23. Kapitel (Albus): Drei-Wege-Duell

292 22 15
                                    

Vertraust du mir? Mehr, als sonst jemandem? Genauso, wie du es damals getan hast? Gellerts Worte hatten in meinem Kopf ein unendliches Echo hinterlassen. Ich sah wieder das Flackern seiner Augen, als er um seine Verbindung zur Realität kämpfte. “Wenn ich jetzt ja sage, bringt mein Bruder mich um.”, überlegte ich laut. Gellert sah mich an, die Müdigkeit in seinem Blick machte mir Angst. “Woher soll er es erfahren?”, fragte er leise. “Ohh, Aberforth bekommt alles raus. Er wird so oder so nicht begeistert davon sein, dass wir hier Seite an Seite gekämpft haben. Es war schon schwer genug, vor ihm zu verbergen, dass ich mich schon in der Vergangenheit mit dir getroffen habe und wir miteinander gesprochen und uns nicht nur duelliert haben.” Seine Lippen kräuselten sich. “Super.”, murmelte er ironisch und sah die Klippen hinab. Im gleichen Moment schnappte er nach Luft, wich von der Kante zurück, sank auf die Knie und schloss die Augen, ihn schüttelte es. “Nein!”, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. “Nein! Das werde… ich nicht… zulassen!” Schwer atmend schlug er die zweifarbigen Augen wieder auf und blickte mich an. “Starling wird kommen.”, flüsterte er heiser. “Und er wird von deinem Freund Samson Abbott verlangen, dass er dich tötet.” Warte… was?! “Was?! Nein! Nicht dein Ernst!”, rief ich. “Oh doch!”, er kämpfte sich hoch und lachte bitter auf, der Wind fuhr ihm durch seine aschblonde Haarsträhne. “Du hattest eine Vision, oder?”, fragte ich. “Jaaaah. Und was für eine.”, er verdrehte die Augen, machte einen auf locker, aber mir entging nicht, dass er die Zähne immer noch aufeinandergebissen hatte, dass er zitternd nach Atem rang. Der Fluch. “Es ist der Fluch oder? Deine Visionen haben einen Teil von deinem mentalen Wall niedergerissen, hab ich Recht?”, fuhr ich fort. Gellert blickte mich reglos an, blinzelte, schluckte und nickte dann. “Ja. Haben sie.”, antwortete er dann mit rauer Stimme. “Meine Visionen vergiften mich, Al.”, setzte er flüsternd hinzu. Vergiften.
Ihre Magie wurde dunkler und fing an, sie zu vergiften.
Meine Visionen vergiften mich, Al.
Bei Ariana war es ihr Obscurus gewesen. Ariana. Ich starrte ihn an, wie er dastand, den Kopf erhoben, heftig nach Luft ringend, doch in seinen zweifarbigen Augen stand immer noch dieser gewisse Funke. Dieser Funke, der ihn zu Gellert Grindelwald machte. “Du weißt es.”, ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass ich da gerade sprach. “Du weißt es, Gellert. Du weißt, wer Ari getötet hat. Oder?” Blinzelnd wandte er mir seinen Blick zu. “Ja. Ich weiß es. Ich habe es gesehen.” “Wer war es?”, flüsterte ich erstickt. “Willst du das wirklich hören?”, fragte er und machte einen Schritt auf mich zu. “Ja.”, erwiderte ich und holte zitternd Luft. Gellert neigte den Kopf, sodass wir auf Augenhöhe waren, immer noch stand in seinen Augen ein müdes Flackern. “Sicher?” Auf seine Frage hin lachte ich auf. Viel zu schrill, viel zu zittrig. “Mach’s nicht noch schlimmer, als es ist!” “Gut. Werde ich nicht. Kurz und schmerzlos, ja?”, antwortete er und stieß langsam den Atem aus. “Tu’s.”, gab ich nur kurz zurück und fuhr dann fort: “Wer war es, Gellert? Wer von uns hat meine Schwester getötet?” Kurz schwieg er, blickte schwer atmend an mir vorbei. Dann gab er mir seine Antwort: “Dein Bruder.” Stille. Nur der Wind fuhr fauchend um Hogwarts’ Klippen. Ich rang um Worte, um meine Beherrschung.
Wer war es, Gellert? Wer von uns hat meine Schwester getötet?
Dein Bruder.
“Was!”, stieß ich schließlich hervor. Ein seltsames Lächeln umspielte seine Mundwinkel. “Ja.”, sagte er nur. “Aber… wie?”, hauchte ich entsetzt. Weiterhin lächelte er dieses seltsame Lächeln, als er erwiderte: “Dein Bruder hat mich gehasst und tut es immer noch, Albus. Am Abend des Drei-Wege-Duells wollte er mich töten. Also hat er den Todesfluch benutzt. Das weißt du. Und du weißt auch, was dann passiert ist.”, er schwieg. Ich schluckte. “Ich… Ich hab ihn mit Expelliarmus getroffen und er ist…” “Genau. Der Winkel hat sich verändert, weil dein Zauber ihn zwei Meter zurückgestoßen hat. In Folge dessen hat er mit dem Todesfluch nicht mich sondern Ariana getroffen.”, nun stieß er einen abgrundtiefen Seufzer aus. Verwirrt suchte ich seinen Blick. “Gellert… aber… Wenn das stimmt, und das tut es, daran zweifle ich nicht, dann… ist es doch auch meine Schuld. Schließlich hab ich ihn mit Expelliarmus erwischt.”, ich biss mir auf die Lippe und starrte auf das graue, windgepeitschte Meer hinab, dann sah ich wieder zu Gellert. Seine Gesichtszüge verzogen sich, als wüsste er genau, welches Entsetzen gerade mit heißen Wellen mein Blut zum Kochen brachte. Schuldbewusstsein. Er blinzelte, schien sich zu sammeln, jedes bisschen Kontrolle über seine Visionen zusammenzusuchen, das er noch hatte. Dann umfing er sanft mein Gesicht mit seinen Händen, heftete seine zweifarbigen Augen auf meine und flüsterte: “Sag das nicht, Al. Du hast deinen Bruder nicht gezwungen, Avada Kedavra gegen mich zu verwenden. Es war sein Hass, seine Entscheidung. Und du… Du wolltest…”, er brach ab, schloss flackernd die Augen, ihn schüttelte es. Nein. Nicht der Fluch. Doch, natürlich. “Ich wollte dich nur beschützen.”, ergänzte ich fast unhörbar. “Das wolltest du.”, antwortete er, ich konnte seine Worte über den Wind hinweg kaum hören. “Weiß er es? Dass er Ariana…?”, meine Stimme erstarb. Ein abwesendes Glänzen stand in seinen Augen, als er mich nun anblickte. “Keine Ahnung. Möglich wäre es. Ich könnte es herausfinden.” “Könntest du?”, hakte ich nach und legte den Kopf schräg. “Ja.”, gab er zurück, jegliche Betonung war aus seinen Worten gewichen. “Könnte ich.” Ich zögerte. Wenn ich Gellert jetzt zustimmte, und ihm erlaubte, die Gedanken und insbesondere Erinnerungen meines Bruders zu lesen und er es herausfand und zusätzlich dann auch noch erfuhr, dass ich es Gellert ‘erlaubt’ hatte, würde Aberforth höchstwahrscheinlich versuchen, mich umzubringen. Aber andererseits… Ich musste wissen, ob er es wusste; dass sein Todesfluch Ari getötet hatte. Also gut. “Ich werd’ dich nicht dran hindern.”, sagte ich leise. Sein Blick flackerte, als er mich prüfend musterte. “Sicher?” “Sicher.”, erwiderte ich nur. “Gut. Dann… Gib mir noch einen Moment. Ich muss meine Visionen nochmal zurückdrängen. Sonst überfallen sie mich, während ich im Kopf deines Bruders bin. Und das wäre suboptimal.”, heftig blinzelnd holte er tief Luft. “In Ordnung. Ich fange an.”, verkündete Gellert zehn Sekunden später und schloss die verschiedenfarbigen Augen. Seine Atemzüge wurden ruhiger, als er sich von der Wirklichkeit löste und seine mentale Stärke in die Gedanken meines Bruders trieb. Mich beschlich ein schreckliches Gefühl, eine grauenhafte Vorahnung. War das, was wir hier taten, wirklich akzeptabel? Denn um den Geist eines anderen zu erforschen, musste man die Realität loslassen. Und es gab etwas, das nur auf diese Gelegenheit wartete. Der Fluch des Zweiten Gesichts.

Only once more || Grindeldore FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt