Kapitel 130

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„Boah, der ist ja total knuffig." Meine beiden kleinen Schwestern standen vor Will und himmelten unser Findelkind an. Papa gab nur ein leises Stöhnen von sich und schaute verzweifelt zu Mama. Er ahnte wohl schon schlimmes. „Papa, dürfen wir den Hund behalten?" Ihre Augen schauten genauso wie die von dem Welpen. „Das geht auf keinen Fall. Der kleine Kerl gehört garantiert wem. Den können wir nicht einfach mitnehmen." „Wenn der jemandem gehören würde, hätte er ja nicht alleine in einem Gebüsch gesessen." Okay, meine Schwestern versuchten zu argumentieren. „Wir wissen doch gar nicht, ob er krank ist. Wir müssen erst einmal mit ihm zum Tierarzt." Oha, Papa versuchte sich geschickt aus der Affäre zu ziehen. „Vielleicht sollten wir einfach mal nach einem googlen. Bestimmt behält er ihn dann auch da. Das ist ja nicht so einfach so ein Hundebaby zu versorgen." Stella schüttelte unwirsch ihren Kopf. „Mensch Papa, wir haben doch Phil. Der ist doch Tierarzt." „Phil!!!" Luna rannte brüllend los, während Stella auf ihrem Handy herumtippte. Keine drei Minuten später flog die Haustür auf und Phil stürzte herein. „Was ist passiert?" Er schaute sich hektisch um. „Hat Benny sich wieder was getan?" „Warum muss ich immer der sein, dem etwas passiert ist?", protestierte mein kleiner Bruder. „Weil du unser Familientollpatsch bist." Also manchmal konnte Stella in letzter Zeit eine ganz schöne Kratzbürste sein. „Bin ich gar nicht", schmollte Benny. Irgendwie tat er mir fast Leid. Denn ich würde ihn eher Unglücksrabe als Tollpatsch nennen. Irgendwie zog er halt die Verletzungen magisch an. Ja gut, er war auch der Aktivste von uns allen und da passierte halt auch mehr. Phils besorgter Blick wanderte zu mir und er scannte mich von oben bis unten ab. „Geht es dir wieder nicht gut?" Jetzt fühlte ich mich mindestens genauso beleidigt wie Benny. Was sollte das denn heißen? Das hörte sich ja so an, als wäre ich eine kränkliche, gebrechliche Person. „Zieh nicht so eine Flappe. Wenn Will mich antextet, ich soll meinen Schwanz wieder einpacken...." „Phil!!!" Papa schaute ihn verwarnend an, ehe seine Blicke zu Stella und Luna wanderten, die aber beide nur zu kichern anfingen und auf Phils offenen Reißverschluss und seine falsch herum angezogenes T-Shirt zeigten. Scheinbar ..... Nee, das war jetzt egal. Hier ging es um etwas viel wichtigeres. Ich ging zu Will und schnappte mir unseren kleinen Welpen. „Schau, wir haben den hier gefunden und der muss dringend versorgt und untersucht werden." Phils besorgter Blick verwandelte sich sofort in eine liebevollen „Komm mal her, du kleines Kerlchen." Ganz vorsichtig nahm er mir das kleine Fellknäuel ab. „Wo habt ihr den her?" Sein Blick wanderte wieder zu Will und mir. „Der saß in einem Gebüsch in der Nachbarbucht." „Nur er? Oder noch mehr von ihm?" „Nur er!" Ich schaute meinen Bruder empört an. „Meinst du, wir hätten die anderen da gelassen?" Er schüttelte den Kopf. „Nee, wohl eher nicht. Aber habt ihr die Gegend abgesucht, ob da nicht noch welche von den Welpen sind? Nicht das die Mutter sie dort versteckt hat." „Ich habe die ganze Gegend nach der Mutter abgesucht. Da war niemand mehr." Phil nickte Will zu. „Dann warst du wohl zu schwach für den Rest deines Rudels, Kleiner. Der Welpe ist ganz schön abgemagert und wahrscheinlich dehydriert." Phils Blick nahm wieder einen besorgten Eindruck an. „Du musst ihn gesund machen, damit wir ihn behalten können." Stella schaute ihn bettelnd an. „Wir wollen ihn mit nach Hause nach Dortmund nehmen. Stimmt's Papa!", versuchte Luna gleich für Tatsachen zu sorgen. Papa verzog nur das Gesicht und räusperte sich. Ihm war mehr als nur ein bisschen anzusehen, was er von der Idee meiner Schwestern hielt. „Will und ich haben ihn aber gefunden. Also kommt er mit zu uns nach Berlin. Nicht wahr, mein Muffeltier." Mein Papa schickte mir ein dankbares Lächeln, Will schaute mich verwundert, aber nicht weniger begeistert an, nur der Blick meiner Schwestern schwankte zwischen Wut und Enttäuschung. Phil ignorierte das alles und schaute sich den Kleinen gewissenhaft an. „Also ich würde mal schätzen, dass der Zwerg so um die zwölf Wochen ist. Das heißt er kann selbstständig fressen, wenn er denn etwas findet. Das scheint aber in der Bucht nicht der Fall gewesen zu sein. Das gleiche gilt natürlich auch für Wasser. Das ist schon einmal gut, dann müsst ihr ihn nicht mehr mit der Flasche füttern." Das hörte sich doch gar nicht so schlecht an. „Also ist er gesund?", fragte ich erleichtert. Phil nickte. „Auf den ersten Blick sieht es so aus. Aber trotzdem müssen wir morgen mit ihm zu einem ansässigen Tierarzt, damit er auch noch einmal sicherheitshalber das Blut checkt und ihn impft." „Wieso kannst du das nicht machen?"Meine Schwestern schauten ihn vorwurfsvoll an. Scheinbar war der Kleine ihnen ans Herz gewachsen. „Weil ich nicht alles dafür Nötige im Urlaub mit habe." Stella verzog empört ihr Gesicht. „So etwas lässt du zu Hause." Sie schüttelte ihren Kopf. „Aber Kondome nimmst du mit." Ich fragte mich zwar, woher sie das wusste, aber egal.... Ich konnte mir gerade noch ein Kichern verkneifen. Will hatte sich nicht ganz so im Griff, genau wie Mama, die auch losprustete. „Mann muss halt Prioritäten setzen." Phil zuckte lässig mit den Schultern. Das brachte ihm einen bösen Blick von Papa ein, der vorher meine Schwester mit aufgerissenen Augen angestarrt hatte. Ich fürchtete mal, dass Stella sich und ihre beiden Geschwister mit ihren Aussagen heute für Papas allseits gefürchteten Aufklärungsgespräche qualifiziert hatte. „Was ist das überhaupt für eine Rasse?" Will wollte es wohl genau wissen. Phil schaute sich den Kleinen noch einmal genau an. „Also ich würde ja einfach sagen Sieben-Sorten-Hund, aber auf alle Fälle war da ein Labrador beteiligt. Von dem hat er die Schlappohren und die großen Pfoten. Also ihr könnt euch schon einmal darauf einstellen, dass er ein ziemlich großer wird. Und dann würde ich noch auf einen Sheppard tippen. Könnte aber auch ein Collie sein. Das ist in dem Alter schwer zu sagen." „Boah, was war denn den seine Mutter für eine Schlampe?" Benny schaute mitleidig zu dem Welpen. Und Papas Blick sagte mir, dass diese Aussage den Dreien mit Sicherheit ein Aufklärungsgespräch eingebracht hatte. „Hier eine Schale mit Wasser und etwas Thunfisch. Den frisst er doch bestimmt?" Mama war unauffällig in der Küche verschwunden und kam mit zwei gefüllten Schälchen zurück. Der Kleine begann schmatzend zu schlingen. Ja, er hatte wohl ziemlich lange gehungert.„Das ist ein gutes Zeichen, dass er gleich so reinhaut. Habt ihr denn schon einen Namen für euren Welpen?" wandte sich Phil wieder an Will und mich. „Der Opa muss doch wissen, wie sein neuster Enkel heißt", grinste er frech in Papas Richtung, der mit einem grummeligen Blick antwortete. Er war zwar nicht gerade ein Tierhasser, aber mir war schon klar, dass er lieber einen menschlichen Enkel von Will und mir hätte. „Strolch", schoss es Will und mir gleichzeitig aus dem Mund. Ja, Susi und Strolch war unser Lieblingszeichentrickfilm. „Oh oh, da muss ich euch leider enttäuschen, denn der Kleine ist mehr eine Susi", grinste Phil. „Dann Susi",kam es wieder gleichzeitig von Will und mir. Wir mussten lachen und beobachteten stolz unser kleines Mädchen, das sich jetzt dem Wasser gewidmet hatte und es aufschlappte. Die Kleine war mir schon jetzt ans Herz gewachsen.

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt