37. Kapitel (Albus): Blut und Wasser

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Als Gellert und ich auf Hogwarts' Klippen ankamen, erlebte ich eine Überraschung. Denn zum einen war Starling da (nicht sehr erfreulich), zum anderen standen zwei Personen vor ihm, die Zauberstäbe im Anschlag. Die eine war Sam. Seine platinblonden Haare waren zerzaust, ein Kratzer zog sich über seine Stirn, doch in seinen grauen Augen blitzte es. Die zweite Person war Melissa Starling. Hass loderte wie eine Flamme in ihrem Blick, der dem ihres Bruders so ähnlich war. Gerade wehrte sie einen Zauber ihres Bruders ab und warf einen kurzen Blick zu Gellert und mir. "Hallo Albus, hallo Gellert!", stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und strich sich eine blutverklebte, braune Haarsträhne aus dem Gesicht. "Melissa... Was tust du denn hier?", fragte ich und stellte mich zwischen sie und Sam, Gellert trat an meine Seite. "Was ich hier tue? Wonach sieht's denn aus? Ich helfe der magischen Welt, dieses machtgeile Arschloch hier loszuwerden!", gab sie zurück. "Weil ich dich darum gebeten habe.", ergänzte Gellert. Melissa rollte mit den Augen. "Jaaaaha. Ist gut. Weil du mich überredet hast." "Genau wie mich.", setzte Sam von meiner Rechten aus hinzu. Ich sah Gellert mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Wann hast du das bitte eingefädelt?", fragte ich. Er stieß einen belustigtes Schnauben aus. "Tha, was denkst du denn, was ich einen Monat lang in Askaban gemacht habe? Untätig herumsitzen und mich von den Dementoren schwächen lassen? Niemals. Albus, ich bin Gellert Grindelwald. Der größte Schwarzmagier seit 400 Jahren. Okay, Melissa", fuhr er an sie gewandt fort "wir passen auf. Jetzt bist du dran." Ein kurzes, eisiges Lächeln flog über ihr Gesicht. "Ich weiß." Gelassen ließ sie ihren Zauberstab schnippen, woraufhin ihrem Bruder der Zauberstab aus der Hand flog. Als wäre es abgesprochen, fing Sam ihn auf und brach ihn in der Mitte durch. Bei dem Knacken zuckte Starling zusammen, als hätte seine Schwester ihn geschlagen. "Sooo, Roran. Dann jetzt zu uns beiden.", Melissa machte mit einem erhobenen Kopf einen Schritt auf ihn zu, er starrte sie trotzig an und weigerte sich, auszuweichen. "Warum tust du das mir an, Lissa? Was ist mit dem da.". Starling nickte zu mir. Für einen Moment folgte seine Schwester, dann schüttelte sie den Kopf und drehte sich wieder zu ihm um, ihre grünen Augen waren jetzt schon fast bedauernd. "Roran, wenn du nicht so ein Arschloch wärst, würdest du mir jetzt leidtun. Glaubst du ernsthaft, ich habe mich wegen einer längst vergangenen Schwärmerei von der Zaubererwelt zurückgezogen?" "Er hat dich verletzt!", protestierte Starling mit schriller Stimme, sein ganzes Weltbild schien bis in die Wurzeln erschüttert. "Du konntest nicht mehr schlafen, du wolltest nichts mehr essen! Lissa! Er hätte dich fast umgebracht!" Melissa bedachte ihn mit einem kalten Blick, der Gellert alle Ehre machte. "Falsch. Ich gebe zu, ich war einen Monat lang ziemlich neben der Spur. Aber das ist zweiundvierzig Jahre lang her, Roran! Begreifst du das? Zweiundvierzig Jahre! Nein. Ich habe die magische Welt nicht wegen Albus gehasst. Sondern wegen dir!" "Wegen mir?!", Starling starrte sie an, als würde er an ihrem Verstand zweifeln. Ich sah Gellert fragend an, er erwiderte meinen Blick und zog grinsend die Augenbrauen hoch. "Halt dich am besten irgendwo fest, Liebster. Es kommt noch besser.", murmelte er. "Ach?", sagte ich. "Definitv.", bestätigte er. "A-Aber... Warum, Lissa?", offenbar war der Minister für magische Strafverfolgung fertig mit den Nerven. "Denkst du etwa, ich hätte es damals nicht gemerkt?", antwortete sie eisig. "Du wolltest nie, dass ich gut werde. Du wolltest nie, dass ich irgendwas erreiche. Ständig hast du mir gesagt, ich könnte sowieso nichts. Nur als du Wind davon bekommen hast, dass Albus mich abgelehnt hast, da warst du dann plötzlich für eine Weile der besorgte, große Bruder. Davor und auch später aber nie wieder! Du hast mich runtergezogen, wo du nur konntest. Und soll ich dir was verraten? Das Schlimmste ist aber, dass ich dir das auch noch geglaubt habe! Darum wollte ich nie wieder etwas mit der magischen Welt zutun haben! Nun, wie du siehst, habe ich meine Meinung geändert.", sie deutete mit einem Nicken auf ihren Zauberstab. Eifrig, offensichtlich bemüht, sie zu beruhigen, nickte Starling. "Allerdings. Und das freut mich wahnsinnig, Lissa. Wenn du wüsstest-" Doch sie schnitt ihm das Wort ab. "Schweig!", zischte. "Dass ich zur Magie zurückgekehrt bin, dass ich trotz deiner Hinterhältigkeit der Überzeugung bin, nicht untalentiert zu sein, habe ich nur einem zu verdanken." An dieser Stelle wandte sie sich um und sah Gellert an. "Du hast mir meine Magie wiedergegeben, Gellert.", sagte sie leise. Seine zweifarbigen Augen glitzerten. "Ich werde uns die Freiheit wiedergeben.", gab er zurück. Ein leichtes Lächeln huschte über Melissas Gesicht, sie blickte wieder zu ihrem Bruder, der sie schockiert ansah. "Nein!", rief er aus. "Wegen Grindelwald?!" Wie Schneeflocken schimmerte die Kälte in ihrem Blick. '"Korrekt. Nur wegen ihm. Du hattest ihn in Askaban eingesperrt, als er mich mit Okklumentik erreichte. Er sagte zu mir, er bräuchte mich, um dafür zu sorgen, dass du Albus nie wieder wehtust. Im Gegenzug baute er mein fast nicht vorhandenes Selbstbewusstsein wieder auf. Nun, Bruderherz, was sagst du nun?"
Starling sagte gar nichts. Ohne ein Wort blickte er seine Schwester an, als hätte er sie noch nie zuvor gesehen.
"Warum hast du mir davon eigentlich noch nichts erzählt?", fragte ich Gellert. Er seufzte, legte einen Arm um mich und lehnte den Kopf an meine Schulter, als würde uns nicht gerade der Minister für magische Strafverfolgung dabei zusehen. "Um ehrlich zu sein, habe ich noch nach der passenden Erklärung gesucht, Liebling. Und nach dem richtigen Moment.", er zögerte und wandte mir dann seine wunderschönen Augen zu. "Verzeihst du mir?" "Ja. Immer.", flüsterte ich. Starlings nächster Satz war sehr interessant: "Lissa! Was redest du da? Willst du mich etwa umbringen? Blut ist dicker als Wasser! Komm zu mir zurück. Grindelwald ist ein Verbrecher, ein Verräter, ein Killer, ein..." "Halt die Klappe.", empfahl sie ihm. "Ich stimme dir zu. Er war ein Verbrecher. Er war ein Verräter. Er war ein Mörder. Aber Menschen ändern sich, Roran. Ich auch. Du kannst mich nicht mehr herumschubsen. Du kannst mich nicht mehr verunsichern. Du hast keine Macht mehr über mich, Roran Jake Starling! Deine Zeit ist vorbei! Travers tat nicht gut, dich zu deinem Nachfolger zu bestimmen. Und nun...", sie rückte näher an ihn heran. Die Augen vor Angst aufgerissen, wich Starling vor ihr zurück, bis er fast am Rand von Hogwarts' Klippen stand. Erschrocken zog ich den Atem ein. Was Starling auch getan hatte, sterben sollte er nicht - nicht so. "Du hast Recht, Roran. Blut ist dicker als Wasser. Aber ich sage dir jetzt was: Ich bin nicht mehr deine Schwester! Die einzigen, denen ich vertraue, stehen da hinter mir!", jetzt entschlossen richtete Melissa ihren Zauberstab auf ihren Bruder. "Weg mit dir, nach Askaban. Dort gehörst du hin. Ach, soll ich dir noch sagen, wer der neue Minister für magische Strafverfolgung wird?"
"Ich!", meldete sich Sam zu Wort.
"Genau. Sam, bitte.", Melissa sah ihn an.
Er hob den Zauberstab. "Auroren, ergreift ihn!"
Sofort apparierten einige Auroren, nahmen Starling in ihre Mitte und disapparierten wieder. Ohne mich und Gellert eines empörten Blickes zu würdigen. "Wow.", sagte ich. "Und jetzt würde ich gerne wissen, was hier eigentlich los ist! Erstens: Gellert, wie konntest du Melissa davon überzeugen, wieder zur Magie zurückzukehren? Zweitens: Melissa, was hast du damit gerade gemeint? Drittens: Sam, seit wann 'überredet' Gellert dich zu irgendwas?"
So. Jetzt war ich aber mal gespannt.

Only once more || Grindeldore FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt