95. Kapitel (Albus): A broken Angel

107 7 20
                                    

Dieses Mal spürte er mich, das wurde mir in dem Moment klar, als ich wiederkam. "Was willst du denn jetzt schon wieder?", fragte Gellert. Gelassen, kalt. "Ich wollte... dir nur sagen, dass du Recht hast. Es stimmt schon, ich hab meine Schüler im Stich gelassen. Aber... ich musste es tun.", antwortete ich, Fawkes schüttelte sachte seine Federn.
"Das hast du schon gesagt.", stellte er fest. "Weiter? Du musstest es tun weil?"
Ich seufzte. "Wegen Tom.", sagte ich leise. Er runzelte die Stirn und stand auf, trat nun doch wieder an die Gitterstäbe. "Wegen Voldemort? Warum ist er wichtiger als die Schüler?", fragte er verständnislos. Darauf schluckte ich, bevor ich zurückgab: "Wegen den Horkruxen. Ich weiß, wo einer ist." "Du weißt, wo einer ist?", echote er. "Ja. Er... Hör zu. Tom hat den Stein der Auferstehung in einen Horkrux verwandelt."
Gellers Augen weiteten sich, für einen Moment rang er sichtlich um Worte. "Was?!", stieß er dann hervor. "Den Stein der Auferstehung?! Meinen Stein der Auferstehung?! Ja, gut, er war nicht mir, aber...", er blinzelte, atmete tief ein. "Und du weißt, wo er ist, ja?" "Na jaaaah, nicht... ganz genau. Ich muss ihn noch suchen. Ihn und die anderen. Deswegen ist die freie Zeit jetzt relativ gut gelegen." "Lord Voldemort.", murmelte er, ließ seinen Akzent jedes R seines Namens rollen. "Dein Ernst?", fuhr er fort. "Seine Besiegung ist dir wichtiger, als deine Schüler?" "Gellert!", Verzweiflung flackerte in mir auf. "Wie sollen sie und ihre Familien, ihre Freunde, jemals sicher sein, solange Tom da draußen sein Unwesen treibt?" Einen Moment lang sah er mich an, dann verzog er die Lippen. "Das größere Wohl.", antwortete er bitter. "Nicht wahr?" "Nein!", rief ich aus. "Nicht! Nicht das größere Wohl. Nur... Ich muss etwas gegen ihn tun."
"Und dafür deine Schüler im Stich lassen?", gab er frostig zurück.
"Verstehe es doch!", flüsterte ich. "Ich würde es mir nicht verzeihen, wenn meinen Schülern etwas passiert, nur weil ich nicht gegen Tom vorgegangen bin." "Achso. Du willst nicht den gleichen Fehler machen, wie bei mir damals.", er nickte langsam, ein Hauch von Verachtung schimmerte weiterhin in seinen zweifarbigen Augen. "Weil du so lange gewartet hast, etwas gegen mich zu tun und ich daraufhin so viele getötet habe. Nicht wahr?"
"Jaaaaaah.", ich verzog das Gesicht und nickte. "Al.", flüsterte er, nun sanft. "Du trägst keine Schuld daran, dass Voldemort so viele tötet, getötet hat und töten wird. Es war seine Entscheidung. Seine ganz allein." "Ich weiß. Trotzdem muss ich etwas gegen ihn machen.", erwiderte ich leise. "Das verstehe ich auch vollkommen. Wirklich, Al. Aber, bei den Heiligtümern, pass auf dich auf." Die Magie ließ urplötzlich die Luft erzittern, dann zerfielen die Stäbe zwischen uns zu Staub. "Oh. Warst du das?", fragte Gellert. "Nein.", ich schüttelte den Kopf. "Aber... ich kann keine Magie wirken.", blinzelnd hob er die Hände und starrte auf die Armbänder. "Sie brennen nicht." "Was?", fragte ich erstaunt und machte einen vorsichtigen Schritt auf ihn zu. "Ja. Sieh.", er streckte mir den Arm hin. Ich fuhr sanft mit den Fingern über die Armbänder aus Metall. "Stimmt.", bestätigte ich leise. "Die Armbänder als solches unterbinden keine Magie. Auf ihnen liegen Zauber, die dafür sorgen.", sagte er und dachte offenbar kurz nach. "Na ja, das letzte Mal wurden die Armbänder um 1950 herum erneut, es ist gut möglich, dass sie nach fast fünfzig Jahren ihre Wirkung verloren haben." "Meinst du?", fragte ich. Er bedachte mich mit einem vernichtenden Blick. "Nein, weißt du. Deshalb habe ich es doch gesagt - weil ich es so meine. Ich sage das ja nicht zum Spaß!" "Ich weiß.", murmelte ich, er stieß den Atem aus, lehnte sich an die Wand und musterte mich mit leicht geschlossenen Augen. "Weißt du?", er seufzte. "Das ist gut." Mehr sagte er nicht. Unendlich langsam richtete er den zweifarbigen Blick auf mich. Die Erschöpfung darin machte mir Angst. "Was ist los?", flüsterte ich. "Nichts.", antwortete Gellert leise. "Doch. Halt mich nicht für dumm.", widersprach ich sanft. "Das würde ich niemals wagen.", gab er zurück, blinzelte, wobei er die Augen einen Moment länger schloss, als es eigentlich nötig wäre. Und in diesem Moment wurde mir klar, dass er mehr denn je etwas von einem gebrochenen Engel hatte. Seiner Flügel beraubt, fortgezerrt von dem Licht, den Willen gebrochen. "Gellert bitte. Was ist? Ich weiß doch, dass etwas ist. Nur... wenn du's mir nicht sagst, kann ich auch nichts daran ändern." "Niemand. Kann etwas. Daran. Ändern.", er presste die Lippen zusammen. "Wieso? War es eine Vision?", hakte ich behutsam nach. "Ja.", er nickte kurz. Okay. Das war... "Wer kam darin vor?", fragte ich und strich Fawkes über die Federn. "Du. Nicht ich. Es war die erste Vision, die mir nicht etwas aus meiner künftigen Perspektive zeigte.", sagte er. Vorsichtig, wie bei einem wilden Tier, näherte ich mich ihm noch ein bisschen. "Weiter. Was noch?"
"Ich wusste schon, dass der Stein der Auferstehung ein Horkrux ist, bevor du es mir gesagt hast. Er ist in einem Ring, irgendwo. Du wirst ihn finden und... Es ist ein Horkrux, Albus. Er ist verflucht. Ich sage dir das jetzt und dennoch wirst du es tun. Der Fluch ist tödlich. Na ja, das war diese Vision. Dann hatte ich noch eine. Der Fluch ist also tödlich. Aber bevor dieser Fluch dich umbringen kann, wirst du einen schwarzmagischen Trank trinken - ebenfalls tödlich - wegen einem weiteren Horkrux. Und bevor diese beiden Dinge dich umbringen können, wird einer deiner Verbündeten dich töten.", Gellerts Stimme war vollkommen ausdruckslos, ohne jegliche Emotion, ohne Gefühlsregung. Nur kalt. "Hast du mir gerade meinen Tod vorher gesagt?", fragte ich und zog die Augenbrauen hoch. "Ja.", immer noch lag in seiner Stimme keine Regung. "Wow, danke. Wann wir das ungefähr sein?", fuhr ich fort. "In einem Jahr. Ungefähr." antwortete er, weiterhin ohne irgendeine Emotion.
"Super.", murmelte ich ironisch.
"Nicht zu ändern.", lautete Gellerts Erwiderung, nach wie vor vollkommen kalt. "Du bist ja heute sehr aufbauend.", ließ ich ihn wissen und bedachte ihn mit einem ebenso ironischen Blick.. "Hätte ich einen Grund, anders zu sein?", er schüttelte den Kopf, wich von mir zurück bis die Schatten ihn halb verschleierten und ließ sich an der Wand nieder, zog die Beine an. Nachdenklich betrachtete ich ihn. In seinen zweifarbigen Augen stand die unendliche Müdigkeit, die grenzenlose Erschöpfung, sein Kampfwille war gebrochen. Und doch leuchtete in seinem Blick immer noch ein winziger Funke dessen, was ihn zu Gellert Grindelwald machte. Ein winziger Restfunke seiner Zähigkeit, seiner Widerstandsfähigkeit, seiner Entschlossenheit. "Du bist schon die ganze Zeit so komisch.", sagte ich schließlich. "Was ist?"
"Nichts.", er seufzte, seine Augen flackerten. "Was soll denn sein? Aufgegeben habe ich seit fünfzig Jahren. Meine Freiheit war mir alles, Al. Ich bin wie der Wind, ich brauche die Herausforderung, die Gefahr, um mich sicher zu fühlen. Trotzdem habe ich meine Freiheit für dich gegeben und zugelassen, dass ihr mich hier oben einsperrt. Ich hätte ausbrechen können, ich könnte es auch jetzt tun. Aber ich tue es nicht.", er holte tief Luft, ein Zittern durchlief ihn. "Am Anfang, 1945 bis 1955 herum hast du dich noch jede Woche bei mir sehen lassen. 1955 wurdest du Schulleiter. Von da an war es vorbei. Du hattest Wichtigeres zu tun. Das ist ja auch vollkommen klar - dass die Schulleitung wichtiger ist als ich. Ich maße mir nicht an, damit auf einem Niveau zu sein. Ich sagte nichts in den Jahren danach, als du immer seltener kamst, immer seltener unsere Bindung geknüpft hast.", er stieß ein kurzes, zitterndes Lachen aus. "Weißt du überhaupt noch, wie das geht? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Nein, und als dann Voldemort den großen Zaubererkrieg begann... Also bitte. Da muss man natürlich die Welt retten und hat keine Zeit mehr für etwas anderes. Vollkommen verständlich." Seine Augen verengten sich und dann zischte er: "Die Liebe ist ein Fluch. Manchmal wünsche ich mir, ich hätte mich nie in dich verliebt!" Er stand auf und trat auf mich zu, starrte mich unverwandt an. Für einen Moment war er wieder der Gellert Grindelwald mit den blitzenden zweifarbigen Augen, der aschblonden Strähne in der Stirn und den Heiligtümern hinter sich. Kurz erwiderte ich seinen Blick wortlos. "Wie kannst du das sagen?", stieß ich schließlich tonlos hervor. Gellert verzog die Lippen zu einem grausamen Lächeln. "Sollte ich lügen?", gab er zuckersüß zurück. Er war wieder der Gellert Grindelwald von 1939, der von Protego Diabolica umspielt dastand und wie ein Wahnsinniger lachte. Nicht, dass er das gerade tat. Aber seine Aura war die gleiche. "Das kann unmöglich dein Ernst sein!", rief ich. "Warum nicht?", entgegnete er kalt. "Es war ja auch dein Ernst. Ich habe dich niemals vergessen, aber du hast beschlossen, dass Hogwarts dir wichtiger ist als ich. Das ist nicht schlimm. Immerhin kann ich nicht von dir verlangen, dass du deinen Erfolg hinter mich anreihst. Denn im Gegensatz zu mir hast du noch ein Ziel, ein Bestreben. Für mich ist es einfach, auf eine Sache fixiert zu sein. Aber die Art, wie du es getan hast, wie du mich hast spüren lassen, dass Hogwarts dir wichtiger ist als ich. Das war es.", er musterte mich frostig. "Du hast mir deutlich gezeigt, wo deine Prioritäten sind. Darum ist es mehr als falsch, dass du noch hier bist. Geh. Geh und tue das, was du wirklich tun willst. Rette die Welt. Dazu brauchst du mich nicht, du hast mich nie gebraucht." Ich blinzelte, wusste nicht, was ich sagen sollte. "Mach dir wegen dem Fluch keine Sorgen. Falls du das tust.", fuhr er leise fort. "Unsere Liebe hält ihn nicht mehr ab. Sie ist nicht rein genug dafür. Doch er wird mich nicht töten. Weil ich mich nicht gegen wehre. Du hast zu mir gesagt, du liebst mich mehr als alles andere auf dieser Welt. Aber das stimmt nicht, da brauchst du dir oder mir nichts vorzumachen.", er schloss die leeren, zweifarbigen Augen. "Geh. Geh. Komm nie wieder. Ich werde lügen, Albus. Ich werde den Elderstab schützen. Aber nicht um deinetwillen." Er blinzelte und sah mich direkt an, seine Lippen verzerrten sich zu einem Grinsen. "Sondern für das größere Wohl. Für das Licht unserer Welt." "Liebst du mich nicht mehr?", flüsterte ich.
Gellerts Grinsen verblasste, er stieß den Atem aus. Dann hob er den Kopf höher, neigte ihn leicht zur Seite, immer noch mit der gleichen Eleganz wie er es immer getan hatte. "Natürlich. Aber es ist egal. Ich brauche deine Liebe nicht, die du mir so oder so nicht mehr gibst. Jetzt geh." Damit wandte er sich ab und verschwand in den Schatten. Fawkes stupste mich an, ich nickte und streichelte ihn. Dann gingen wir, um die Horkruxe zu finden und Tom aufzuhalten.
Und während ich ging, aus Nurmengard apparierte, wurde mir klar, dass Gellert das wirklich war:
Ein gebrochener Engel.
A broken Angel.

Only once more || Grindeldore FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt