde sich sonst so um seine Mutter kümmern und sein eigenes Leben für sie hinten anstellen. Oh mein Gott, mir dämmerte gerade etwas. Das konnte doch nicht wahr sein. Wieso bemerkte ich das gerade erst jetzt? Scheiße, ich hatte mich in Will verliebt. Wie würde Tessa sagen? Volle Möhre. Ja, das traf es ziemlich genau. Aber das konnte ich doch nach Paps Auftritt knicken. „Meinst du?" Wills Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Wieso klang er so unsicher? „Für Maja bin ich nur ihr Tontechniker und ein Kumpel." Will klang resigniert. Ich realisierte den Satz. Das bedeutete ja......mein Herz fing an zu galoppieren.

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt