Kapitel 13: Entschlossenheit - Teil 2

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»Zen Ramka«, begrüßte Jhe Newin sie in seinem Zimmer. »Gibt es Neuigkeiten vom Echsen-Tempel?«

»Mein Vater hat Nachforschungen über eine mögliche Verbindung zwischen den Räubern und den Drachenklauen angestellt«, sagte Zen Ramka. »Aber er hat nichts gefunden. Es ist so, wie Val Zirro gesagt hat: Wahrscheinlich haben die Drachenklauen sich schon vor einer langen Zeit aufgelöst und die Räuber sind nur Räuber.« Zum Ende hin wurde sie immer leiser, weil Jhe Newins Gesicht immer finsterer wurde, aber schnell hatte sie sich wieder im Griff. »Darf ich fragen, wer die Drachenklauen überhaupt sind?«

Der Mann warf ihr einen scharfen Blick zu, bei dem sie sich versteifte.

»Ich denke, ich gehe besser«, sagte sie und verließ eilig das Zimmer. Das neue Jahr der Ausbildung war angebrochen. Im Gegensatz zu den Dienern der anderen Meister hatte Zen Ramka jedoch nicht viel zu tun. Es war sehr unwahrscheinlich, dass Jhe Newin auch nur irgendeinen neuen Schüler annehmen würde, obwohl dieses Mal vielleicht sogar welche fragen würden. Bei der Kampfprüfung waren viele Mädchen und Jungen da gewesen, die in ihrem ersten Jahr waren und jüngere Geschwister hatten. Sicher hatten sie weitererzählt, wie Jhe Newin Rin Verran und Rin Raelin zu guten Kämpfern ausgebildet hatte – und dass die beiden Jungen überlebt hatten.

Zen Ramka blieb vor der Gämsen-Pagode kurz stehen und warf einen Blick zum offen stehenden Tor. Es war noch früh morgens, aber bald würden die neuen Schüler eintreffen. Bestimmt waren Val Zirro, Val Erjan und Zha Denja bereits im dritten Stock und warteten darauf, dass die ersten kommen würden. Auch Jhe Newin würde sich bald zu ihnen gesellen. Zen Ramka überlegte nicht lange, betrat die Gämsen-Pagode wieder und zog sich in ihr eigenes Zimmer zurück. Sie würde wirklich nicht mehr viel zu tun haben. Rin Verran und Rin Raelin waren nun in ihrem dritten Jahr und würden bestimmt durch die Territorien ziehen, um ihre Bestimmung zu finden.

***

»Komm, die ersten Schüler kommen gerade an«, rief Rin Verran seinem Bruder vom Flur aus zu. Sie beide hatten ihre Sachen bereits gepackt und die Taschen vor ihr Zimmer gestellt, aber sie hatten abgesprochen, erst aufzubrechen, nachdem die neuen Schüler ihre Meister gewählt hatten.

Jadna hat gesagt, das letzte Jahr ist das spannendste, dachte Rin Verran, während er auf Rin Raelin wartete. Er hatte zwar noch keine Ahnung, was ihn dort draußen in den Territorien erwarten würde und was er überhaupt machen würde, doch sein ganzer Körper kribbelte trotzdem vor Aufregung. Nach zwei Jahren der Tortur konnte er die Gämsen-Pagode endlich wieder verlassen! Vielleicht treffe ich Arcalla wieder, dachte er, verdrängte den Gedanken aber schnell. Er würde sich nur vergebliche Hoffnungen machen.

Rin Raelin klopfte ihm von hinten auf die Schulter und zusammen traten sie aus dem Falkennest hinaus, gingen hinüber zu den anderen Schülern, die die Neuankömmlinge neugierig beobachteten. Letztes Jahr war Rin Verran nicht dabei gewesen, weil er mit schmerzenden Striemen auf dem Rücken im Krankenhaus gelegen hatte. Dafür hatten Rin Raelin und Bao Jenko die Zeremonie miterlebt. Angeblich war sie ziemlich spannend und einige ältere Schüler schlossen sogar Wetten ab, wer von den Neuankömmlingen besonders erfolgreich sein würde.

»Die Ghan-Gilde ist wieder die erste«, sagte Bao Jenko, als sie bei ihm ankamen. Der untersetzte Junge deutete zu der Gruppe aus sechs Personen, die dunkelgraue Kleidung trugen, auf die schwarze Krähenfedern gestickt waren.

»Warum hat der eine einen Stuhl dabei?«, fragte Rin Raelin verwirrt. Es hatte einige Tage gedauert, bis er sich von seinem angeblichen Versagen während der Kampfprüfung erholt hatte, doch jetzt war er wieder ganz der Alte.

»Das sieht mir nicht aus wie ein Stuhl«, meinte Rin Verran. »Jedenfalls kenne ich keinen Stuhl mit Rädern.«

»Stimmt ja«, murmelte Bao Jenko auf einmal.

Grüner Habicht und Roter DracheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt