Scheiße, war Rin Verrans erster Gedanke als er mit unerträglichen Kopfschmerzen aufwachte. Wasser, der zweite. Stöhnend und keuchend rollte er sich zur Seite, zischte gleichzeitig, als helles Sonnenlicht seine Augen durchstach, und fiel mit einem lauten Krachen vom Bett. Jetzt schmerzte nicht nur sein Kopf, sondern auch sein gesamter Körper. Das also meinen alle immer damit, dass man nicht so viel trinken sollte, weil der nächste Morgen dann schrecklich wird. Blind tastete er nach einem Glas Wasser, das hoffentlich auf dem Nachttisch stand, aber selbst der Nachttisch war nicht da. Wo war er? Und da fiel ihm alles wieder ein.
Er riss die Augen auf und war mit einem Mal völlig nüchtern. Ein Strom aus Energie schoss durch seine Adern, während er es irgendwie schaffte, auf die Füße zu springen. Sein dritter Gedanke war wieder Scheiße, als er das zerwühlte Bett sah, auf dem er zuvor noch gelegen hatte. Und zwischen den weißen Laken ein roter Fleck. Mit Entsetzen blickte er an sich herab und schnappte sich das erstbeste Laken, das ihm in die Hände fiel, um es um sich zu wickeln und damit seine Blöße zu verdecken. Verdammt, wo ist meine Kleidung? Was ist gestern passiert?
Er presste sich Daumen und Zeigefinger an die Nasenwurzel und runzelte die Stirn, konnte sich aber wegen der Kopfschmerzen trotzdem an nichts erinnern. Was war geschehen, nachdem er sich betrunken hatte? Er wusste nur noch, dass Dul Arcalla eine Weile an seinem Tisch gesessen hatte und er sich sehr stark hatte zusammenreißen müssen, um sich ihr nicht zu nähern. Irgendwann war sie dann gegangen. Der Rest war nur noch verschwommen. Und es gab nur eine Person, die ihm erzählen konnte, was gestern alles vorgefallen war.
Wo ist Rin Veyvey?
Im selben Moment öffnete die Tür zum Schlafzimmer sich und jemand trat ein. Rin Verran wirbelte herum und wäre dabei beinahe über das Laken gestolpert, das er sich um die Hüfte gebunden hatte. Er wünschte sich, er würde hier und jetzt im Boden versinken. Oder am besten gleich tot sein. Wenn er wirklich mit Rin Veyvey... Er würde sich das nie verzeihen. Was war mit Dul Arcalla? Er konnte doch nicht einfach... Er würde doch nie...
»Schlecht geschlafen?« Erst jetzt stellte Rin Verran fest, dass es Rin Veyvey war, die eingetreten war. Er hatte sie zuerst nicht erkannt. Ohne das Hochzeitsgewand oder ein anderes prächtiges Kleid, das sie normalerweise trug, sah sie aus wie eine völlig normale junge Frau. Nur waren ihre blonden Haare vollkommen zerzaust und durcheinander und wurden nur von einer goldenen Spange zusammengehalten, die aber auch schon zur Hälfte herab hing. In ihren Händen hielt sie einen Haufen Stoff, den sie ihm jetzt hin warf. »Deine Kleidung. Zieh dich an.«
Rin Verran schaute sie mit einem mulmigen Gefühl im Bauch an.
»Zier dich nicht so«, sagte Rin Veyvey. »Es ist ja nicht so, als hätte ich dich nicht schonmal nackt gesehen.«
Rin Verran schluckte. »Gestern...« Seine Stimme war krächzend, seine Kehle trocken. Der Durst war fast übermächtig, aber er musste es wissen. »Da... haben wir...?«
»Für wie bescheuert hälst du mich?«, brauste Rin Veyvey auf.
»Aber...«
»Aber was?«
Rin Verran wusste nicht, worauf er zuerst zeigen sollte, aber das war auch nicht nötig. Seine, nun ja, seine Ehefrau redete einfach weiter.
»Du warst gestern so besoffen, dass ich eher dich ins Schlafzimmer tragen musste als umgekehrt«, sagte sie. »Du hast gejammert wie ein Kleinkind. Schrecklich. Und dann hast du dein Hochzeitsgewand vollgekotzt. Ich musste es ausziehen und wollte dir eigentlich noch deine Schlafkleidung geben, aber du hast dich entschieden gewehrt. Meintest die ganze Zeit, dir wäre viel zu warm. Also habe ich dich so gelassen, wie du jetzt bist.«
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Grüner Habicht und Roter Drache
AdventureBis zu seinem fünfzehnten Lebensjahr wächst Rin Verran mehr oder weniger behütet in seinem Zuhause, dem Phönix-Hof, auf. Obwohl er nur der uneheliche Sohn des Gilden-Anführers ist, träumt er davon, ein berühmter Erzwächter und Krieger zu werden. In...