3. Kapitel (Albus): Instabil

527 34 23
                                    

Die eisige Dunkelheit wurde jäh von einem Blitz weißen Lichts zerrissen, die Energie des Blitzes ließ mich erschaudern. Dann blinzelte ich. Der Himmel war ein wenig klarer geworden. "Oh, es hat geklappt. Sehr gut." Bei dem Klang von Gellert Grindelwalds Stimme wäre ich fast wieder in Ohnmacht gefallen. Ächzend stemmte ich mich hoch und fand mich Auge in Auge mit ihm wieder. Er kauerte neben mir im Sand, seine Brust hob und senkte sich heftig, sein Blick hatte etwas Abwesendes. "Was hast du getan?", rief ich, sobald ich meine Stimme wiedergefunden hatte. Zur Antwort verzog er das Gesicht, strich sich die Haare aus der Stirn und antwortete dann: "Nun ja, es sah eher schlecht für dich aus, nachdem der Blutpakt dich zu Boden geschickt hatte. In Anbetracht dessen, dass ich nicht gewillt bin, zu sehen, wie du an einem Blutschwur und nicht durch mich stirbst, habe ich dir meine Energie gegeben." Ach du je! "Wie viel?", fragte ich. "Na ja", er senkte, weiterhin um Atem ringend, den Kopf, schluckte "ich habe gerade genug zurückbehalten um nicht selbst zu sterben. Also, eigentlich alles, was ich nicht zum Atmen brauchte." Oha. Wow. Das war... lebensmüde! "Das war... verrückt.", stellte ich fest. Seine Augenbrauen schossen in die Höhe. "Ach, du wärst also lieber an der Magiewelle des Blutschwurs gestorben? Hmhm. Wie interessant. Stellt sich die Frage, wer von uns beiden hier verrückt ist.", der letzte Satz war eher für ihn selbst, als für mich. "Aber", fuhr Gellert fort und heftete seine Augen auf mich "es ist nicht zu leugnen, dass es gut ausgegangen ist." Als ich ihn fragend anblickte, hob er die eine Hand und offenbarte die Phiole. Weiterhin mit Rissen, aber sie glühte nicht mehr. Nur, was mich wirklich beunruhigte: Die Blutstropfen waren erstarrt, rührten sich nicht mehr. "Sie umkreisen einander nicht länger.", sagte ich leise. Er blinzelte, legte den Kopf schräg, biss sich auf die Lippe und nickte. "Stimmt.", murmelte er. "Jaaah. Was hat das zu bedeuten?" Nachdenklich hob Gellert den Blick und sah mich kurz reglos an. "Das heißt", erwiderte er dann "dass er immer noch instabil ist." "Instabil?", wiederholte ich zitternd.
"Ja."
"Und das heißt?", hakte ich nach. Seufzend strich er sich durch die Haare, seine Lippen verzogen sich zu etwas, das halb Lächeln, halb Grimasse war. "Das heißt, dass er beim geringsten Anlass genauso durchdrehen wird, wie gerade, als er die Magiewelle ausgesandt hat." "Oh. Nicht gut.", ich kam mir total blöd vor. Da lachte er. Schrill und kalt. "Nicht gut? Das meinst du hoffentlich nicht so. Denn... Nicht gut ist weit untertrieben. Ich würde sogar soweit gehen, es als Katastrophe zu beschreiben." "Warum? Was würde passieren, wenn wir uns erneut duellieren?", schoss ich zurück. Schlagartig verschwand jede Belustigung, jeder verzweifelte Spott, er durchbohrte mich mit seinen zweifarbigen Augen. "Dann", gab er mit einem Unterton zurück, bei dem mir plötzlich eiskalt wurde "würde mindestens einer von uns sterben." Nein. "Nein!", rief ich ungläubig. Für einen Moment sah er fast mitfühlend drein, doch dann wurde sein Blick wieder kalt, er zuckte die Schultern und sagte schlicht: "Doch." Dieses 'doch' schien den Himmel schwanken zu lassen, ich stieß die Luft aus und schüttelte heftig den Kopf. "Was ist?", fragte ich herausfordernd, als ich bemerkte, dass Gellert mich anstarrte. "Nichts.", er verzog das Gesicht und wandte den Blick ab, sah zur untergehenden Sonne. "Was hast du eigentlich mit den Auroren gemacht?", wagte ich zu fragen. Sofort flog sein Kopf zu mir herum, seine zweifarbigen Augen blitzten. "Sie durften baden gehen.", er grinste, während er sprach. "Was soll das denn jetzt schon wieder heißen?", genervt rollte ich mit den Augen, er seufzte. "Das bedeutet, dass ich zunächst eine Kuppel aus Wasser über ihren Köpfen erschuf, nur um sie dann einstürzen zu lassen. Dann sind sie disappariert. Zu meiner Verteidigung: Ich musste sie ja irgendwie loswerden. Denn es wäre nicht ideal, wenn sie gesehen hätten, wie ich meine Energie für dich opfere, oder?", er hob meinen Kopf an und zwang mich, ihn anzusehen. "Nein.", stimmte ich ihm zu. "Das wäre tatsächlich nur begrenzt ideal gewesen." "Sag ich doch.", flüsterte er, seine Augen loderten als er sich dichter zu mir neigte. Mich überlief es heiß und kalt zugleich. "Gellert-", begann ich, aber er legte einen Finger an meine Lippen. "Still. Nicht jetzt, wo ich das größere Wohl einmal vergesse." Ich schluckte und schwieg. Inzwischen war er mir so nah, dass ich seine Wärme spüren konnte. Das war zuletzt vor über dreißig Jahren der Fall gewesen. Ach, wenn doch nur- Nein. Das durfte nicht sein. Gellert ließ langsam die Hand sinken, wobei er mir sanft über die rechte Wange strich. Ich beschloss, gar nichts zu sagen. "Lass mich Travers töten.", sagte er plötzlich leise. "Bitte? Warum solltest du das machen?", antwortete ich irritiert. "Für dich. Vertrau mir. Nur noch einmal." Nur noch einmal. Nur noch einmal? "Ich... Das kann ich nicht. Das soll ich nicht.", flüsterte ich. Sekundenlang sah er mich an, ohne zu antworten. Schließlich erwiderte er erstaunlich sanft: "Aber du willst es." Ja, schon. Aber... Das... "Es soll nicht... Ich darf es nicht, ich... kann es nicht. Ich werde es nicht tun." Kaum, dass ich das gesagt hatte, bereute ich die Worte. Schmerz flammte in Gellerts Blick auf. "Du... wirst es nicht.", wiederholte er kaum hörbar, schloss für einen Moment die Augen und fragte dann: "Warum?" "Soll das ein Witz sein? Du fragst allen Ernstes warum?! Das gleiche warum, weswegen wir jetzt hier sind!", gab ich heftig zurück. Als er meinen Blick unverwandt erwiderte, meinte ich, etwas in seinen Augen zersplittern zu sehen. "Ist gut.", murmelte er, stand auf, den Elderstab in der Hand, ließ den Blutschwur in meinen Schoß fallen und disapparierte. Wie erstarrt blieb ich zurück, nahm langsam den Blutschwur hoch und starrte ihn nachdenklich an. Seine Wärme war verflogen, er war nun kalt wie Eis. Instabil. Gefährlich. Lebensgefährlich. Wobei... Warum hatte es eigentlich Gellert nicht umgehauen, als der Blutpakt sich gegen unseren Kampf gewehrt hatte? Hatte es vielleicht etwas damit zu tun, dass er den Elderstab hatte? Oder damit, dass er ein Schwarzmagier war? Beides wäre möglich. Entweder nur eines oder beide gemeinsam. Noch etwas ließ mir keine Ruhe: Warum hatte Gellert wirklich seine Energie für mich geopfert? Das er es schlicht deshalb getan hatte, um mich selbst töten zu können, nahm ich ihm nicht ab.

Only once more || Grindeldore FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt