Kapitel 125

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„Maja, Will! Wo kommt ihr denn her? Und Phil!" Mama schaute uns mit großen Kulleraugen überrascht an und sprang von ihrer Sonnenliege auf. „Marco wusstest du, dass die Kinder kommen?" Papa grinste sie stolz an. So, wie er es immer tat, wenn ihm eine Überraschung geglückt war. Sie zog uns alle drei nacheinander in die Arme. „Ich freue mich so, dass ihr da seid", nuschelte sie in meine Haare, ehe sie mich auf Armlänge von sich hielt. „Maus, du hast aber ganz schön abgenommen." Ihr besorgter Blick tat mir richtig weh. Ich wollte doch nicht, dass sich meine Eltern um mich sorgten. War das immer noch so auffällig? Dabei hatte ich die ganze letzte Woche ständig gefuttert. „Wird Zeit, dass du mal wieder richtig was zu essen bekommst." Mein Blick ging zu Will, der ihre letzten Sätze wohl mitbekommen hatte. Er schaute schuldig zu Boden. Verflucht! So sollte das auf keinen Fall sein. Er sollte sich doch keine Vorwürfe machen. Das war doch alles ganz alleine meine Schuld. Er hatte doch schon mit Tanja genug mitgemacht. Nee, das musste sich alles sofort ändern. Ich musste mich ändern. Ich musste stressresistenter werden. „Dat gibt es doch nicht." Ehe ich mich versah, wurde ich in die nächste Umarmung gerissen. Und dann spürte ich den Sand unter mir. Tessa hatte mich in ihrem Überschwang glatt von den Füßen gerissen. „Das nennt man Stürmerfoul", kicherte Papa. Ja, er war rundum mit sich zufrieden. „Maajaaa" Auch Mariska ließ sich freudestrahlend auf uns plumpsen und mir blieb fast die Luft weg. „Wiiillll", hörte ich es zweistimmig und aus dem Augenwinkel sah ich, wie Stella und Luna sich auf meinen Freund stürzten. Ja, seit dem Tag im Tonstudio war er ihr absoluter Held. Es war ein echt schönes Gefühl, dass uns alle so vermisst hatten. Und wenn ich in mich ganz tief hineinhorchte......Quatsch, ich brauchte gar nicht tief in mich hineinhorchen......das war mir auch schon ganz oberflächlich klar....ich hatte meine Familie auch tierisch vermisst. Besonders auch meine kleineren Geschwister. „Wo sind denn meine Nichten?" Ich schaute mich suchend um, nachdem ich aufgestanden war und mir den Sand von den Klamotten geklopft hatte. Tessa deutete mit ihrem Kopf Richtung Meer. Ja, da war Leo mit seinen beiden Töchtern, die in zwei Badeinseln saßen und wild ihren Papa bespritzten. Bei dem Anblick ging mir das Herz auf. Ja, so war Zuhause und Familie. Ein Arm legte sich um meine Taille. „Na, glücklich?" Will hatte mich an sich gezogen und schaute auch zum Meer. „Hallo, ihr zwei!" Wo kam Lucy denn auf einmal her? Ich löste mich von Will und umarmte sie. „Wie geht es dir? Wo ist Paolo?" Sie fing an zu lachen. „Du bist eine der wenigen, die mich wenigstens noch fragen, wie es mir geht, ehe sie sich nach Paolo erkundigen. Der Zwerg ist momentan der absolute Star." Sie drehte sich um und deutete zu zwei zusammengeschobenen Liegen. Dort lagen Andi und Carmen und zwischen ihnen schlummerte ein kleines süßes Baby. Das war ein Bild zum Niederknien. Das sah so zuckersüß aus. Andi, der gerade in unsere Richtung schaute, zwinkerte Lucy liebevoll zu und Carmen hatte nur Augen für ihren kleinen Bruder. Sie lag ganz still neben ihm und hatte ihren Arm beschützend um ihn gelegt. Wo war das kleine Powerpaket hin, das nie still sitzen konnte? Die vier waren echt eine absolute Bilderbuchfamilie. Genau wie Tessa und Leo, der gerade mit meinen beiden Nichten aus dem Wasser gekommen war und die beiden kichernden Monster abrubbelt. In meinem Kopf setzte sich spontan ein Kopfkino in Gang. Ich sah Will, wie er auch mit so einen kleinen Knopf auf einer der Liegen lag und in die Sonne blinzelte. Und ich sah mich daneben stehen und die beiden anhimmeln. Ja, irgendwann wollte ich auch meine eigene kleine Familie. Das war klar. Aber auf keinen Fall jetzt. Nee, jetzt hatte ich genug andere Sachen um die Ohren, die ich erst einmal bewältigen musste. An erster Stelle mein Studium. Sofort hatte ich wieder diesen Backstein im Magen. Ich sollte jetzt hier keinen Urlaub machen, sondern lieber auf meinen vier Buchstaben sitzen und für die nächste Prüfung pauken. Blöderweise hatte Will aber zusammen mit mir die Koffer gepackt und sofort wieder die Fachbücher und meine Unterlagen von Sina aus genau diesem zurück ins Regal befördert. Das hieß, dass ich nur ein paar einzelne PDFs auf meinem Tablett hatte und das machte dann auch keinen Sinn. Okay, ich hatte ja verstanden, dass ich mich hier erholen sollte, aber.....ich hatte da einfach keine Zeit zu. Wie sollte ich denn dann alles schaffen? „Luca hat den kleinen Paolo kaum aus seinen Klauen gegeben. Kannst du dir das vorstellen?" Lucy schaute mich grinsend an, ehe sie das Gesicht verzog und ein leises Sorry von sich gab. Ich winkte nur ab. Die Erwähnung von Luca machte mir nichts mehr aus. Ich hatte ja mein Muffeltier. „Er war am Wochenende kurz mit seiner Freundin von Barcelona hier rüber gekommen. Ihr habt sie knapp verpasst. Ich glaube so langsam wäre eine Aussprache von euch beiden echt möglich. Schließlich seid ihr ja beide wieder glücklich mit jemand anderem." Mein Blick ging sofort zu Will. Und wie glücklich ich mit ihm war. Ich horchte einmal kurz in mich hinein. Nee, es gab mir auch nicht den kleinsten Stich, wenn ich daran dachte, dass Luca auch jemand neuen an seiner Seite hatte. Nee, das war doch gut so. Wenn er nur halb so glücklich mit seiner neuen Freundin war, wie ich mit Will, dann war er garantiert doppelt so glücklich wie mit mir. Und irgendwie wünschte ich ihm das sogar. Egal, was passiert war. „Können wir jetzt endlich Beachball spielen?" Leon war wie aus dem Nichts aufgetaucht und hielt den Ball schon in der Hand. „Will, du bist in meiner Mannschaft", bestimmte Papa sofort und mein Freund schaute mich entschuldigend an, während er nickte. Jetzt wusste ich auch, warum Papa uns schnell zum Umziehen vergattert hatte, ehe wir zum Strand gegangen waren, um Mama zu überraschen. Leon schaute zu seinem Schwiegersohn, der nur den Kopf schüttelte. „Phil?" Man hörte leichte Verzweiflung in seiner Stimme. Mein Bruder schüttelte grinsend den Kopf. „Ich spiele nur mit anderen Bällen." Die Bewegung seiner beiden leicht drehenden Hände auf einer gewissen Höhe verdeutlichten ziemlich genau, welche Bälle er damit meinte. Wieso musste er nur immer den weiberaufreißenden Macho heraushängen lassen? Das war er doch gar nicht!  „Leo kann ja mitspielen. Ich kümmere mich gerne mal um meine beiden Enkelinnen", schlug Mama vor. „Und ihr drei macht mal eine richtige Weibertratschrunde", wandte sie sich in Lucys, Tessas und meine Richtung. „Dat nenne ich mal 'nen vernünftigen Vorschlag." Tessa marschierte zu einer Strandliege und schnappte sich etwas aus der Strandtasche, ehe sie zu mir und Lucy zurückkam und sich bei uns unterhakte. „Los, kommt! Wir laufen zu dem geilen neuen Eisladen. Ich lade euch arme Studentinnen auch ein. Schließlich bin ich ja mit meiner Ausbildung durch und in einem Monat Profifussballerin." „Hast du schon deine Prüfungsergebnisse?" Ich schaute sie überrascht an. Wieso hatte sie mir davon noch nichts erzählt? Mit einem breiten im Gesicht nickte sie. „Ja, seit gestern Abend sind sie Online. Ich habe sogar mit Auszeichnung bestanden." Das war ja.....  „Unglaublich! Ich freue mich so für dich." Sofort umarmte ich meine andere Hälfte. „Was ist daran unglaublich? Wir reden hier von mir!" Sie schaute mich gespielt empört an, musste aber auch lachen. „Okay, bei meinem Start und dann mit der Unterbrechung durch die Windelpupse..." Diesmal lachte sie aus vollem Herzen „....ist das Ganze vielleicht wirklich unglaublich. So jetzt lasst uns aber endlich Eis essen gehen." Tessa zog uns ungeduldig mit sich auf die Promenade und ehe wir uns versahen, saßen wir auf ein paar bequemen Stühlen und warteten auf unser Eis, während wir abwechselnd schnatterten. Ja, wir hatten uns eine Menge zu erzählen. Man, wie ich das genoß. Das war fast sowie früher. Nur das sich unsere Themen etwas verändert hatten. Zufrieden ließ ich meinen Blick über die Promenade zum Strand schweifen. Stop! Mein Blick wanderte zurück zur Promenade. Das war doch eben.....Ja klar, das war Tom, der dort mit einem Trolley durch die Gegend lief. Aber..... Er schaute in meine Richtung und verschwand plötzlich in einem Eingang. Das war......das war total komisch. Fast als versteckte er sich vor mir. Ein ziemlich blödes Gefühl machte sich in mir breit. Obwohl blöd war der falsche Ausdruck. Unangenehm traf es wohl eher.

Schuss und Treffer im Auswärtsspiel - Teil 9  ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt