Kapitel 39

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Ich hatte zwar von Mama viel beim Kochen gelernt, trotzdem hatte ich mich dafür entschieden lieber etwas Einfaches, das garantiert gelingt, auf den Tisch zu bringen. Eine Gemüselasagne war da einfach perfekt. Man konnte gemeinsam das Gemüse schnippeln, sie war lecker und jeder mochte sie.
„Hier, du kannst die Auberginen schnippeln." Ja, Mehrzahl, denn wenn wir heute eine riesige Portion machten, dann brauchte ich den Rest morgen, wenn die Familie kam, nur noch wieder zum Aufwärmen in den Ofen schieben. Ja, das alleine für den Haushalt verantwortlich sein, hatte mich schnell gelehrt praktisch zu denken. Da gab es nämlich keine Mama mehr, die alles plante und vorbereitete. Ich griff mir einige Paprikas und begann auch zu schnippeln. „Bist du denn am Samstag auch wieder im Club?" Mika war seit wir uns dort das erste Mal über den Weg gelaufen waren, jedes Wochenende dort aufgetaucht und hatte mir jedes Mal angeboten mich nach Hause zu bringen. Das fand ich echt nett, auch wenn es überhaupt nicht nötig war, weil Phil es als sein Job ansah, meinen Chauffeur zu spielen. „Nein, dieses Wochenende habe ich mir frei genommen, weil morgen Abend meine Familie kommt und da bin ich dann zu eingespannt, um abends noch arbeiten zu gehen." Marcel hatte dafür sofort Verständnis gezeigt. „Autsch!" Mika schrie kurz auf und hielt seinen Finger in die Höhe. Ich lief zu ihm und schaute. Oh, Tatsache, da liefen ein paar kleine Blutströpfchen aus einem minimalen Schnitt. Ich schnappte mir etwas Küchencrep und tupfte das Blut ab. „Drück das da rauf. Ich hole schnell ein Pflaster." Wie gut, dass ich gerade heute welche gekauft hatte, denn wenn Benni im Haus war, konnte man die immer gebrauchen. „Mit Fußbällen?" Mika schaute mich ungläubig an, als ich ein Pflaster auf seiner Wunde platzierte. Ich zuckte entschuldigend mit den Schultern „Ja, die sind für meinen kleinen Bruder. Der stellt sich auch immer ungeschickt an." Ups, das hörte sich irgendwie blöd an. „Und der bekommt dann immer so ein Pflaster?" Okay, er hatte es scheinbar überhört. Ein Glück! „Ja, und einen Kuss zum Trost. Dann ist sofort alles wieder vergessen." Mikas Gesicht verzog sich wehleidig. „Ich glaube, ich brauche auch ganz dringend noch einen Trost." Ich fing an zu lachen. Das war typisch Mika, immer zu einem Scherz aufgelegt. Er beugte sich zu mir und sein Kopf kam meinem immer näher. Ups, das sollte gar kein Scherz sein. Was sollte ich denn jetzt machen? Viel Auswahl blieb mir nicht, denn seine Lippen berührten schon ganz sanft meine. Das.......das nahm eine völlig unerwartete Wendung. Nein, eine völlig falsche Wendung. Ich konnte hier doch nicht in der Küche meines Bruders mit dem Kumpel meines Ex-Freundes, der hoffentlich bald wieder das Ex verlor, herumknutschen. Noch dazu war Mika doch nur ein guter Freund. Aber irgendwie fühlte es sich auch verflixt gut an, wie er gerade seine Arme um meine Hüften schlang und wie seine Zunge mit meiner spielte. Vielleicht.... Meine Gedanken wurden jäh durch die Türklingel unterbrochen und ich löste mich schnell von Mika. Wer konnte das denn sein? Ich erwartete doch niemand und Phil, der seine Schlüssel vergessen hatte, konnte auch nicht schon wieder zurück sein. „Wenn es die Zeugen Jehovas sind, knall die Tür gleich wieder zu. Ich bin noch lange nicht mit dir fertig, jetzt wo wir zusammen sind", zwinkerte Mika mir zu und drückte noch einen Kuss auf meine Hand, die er gegriffen hatte, um mich noch einmal zu sich zu ziehen und mir noch einen kurzen Kuss auf die Lippen zu drücken. Das war irgendwie total komisch. Klar hatte der Kuss sich gut angefühlt, aber irgendwie hatte dieses Kribbeln wie bei Luca gefehlt. Vielleicht sollte ich gleich noch einmal schauen, wenn ich von der Tür zurück war, ob es nicht doch kribbelte. Das war ja nur ein Test, ob das mit Luca etwas wirklich besonderes war oder ob nicht. Wenn ich nämlich bei Mika genauso empfand, dann war es vielleicht wirklich an der Zeit mich von Luca zu lösen. Obwohl, das konnte ich mir nicht vorstellen. Wir beide gehörten einfach zusammen. Garantiert konnte ich keinen anderen Mann so oder noch mehr lieben als ihn. Nein, das war unmöglich. Trotzdem konnte es ja nicht schaden es auszutesten. Aber was wurde dann aus meiner Freundschaft zu Mika? Der hatte dafür dann bestimmt kein Verständnis und war enttäuscht. Andererseits hatte er ja damit angefangen. Und was hieß, jetzt wo wir zusammen sind? Maß er dem Ganzen wirklich schon so viel Bedeutung zu?Das waren gerade viel zu viele Fragen auf einmal. Warum war Tessa nicht heute schon hier? Sie würde mir garantiert helfen das Durcheinander in meinem Kopf zu ordnen. In meine Gedanken versunken öffnete ich die Tür und starrte in die Augen meiner anderen Hälfte. Das Glucksen meiner beiden Nichten auf ihrem Arm klang mir entgegen. „Kannst du mal eine abnehmen! Die werden langsam echt schwer." Ich schnappte mir Alli und drückte sie an mich. Ihre kleinen Ärmchen schlangen sich um meinen Hals. „Was macht ihr denn schon hier?" Man, ich freute mich so meine Schwester und die beiden Kleinen zu sehen. Sie war genau im richtigen Moment aufgetaucht, ehe ich doch noch einen Blödsinn anstellte. Im Treppenhaus war weiteres Fußgetrappel zuhören und im nächsten Moment tauchte Mama zusammen mit Mariska und den Drillingen auf. Die vier Kleinen umarmten mich sofort. „Wir haben dich so vermisst." Stella schaute mich mit ihren großen Kulleraugen traurig an. „Ja, du kannst doch nicht einfach so abhauen. Wer verpflastert mich denn jetzt", schimpfte Benni mit mir. Ich musste grinsen und an die Fußballpflaster auf dem Küchentisch denken. „Tessa hat morgen schon spontan frei bekommen und da dachten wir, wir überraschen dich schon heute." Mama schloss mich ganz fest in ihre Arme. „Brauchst du Unterstützung?" Mika tauchte im Flur auf. Wahrscheinlich dachte er ich hatte es mit besonders aufdringlichen Treppenterriern zutun, die sich nicht abschütteln ließen. „Wir stören doch nicht?" Mama schaute mich irritiert an. Ich schüttelte schnell den Kopf. „Meine Familie stört nie." Ja, das stimmte zu tausend Prozent, denn mir wurde gerade richtig klar, wie sehr ich sie vermisst hatte. „Was macht der denn hier?" Tessa schaute Mika grummelig an. „Wir wollten gerade kochen.", klärte ich sie auf. „Was?" War klar, dass sich da ihre Miene sofort aufhellte und ihre Neugier geweckt war. „Gemüselasagne." „Lasagne", ging ein mehrstimmiger Aufschrei durch den Flur. „Na dann lasst uns mal flott loslegen. Ich habe nämlich tierischen Kohldampf." Mama drückte sich an mir vorbei, genau wie Stella und Luna. Nur Benni blieb vor mir stehen und schaute mich mit jämmerlicher Miene an. „Ich bin schon total verhungert. Ich kann bestimmt gar nicht helfen." So ein Schlawiner. Als ich die Tür schloss, wurde Alli auf meinem Arm ganz unruhig. „Was denn, hast du auch so einen großen Hunger?" Sie quietschte nur und tatschte die Tür an. Mm, was sollte das bedeuten? „Gib mir mal die Kleine, die braucht dringend neue Windeln" Mama schnappte sich meine Nichte aus meinem Arm als wieder die Türklingel erscholl. Wer war das denn nun schon wieder?

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt