Kapitel 111: Wut - Teil 5

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Einige Krieger der Sonne kämpften sogar noch weiter, als die Erzwächter der Ghan-Gilde abgezogen waren. Sie hatten die Augen fest zusammengekniffen, schlugen blind um sich und schrieen dabei ununterbrochen. Es brauchte mindestens zwei Personen, um sie zu beruhigen und ihnen zu versichern, dass die Gefahr vorüber war. Vorläufig jedenfalls. Viele bluteten aus Wunden, die ihnen zugefügt worden waren. Unter ihnen gab es auch welche, die so schwer verletzt waren, dass sie nicht mehr gehen konnten und auf der Stelle zusammenbrachen, woraufhin jemand verzweifelt nach einem Heiler rief.

Rin Verran war nicht in der Verfassung, sich um die Verletzten und Toten zu kümmern. Immer noch schoss diese unbändige Wut und Enttäuschung durch seine Adern und ließ nicht zu, dass er Habichtfeder zurück in die Scheide steckte. Beinahe hätte er nach Meister Jhe geschlagen, als dieser ihm die Hand auf die Schulter legte.

»Es ist vorbei.« Die Stimme des älteren Mannes klang fest und er sah ihn mit seinen grauen Augen so lange an, bis Rin Verran sein Schwert doch noch sinken ließ.

»Raelin ist...« Er fand keine Worte, um auszudrücken, was in ihm vorging. Ich habe gedacht, er wäre immer noch im Kerker oder schon... tot. Wie sehr muss man ihn gebrochen haben, dass er jetzt auf Ghan Shedors Seite steht. Und er denkt, die Krieger der Sonne hätten Jadna getötet. Denkt er auch, ich wäre daran beteiligt gewesen? Als würde ich ihr jemals schaden wollen!

»Dein Bruder hat sich verändert«, ertönte die Stimme von Meister Jhe irgendwo vor ihm. »Die Gefangenschaft hat seinen Verstand beschädigt oder sogar zerstört. Er glaubt die Lügen, die man ihm erzählt hat.«

»Er wollte mich umbringen!«, presste Rin Verran hervor und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Da war so viel Hass in seinem Blick!«

»Dieser Hass richtet sich nicht gegen dich.« Meister Jhe zog die Brauen zusammen, sodass seine Augen wieder in düsteren Schatten lagen. »Er richtet sich gegen sich selbst. Ich kenne diese Art von Hass nur zu gut. Er zerstört einen von innen und wenn man merkt, dass man es nicht mehr aushält, lässt man ihn an anderen aus.« Er trat einen Schritt zurück und wandte sich zum Gehen. »Hilf den anderen dabei, die Toten zu bergen.«

Rin Verran sah ihm hinterher, bis er zwischen den wenigen Zelten verschwand, die nach dem Kampf noch standen. Sein Blick wanderte hinüber zu den Erzwächtern, die durch den Atem des Drachen verbrannt waren. Schwarze Klumpen. Der Gestank hing immer noch in der Luft, vermischt mit dem trockenen Staub, der sich jetzt aber allmählich legte. Mittlerweile erklangen aus allen Richtungen Klageschreie und leises Schluchzen. Dort, wo die Mauer und das Tor zusammengebrochen waren, hatten sich die meisten Menschen versammelt. Während die einen die leichteren Steine wegräumten und die größeren Felsbrocken mit Stangen als Hebel von der Stelle bewegten, suchten die anderen in den Trümmern nach Überlebenden. Doch die meisten Körper, die geborgen wurden, waren leblos. Die Knochen gebrochen und die Leiber zerquetscht. Aus irgendeinem Grund war auch Verr Begoja unter ihnen. Warum und besonders wie sie mit ihren abgenommenen Beinen dorthin gelangt war, konnte Rin Verran nicht sagen. Er wusste nur, dass sie so ein Ende nicht verdient hatte. Egal, wie abartig sie zu ihm und Ghan Reva gewesen war.

Sein Herz wog schwer, als er sich zu den Helfern an der Mauer gesellte. Auf dem Weg wurde er jedoch plötzlich von etwas am Knöchel gepackt. Rin Verran schaute runter und sah sich einem Erzwächter der Ghan-Gilde gegenüber, der ihn mit einer Hand festhielt. Sein Mund öffnete und schloss sich, während ununterbrochen Blut herausquoll. Im nächsten Moment kippte sein Kopf zur Seite und er war tot.

»Nein!«

Der Schrei kam von links, wo ein Krieger der Sonne mit erhobenem Schwert vor Feng Rahni stand, die allerdings schützend ihre Arme ausgebreitet hatte. Hinter ihr schien jemand am Boden zu hocken und sich an ihre Schürze zu klammern.

Grüner Habicht und Roter DracheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt