Zwei Tage später...
Den Elderstab gezogen, die zweifarbigen Augen dunkel, stand Gellert da. "Ich denke, du musst los.", sagte Lissa. Er sah sie an. Wortlos. Dann senkte er zustimmend den Kopf. "Ja.", erwiderte er leise und verschränkte die Arme, als wäre ihm plötzlich kalt. Seit zwei Tagen benahm er sich so rätselhaft und weder Melissa noch ich hatten herausfinden können, was los war. Mit einem abgrundtiefen Seufzen steckte er den Elderstab weg und fuhr sich mit allen zehn Fingern durch die schwarzen Haare. "Dann kommt.", er seufzte noch einmal. "Nützt ja alles nichts." "Stimmt. Sonst kommt Irena noch hierher.", gab ich ihm Recht. Darauf blickte er kurz zu mir, für einen Moment schien es, als wollte er noch etwas sagen, seine Lippen formten ein Wort, doch dann nickte er nur. "Bereit?", fragte er anschließend und zückte erneut den Elderstab. "Ja.", Melissa und ich nickten einstimmig. "Dann... bringen wir es hinter uns.", er warf das Kinn hoch, seine zweifarbigen Augen glitzerten.
Wir disapparierten.Die Namenlosen Klippen. Eigentlich waren sie kein Ort, an den ich jemals hatte wieder zurückkehren wollen. Denn selbst jetzt, da die Erinnerung schon über drei Jahre alt war, konnte ich nur an den Moment denken, als der Blutpakt mir mit seinem Zorn die Luft zum Atmen genommen hatte. Hätte Gellert nicht in just diesem Moment beschlossen, das größere Wohl für eine Sekunde zu vergessen, so wäre ich zweifellos gestorben.
Und nun... waren wir wieder hier. Lissa, Gellert und ich. Aber nicht nur wir drei. Kaum, dass wir appariert waren, sah ich Irena Flary an der Spitze von fünf Auroren. Sie musterte uns kurz und sagte dann, an ihre Auroren gewandt: "Ihr könnt gehen." Diese disapparierten folgsam. Ich sah sofort, dass ihre Zauber fort waren. Ihr vormals kupferrotes Haar war nun braun, dunkelbraun, wenn auch genauso lang und genauso gewellt. Das intensive Eisblau ihrer kalten Augen war zu einem um einiges blasseren Blauton geworden. "Nun, Grindelwald... Wie schön, dass Sie da sind.", fuhr sie fort. Gellert starrte sie an, zog eine Augenbraue hoch, atmete langsam aus und erwiderte: "Es wird für mich eine beträchtlich größere Freude werden als für Sie, Flary." Die Leiterin der Abteilung für magische Strafverfolgung nickte herablassend.
"Natürlich."
"Ich warne Sie, Flary. Vergessen Sie nicht, dass ich das Zweite Gesicht habe. Ich weiß genau, wie dieses Duell hier enden wird.", Gellerts Stimme war kälter als das Eis an den Polen. "Ohh, das habe ich sicher nicht vergessen, Grindelwald.", antwortete Irena leise. Ich tauschte einen Blick mit Lissa. Warum duellierten sie sich nicht? Natürlich. Weil Gellert sie noch ein bisschen hinhalten wollte. Schon klar.
"Nicht? Wie wunderbar. Ach, Flary", Gellert blinzelte, tat, als sei es ihm gerade erst wieder eingefallen "warum waren eigentlich diese albernen Zauber? Wirklich, um Starling zu beeindrucken? Wenn ja, dann... haben Sie wohl sehr, sehr kläglich versagt."
"Klappe!", fauchte sie. Er grinste, nicht mehr, als ein Zucken seiner Mundwinkel. "Ja, ja. Die Liebe. Sagen Sie, Flary, wenn Sie Kinder hätten, würden Sie sie lieben?"
Was sollten denn diese Frage? Offenbar dachte Irena Flary ähnliches, denn sie runzelte die Stirn und starrte Gellert sekundenlang schweigend an. "Selbstverständlich. Sofern es ein anständiges Kind wäre.", sagte sie dann. Gellert nickte leicht. "Wenn es nach Ihnen ginge, so sollte es, wenn überhaupt, eine Tochter sein, habe ich nicht Recht?" Perplex blinzelte Irena, auch Lissa starrte ihn erstaunt an, ich war verwirrt. Was für ein Spiel spielte er hier mit ihr? Mit uns allen? "Mir wäre es egal. Es sollte nur bitte das Gegenteil von Ihnen sein, Grindelwald.", gab Irena Flary zurück. "Sagte ich doch. Ein Mädchen. Blonde Locken, hellblaue Augen. Süß, lieb, unschuldig.", erwiderte er frostig. Mich überlief es kalt.
Süß.
Lieb.
Unschuldig.
Genauso wie... wie Gina. Seine Schwester. Was... Was tat Gellert da?! "Aber nun", setzte Gellert hinzu und hob den Elderstab "genug geredet, Leiterin der Abteilung für magische Strafverfolgung. Ich bin zum Duellieren gekommen, also werden wir uns auch duellieren!" "Nichts. Lieber. Als. Das!", fauchte Irena und zog blitzschnell ihren eigenen Zauberstab. Als erste Handlung benutzte sie sogleich den Cruciatus-Fluch, den Gellert so gelassen abwehrte, als wäre es nichts. Funken spritzten, als er mit einem anderen Zauber, vermutlich Glacius, antwortete. Mir fiel auf, dass die Heiligtümer da waren. Ungefähr acht Meter über ihm schwebten sie in der Luft. Sie ließen ihren Meister nicht im Stich. Plötzlich sog Lissa erschrocken den Atem ein und als ich mich wieder dem Duell zuwandte, sah ich gerade noch, wie ein Todesfluch die Luft neben Gellert zum Knistern brachte. Offenbar wütend über ihr Scheitern zielte Irena mit einem weiteren Todesfluch nach ihm. Wie ein Schatten wich er aus und der Fluch rauschte dort vorbei, wo vor einer Sekunde noch sein Kopf gewesen war. Innerhalb von wenigen Atemzügen antwortete Gellert der Leiterin der Abteilung für magische Strafverfolgung mit einer ganzen Salve von Flüchen. Expelliarmus, Crucio, Avada Kedavra, Bombarda, Expulso, Incendio, Diffindo... Ich gab es auf, alle zählen zu wollen. Lissa schüttelte den Kopf, wie um ihre Gedanken zu sortieren. Leider wehrte Irena jeden Fluch ab.
Halt.
Nicht jeden.
Diffindo erwischte sie am Arm, Blut tropfte aus der Wunde. Im Licht der hochstehenden Mittagssonne glänzte es seltsam blass. Rasch warf ich einen Blick zu Gellert. Er starrte mit ausdrucksloser Miene den Schnitt an, den er ihr zugefügt hatte. Seine Augen verdunkelten sich noch mehr, er verharrte, den Elderstab erhoben, nach Atem ringend. Doch noch interessanter fand ich die Reaktion von Irena Flary selbst. Denn die Andeutung von Panik huschte über ihre Gesichtszüge, sie blickte kurz wie gebannt auf das Blut. Dann wirbelte sie zu Gellert herum und kreischte wie eine komplett Irre: "Diffindo maxima!" Erschrocken wandte ich ihm, im gleichen Moment wie Lissa, den Blick zu. "Wehr ab!", stieß sie flüsternd hervor. Ohne einen von uns beiden anzusehen schüttelte er sachte den Kopf. Nein., hallte seine Stimme in meinem Kopf wider. Werde ich nicht. "Bist du verrückt geworden!", Lissa stöhnte auf. Daraus schloss ich nun, dass auch sie Gellerts Worte gehört hatte. Nun, da der Diffindo-Zauber ihn traf, zuckte seine rechte Augenbraue in die Höhe. Ich konnte nicht sehen, wie groß der Schnitt war, den der Zauber ihm zugefügt hatte. Doch spätestens, als er den Kopf hob, Irena mit einem undefinierbaren Lächeln bedachte und dann zusammenbrach, war mir klar, dass es ein verdammt großer Schnitt sein musste. Irena starrte unterdessen triumphierend auf ihn hinab und sonnte sich in ihrem Sieg. "Albus, ich hab 'ne Idee.", flüsterte Lissa mir zu. "Sag.", gab ich zurück, kämpfte meine Angst nieder und schluckte. "Du gehst jetzt zu unserem Helden und ich bearbeite dieses Püppchen vor uns. Schließlich hab ich noch 'ne Rechnung mit der offen." Hin- und hergerissen sah ich sie an. Was, wenn Irena Flary sie genauso schwer verletzte? Aber dann blickte ich zurück zu Gellert. Das Blut sammelte sich inzwischen in einem regelrechten Teich um ihn herum, seine zweifarbigen Augen flackerten. "Also gut. Aber... pass auf.", sagte ich darum. Sie nickte kurz und zog ihren Zauberstab, ihr grüner Blick war hart vor Entschlossenheit. "Werde ich.", versprach sie mir. Dann benutzte sie Stupor und Flipendo kurz hintereinander und begann auf diese Weise ein Duell mit ihrer ehemals besten Freundin. Ich unterdessen ließ mich an Gellerts Seite nieder und strich ihm sanft die aschblonde Haarsträhne aus dem Gesicht. "Geh nicht.", flüsterte ich. "Bitte. Du hast mir versprochen, dass ich zuerst gehen darf!" Er blinzelte und richtete seine zweifarbigen Augen auf mich. "Da wusste ich ja auch noch nicht, dass Irena längst nicht mehr sie selbst sondern eine Verlorene Seele ist.", antwortete er, seine Stimme war nur ein fast lautloses Flüstern. "Ist sie das denn?", ich schluckte. "Aber ja.", murmelte er. "Ist dir denn nicht aufgefallen, dass ihr Blut viel blasser war als gewöhnliches?", fuhr er fort. "Ich dacht, ich hätt's mit nur eingebildet.", gab ich zu. Zur Antwort schüttelte er sachte den Kopf. "Nein. Hast du nicht.", erwiderte er schlicht. "Hör mir zu, Al. Irena mag mir eine tödliche Wunde zugefügt haben, doch erstens bin ich der Meister des Todes und zweitens habe ich keineswegs vor, hier zu verbluten."
"Weißt du, wer sie ist? Also... wer die Verlorene Seele ist?", fragte ich. Seine zweifarbigen Augen wurden, wenn das denn möglich war, noch dunkler. "Und ob ich das weiß. Aber ich werde es dir nicht sagen. Das wirst du noch früh genug herauskriegen.", lautete Gellerts Antwort. "Wenn du's sagst.", erwiderte ich und seufzte. "Merlin, ich hab dir doch schon sooft gesagt: Du sollst dich nicht immer den Helden spielen!", setzte ich hinzu. Jetzt war es an ihm, zu seufzen, sein zweifarbiger Blick war verschleiert. "Du weißt, dass ich es immer wieder tun werde und würde.", sagte er leise. "Ja. Und manchmal würd ich dich dafür gern umbringen, dass kannst du mir glauben!", ließ ich ihn wissen. Ein geisterhaftes Lächeln verzerrte seine Gesichtszüge. "There's no thing that I won't go through, even if I have to die for you." "Ich hasse dich!", murmelte ich kraftlos, wiederholte das, was ich vor einigen Tagen schon mal gesagt hatte. "Ich weiß.", antwortete er leise, hob langsam eine Hand und legte sie an meine Wange. Mit einem abgrundtiefen Seufzen musterte ich ihn. "Gellert?" "Ja, mon amour?", fragte er zurück. Anstelle einer Antwort neigte ich mich zu ihm und küsste ihn. Ich konnte sein Blut schmecken, als unsere Lippen sich trafen. Es war ein langer Kuss und als wir uns voneinander trennten, rang er genauso nach Atem wie ich. "Ich hasse dich nicht.", stellte ich klar. "Das weißt du." Er lächelte. "Ja. Ich weiß. Ich weiß, Liebster." Sein Blick flog an mir vorbei. "Gut.", fuhr er noch leiser fort. "Dann... ist es jetzt Zeit." Mit einer Ruhe, für die ich ihn nur bewundern konnte, schnippte er den Elderstab. Daraufhin verschwand jeder einzelne Blutstropfen. Zufrieden grinste er. "Sehr schön. So ist es definitiv um einiges weniger lebensgefährlich." "Ach, wirklich?", ich bedachte ihn mit einem ironischen Blick. "Tatsächlich ja.", antwortete er und grinste mich schelmisch an. Ich verdrehte die Augen. "Nicht zu fassen, dass ich dich liebe.", murmelte ich. "Ja, ich weiß, dass ich unglaublich bin. Das musst du mir nicht sagen.", gab er zurück. Darauf verdrehte ich noch einmal die Augen. Im gleichen Moment kreischte Melissa auf vor Entsetzen. Blitzschnell sah ich zu ihr und erschrak mich ganz furchtbar. Irena Flary stand vor ihr und presste ihr den Zauberstab an die Kehle. Entsetzen leuchtete in Lissas grünen Augen. "Die is'... plötzlich viel stärker als... sonst!", stieß sie hervor und verzog dann das Gesicht vor Schmerz. In der Sekunde, in der ich beschloss, etwas zu tun, reagierte Gellert. "Nein, Al. Warte.", flüsterte er. "Spinnst du?", zischte ich. "Irena oder wer auch immer sie ist, bringt gleich Lissa um und du sagst mir, ich soll warten?!"
"Nur kurz. Vertrau mir."
"Fünf Sekunden. Nicht länger.", antwortete ich. "Das reicht mir schon.", gab er zur Antwort und erhob sich. "Na komm.", er hielt mir die Hand hin und zog mich hoch. "Schließlich müssen wir noch eine Verlorene Seele besiegen." Ich nickte kurz und hoffte inständig, dass er jetzt seinen Masterplan hervorzauberte und mir sagte, dass alles gut werden würde. Tat er nicht. Stattdessen zückte er den Elderstab und legte los. "Also wirklich. Irena, Irena, Irena.", kopfschüttelnd schritt er auf sie zu. Lissa fand meinen Blick und runzelte fragend die Stirn, ich zuckte unmerklich mit den Schultern. Sie seufzte. "Haben Sie wirklich geglaubt, mich mit einem Diffindo-Zauber außer Gefecht setzen zu können? Zugegeben, er war ziemlich gut getroffen. Ganz passabel, ja. Aber nichts wirklich herausforderndes.", seine zweifarbigen Augen verengten sich. Noch bevor die Leiterin der Abteilung für magische Strafverfolgung etwas sagen konnte, fuhr er fort. Um Klassen eisiger. "Schluss mit den Spielchen. Ich weiß, was du bist! Eine Verlorene Seele. Das hier ist nicht dein Körper! Weil der schon längst tot ist!" Offenbar war Irena-nicht-Irena so verdutzt, dass sie Lissa losließ, die sofort an meine Seite apparierte. "Was zur Hölle wird das?", fragte sie mich. "Keine Ahnung.", erwiderte ich. "Ich verstehe nicht, Grindelwald. Sind Sie nun vollkommen verrückt geworden?", Irena-nicht-Irena schüttelte verächtlich den Kopf. Zu meiner Überraschung lachte Gellert.
"Oh, es ist süß, wie du alles zu leugnen versuchst. Aber ich habe dir nicht umsonst die Fangfrage gestellt. Nicht umsonst habe ich dafür gesorgt, dass du zuviel um die Ohren hattest, um mein Diffindo abzuwehren. Nicht umsonst habe ich zugelassen, dass du dazu kommst, mit großer Geste deine 'Rache' an mir zu vollziehen." Irena-nicht-Irena schüttelte nur noch einmal den Kopf. Hass, unbändiger Hass, spiegelte sich in Gellerts zweifarbigen Augen. "Sieh an, dir fehlen schon die Gegenargumente.", er verzog voller Verachtung die Lippen. "Gib es einfach auf. Gib es einfach auf, Vylanara." Was?! Vylanara?! Schockiert starrte ich zwischen Gellert und Irena-Vylanara hin und her. "Also gut. Ich gebe es zu. Du hast mich tatsächlich enttarnt.", antwortete Vylanara frostig. Das Braun verschwand aus ihren Haaren, wurde zu hellblond, das Blau ihrer Augen wurde leuchtender. "Jetzt zufrieden, Sohn?"
Gellert schnaubte. "Nein. Denn schließlich bist du nicht fort. Tot ja. Aber... Nun sag, wie hast du es geschafft, dich aus Fyrtharns Kontrolle zu befreien?" Seine Mutter bedachte ihn mit eiem kalten Blick.
"Seh ich so aus, als würde ich dir das erzählen?"
"Stimmt. Dazu ist es bestimmt viel zu langweilig. Wie immer. Egal, schließlich weiß ich, dass du sonst nichts kannst. Außer langweilig sein.", er grinste.
Mir war klar, dass das ein Trick war. Doch er schien zu wirken, denn sofort widersprach Vylanara: "Halt die Klappe, du unerwünschter Versuch! Es ist ein genialer Plan! Schon seit Jahren war ich auf der Suche nach einem Körper, der sich für eine Verlorene Seele eignet. Und endlich fand ich diesen hier. Aber Fyrtharn hat aufgepasst. Also hat Naryc ihn abgelenkt und ich konnte entwischen. Ich hab mir dann diesen Körper geschnappt. Natürlich musste ich mich so natürlich wie möglich verhalten. Und ha, es ist niemandem aufgefallen. Jahrelang! Nur dir du... du... wertloser Sohn, dir ist es natürlich aufgefallen! An was denn, los spuck's aus!" Ohne im geringsten von der Wut seiner Mutter beeindruckt zu sein musterte Gellert den Elderstab und rief mit einem tiefen Atemzug die Heiligtümer an seine Seite, die daraufhin drei Meter über dem Boden zum Stehen kamen. "An der Art, wie du den Zauberstab geschwungen hast, um 'deine' Dämonen zu rufen. Bei unserem letzten Duell. Und daran, wie hasserfüllt du mich angesehen hast. Das kannst nämlich nur du.", antwortete er leise. "Ach ja? Hass? So wie das hier?", fauchte Vylanara und schneller, als ich schauen konnte wirbelte sie zu mir herum. "Du!", zischte sie. "Bist genauso widernatürlicher Abschaum wie mein Sohn! Avada Kedavra!" Erschrocken blickte ich den Blitz an und wehrte ab. Gerade noch so. Darauf wandte Vylanara Gellert den Blick zu. Der starrte sie an. Wortlos, ohne eine Regung. Dann riss er den Elderstab hoch. Er sagte nichts und doch löste sich ein seltsam grauer Blitz von der Spitze des Elderstabes. Mit vor Hass lodernden Augen hob Vylanara 'ihren' Zauberstab um ihn abzuwehren.
Doch dazu kam sie nicht.
Der Zauber traf sie mitten ins Herz, noch ehe sie auch nur die Hand hatte heben können. Ihre Miene wurde ausdruckslos. Als sie sprach, war ihre Stimme nur ein Flüstern, an Gellert gewandt: "Was hast du getan?"
Er stand da, heftig nach Atem ringend. "Dafür gesorgt, dass du es verstehst!", erwiderte er. "Hör auf!", fuhr seine Mutter ihn an, ihre blauen Augen glänzten. "Mach, dass es aufhört!" Stolz begegnete Gellert ihrem Blick. "Nein.", sagte er. "Das werde ich nicht. Du hast auch nie aufgehört." "Aber... aber... Ich bin deine Mutter!", rief sie. Gellerts zweifarbige Augen wurden zu Schlitzen, er trat auf sie zu und blieb höchstens fünf Zentimeter von ihr entfernt stehen.
"Und ich bin dein Sohn!", flüsterte er eisig. "Ich bin dein Sohn! Begreifst du das? Dein Sohn! Nein, du begreifst es nicht! Du hast es nie begriffen und du wirst es auch niemals begreifen! Denn dafür ist es zu spät!" Sie blickte ihn kurz wortlos an. "Ich wünschte, du wärst es nicht! Du hast Gina sterben lassen!"
Er zuckte zurück.
Nein!
Hastig flocht ich meine Gedanken in seine. Hör nicht auf sie, Gellert! Du hast deine Schwester nicht sterben lassen! Hör nicht auf sie! Langsam wandte er mir seine zweifarbigen Augen zu, ich sah die Qual darin, das schmerzliche Flackern.
Aber... es... es... es stimmt doch., flüsterte er.
Nein!, widersprach ich sofort. Erinner dich an das, was Gina zu dir gesagt hat! Du konntest es nicht verhindern! Gellert! Du konntest es nicht! Reglos erwiderte er meinen Blick, seine Lippen teilten sich, doch dann schluckte er und blickte wieder zu Vylanara. "Gina ist nicht wegen mir gestorben! Sie ist wegen den fünf Muggeln gestorben. Ich hätte sie beschützen können, wenn ich meinen Zauberstab gehabt hätte! Doch ich hatte ihn nicht, weil du und Naryc es mir verboten habt! Also war es wohl eher eure Schuld statt meiner!" Offensichtlich sprachlos blickte sie ihn an. "Du-!", begann sie schließlich, doch er schnitt ihr das Wort ab. "Nein. Sei still. Sei einfach still! Du bist nicht meine Mutter! Dein Blut kann meines sein, doch ich weigere mich, so zu werden, wie du! Und jetzt verschwinde!", fauchte er und wechselte in die Runensprache, flüsterte mehrere Sätze.
Die hellblauen Augen, die denen von Gellerts Schwester so ähnlich waren, aufgerissen starrte seine Mutter ihn an und begann zu verblassen. Ihre Gestalt wurde durchsichtiger, undeutlicher, verschwommener. Bis sie sich vollkommen aufgelöst hatte. Wie erstarrt stand Gellert da, die Spitze des Elderstabes zitterte, sein Atem ging stoßweise. Einige Sekunden verharrte er, dann ließ er den Elderstab fallen und kniete sich hin. Lissa starrte immer noch an die Stelle, an der Vylanara zuletzt gestanden hatte. Sie war wohl ziemlich fertig mit den Nerven. Aber das waren wir alle. Vorsichtig kauerte ich mich neben ihn und legte ihm behutsam einen Arm um die Schultern. Mehrere Momente lang reagierte er überhaupt nicht, doch dann legte er eine Hand auf meine. "Sie ist weg.", flüsterte er schließlich, ihn schauderte es. "Sie ist weg, Al. Weg. Fort. Aufgelöst. Für immer! Ich...", er zögerte, nahm den Elderstab wieder und betrachtete ihn, als hätte er ihn noch nie zuvor gesehen. "Ich bin frei. Von ihnen. Von beiden. Jetzt gibt es nur noch die Monster in meinem Kopf. Wobei das 'nur noch' ein bisschen untertrieben ist.", er grinste kurz. "Jetzt muss sich deine Duell-Vision ja doch nicht erfüllen!", sagte ich zuversichtlich. Darauf wandte er mir so abrupt den Kopf zu, dass ich mich beinah erschrak. "Doch.", seine Stimme war dunkler als zuvor. "Muss sie." "Was? Aber... warum?", verständnislos sah ich ihn an. "Weil wir so nicht ewig weitermachen können, Al. Du dich nicht ewig in Nurmengard verstecken kannst- das wird das Ministerium gar nicht erst zulassen. Zwar war es hauptsächlich Irena Flary - beziehungsweise meine Mutter - die das Bündnis mit den Dämonen hatte, doch ich kann mir vorstellen, dass sie durchaus so etwas wie einen Vize hat, der ebenfalls in dem Dämonen-Pakt etabliert ist."
"Was... Was hat deine Mutter damit gemeint? Damit, dass... sie sich Irenas Körper... 'geschnappt' hat?", Lissas heisere Worte rissen mich aus meinen Überlegungen. Aber das war auch eine interessante Frage und zugegeben eine willkommene Ablenkung von der Duell-Vision. "Nun", begann Gellert und richtete sich auf, zog mich ebenfalls hoch "meine Eltern waren beide Verlorene Seelen und damit unter Fyrtharns Kontrolle. Doch durch einen Plan, den die beiden gemeinsam ausgearbeitet hatten, gelang es meiner Mutter, zu entkommen und sich einen Körper zu suchen, den sie besetzen konnte. Sie fand den von Irena Claire Flary. Das war vor ungefähr zwanzig Jahren." "Was?! Solange schon?!", stieß ich hervor, Melissa blinzelte mehrmals. "Deine Freundin und du, ihr hattet euch entzweit. Wegen deinem Bruder, weil Irena ihn vergötterte. Doch sie kam rasch wieder davon ab. Es tat ihr nun leid, dich verloren zu haben und so begann sie, dich zu suchen. Aber sie konnte dich lange Zeit nicht finden. Ich nehme an, du hattest in der Muggelwelt einen anderen Namen?", er blickte sie fragend an. Wortlos nickte Lissa. Er fuhr fort: "Doch nach langen Jahren der Suche hatte sie Erfolg. Nämlich vor zwanzig Jahren im Jahr 1922. Irena hatte endlich herausgefunden, wie du in der Muggelwelt gehießen und wo du gewohnt hast. Sie wollte dich besuchen kommen, um sich mit dir auszusöhnen, dir zu sagen, dass das mit deinem Bruder vorbei war. Doch, als hätte Vylanara es gespürt, gerade, als sie in die Muggelwelt apparieren wollte, fand meine Mutter sie, verjagte ihre Seele und nahm ihren Körper für sich. Ich nehme an, dass deine Freundin nun im Reich der Toten ist."
"Wenn es doch Irenas Körper war... Wo ist er dann?", fragte Lissa, blinzelte heftig. "Das ist eine gute Frage. Doch darf ich davon ausgehen, dass das, was wir gerade gesehen haben, als meine Mutter sich uns zeigte, das war, was man das Auflösen eines Körpers nennt. Mit Magie. Ich nehme einfach mal an, dass sie ihn sozusagen weggezaubert hat. Uns Lebenden ist das nicht möglich, das geht nur bei Seelen, die schon einmal tot waren und wiedergekommen sind.", lautete seine Antwort. Jetzt starrten Lissa und ich ihn erstmal sprachlos an. "Woher", wollte ich dann wissen "weißt du das alles?" Zur Antwort blinzelte er und zuckte unschuldig mit den Schultern. "Vielleicht weil... ich die Erinnerungen meiner Mutter durchsucht habe, während ich mir einen Wortwechsel mit ihr geliefert habe.", antwortete er. "Merlin!", ich seufzte. "Heißt das", flüsterte Lissa "ich... ich hab... Irena die ganze Zeit über... zu... zu Unrecht gehasst?" "Ich denke", erwiderte Gellert sanft "das heißt es." "Oh, bei Merlins linkem Schuh!", sie stöhnte und fuhr sich mit allen zehn Fingern durch ihre langen, glatten, braunen Haare. "Das ist doch nicht zum Aushalten!" "Genauso wenig zum Aushalten ist, dass Gellert und ich uns duellieren müssen.", murmelte ich, eigentlich mehr zu mir als zu Gellert oder zu Lissa. "Wie, ihr müsst?", verwirrt legte Lissa den Kopf schräg. "Wir müssen.", antwortete Gellert, seine Augen verdüsterten sich. "Und ich weiß auch, wann." Was?! Erschrocken riss ich den Kopf hoch und sah ihn an. "Was?", flüsterte ich fast lautlos. "Ja.", gab er leise zurück. Ich schloss die Augen. "Wann, Gellert? Wann?" Er seufzte. "In drei Jahren, 1945." "So bald schon?", meine Stimme war erstickt. Als er mich daraufhin ansah und ich die stumme Qual in seinen Augen las, kam es mir vor, als würde meine Seele entzwei reißen. "Ja, Al. So bald.", seine Worte waren erstaunlich fest. "Das kann nicht sein!", behauptete ich. "Es... Das... Das darf nicht sein." Doch Gellert schüttelte nur den Kopf. "Nie hat mir das Zweite Gesicht etwas deutlicher gesagt." "Nein! Nein! Ich werde mich nicht mit dir duellieren! Und warum sollten wir auch? Coral Everdal, beziehungsweise deine Mutter, ist fort!", protestierte ich und bekam gar nicht mit, dass Lissa disapparierte, um uns Zeit zu geben. "Ist sie. Aber denkst du, sie ist die einzige, die mich so erbittert hasst? Denn das ist sie todsicher nicht. Du weißt, dass das ganze Ministerium mich und ein guter Teil dich, hasst. Weil du mich liebst, weil ich dich liebe, weil wir einander lieben. Deshalb. Wenn du jemals wieder nach Hogwarts zurückwillst, dann musst du mich besiegen."
"Aber Hogwarts existiert nicht mehr!!", rief ich. Seine Lippen verzogen sich zu etwas, das alles außer ein Lächeln war. "Nein. Stimmt. Aber was glaubst du, unter welcher Bedingung das Ministerium es wieder aufbauen würde? Ich sage es dir: Dann, wenn du mich besiegt hast. Offiziell." "Kannst du nicht einfach wieder so tun, als wärst du tot?", es war eine absolute dumme Frage. Aber Verzweiflung machte seltsame Dinge mit den Menschen. "Theoretisch? Ja. Praktisch? Nein. Kann ich nicht, Liebster. Vergib mir. Sie würden es merken.", erwiderte Gellert sofort. "Das kann nicht sein!", wiederholte ich. "Das darf nicht sein!" "Doch. So wird es sein. Al, hör zu: Das Duell ist nicht morgen. Auch nicht nächste Woche oder nächsten Monat und auch nicht nächstes Jahr. Es ist in drei Jahren, im Jahr 1945. Meinst du nicht, wir sollten das Beste aus drei Jahren machen, die ich noch frei sein darf?", seine Stimme war sanfter geworden. "Ja, natürlich.", gab ich widerstrebend zu. "Aber trotzdem-"
Er schüttelte sachte den Kopf und legte einen Finger an meine Lippen. "Shhhh. Kein Wort mehr, Darling. Nicht ein einziges. Ich kann dich nicht küssen, wenn du so viel sprichst.", murmelte er. Ich seufzte abgrundtief. "Küss mich.", flüsterte ich und schloss die Augen. "Nichts lieber als das.", lautete seine Antwort. Wir küssten uns, als wenn es das letzte Mal wäre. War es nicht. Aber würde es bald sein.
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Only once more || Grindeldore FF
FanfictionDON'T LIKE IT, DON'T READ IT! GrindelwaldxDumbledore FanFiction | Deutsch | German NOCH NICHT ÜBERARBEITET... (Enthält Blut, Tod, Gewalt und eindeutig angedeutete sexuelle Handlungen.) ~"Ich habe vierzig verdammte Jahre auf dich gewartet! Nenn mir e...