72. Kapitel (Gellert): Der Pakt der Dämonen

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Sie haben uns gefunden.
Nein!
Oh doch.
Es war sonnenklar gewesen.
Wie hatte ich nur so blind sein können!
Obwohl ich bereits seit einer halben Stunde wieder in der Lage war, den Elderstab zu halten, hatte ich noch kein einziges Wort zu Albus gesagt.
Zu tief war der Riss, der sich durch unser Band zog. Und das nur, weil ich ihm nicht gesagt hatte, dass ich vor vierzig Jahren gesehen hatte, wie das Drei-Wege-Duell ausging und dass ich ging. Verschwendung! Eine Verschwendung meiner Worte war es gewesen, ihm die nachfolgenden Sätze zu sagen. Ich biss die Zähne zusammen und rief mit einem Schnippen des Elderstabes einige Flammen meines geliebten, blau-weißen Dämonfeuers herbei. Zu spüren, wie sie leise flüsternd, leise zischend, aus dem Boden entsprangen und sich dann sanft um meine Finger wanden, als ich mich vor sie am Boden niederließ, war mehr als beruhigend für meine angespannten Nerven.
Meister., flüsterte das Feuer. Symiri., erwiderte ich lautlos. - Lehrlinge.
Eldarí, hyrvon fhyrmae?, die Flammen fauchten leise, als Albus von einem Bein auf das andere trat. - Meister, was nun?
Jamilya jayntare inymzyr, symiri., ich lächelte und strich behutsam über die Spitzen der züngelnden Flammen. - Habt nur Geduld, Lehrlinge.
Hyrvon ilenai zymir tharmaen, eldarí?, das Feuer flackerte unruhig. - Was hat sie getan, Meister?
Sie. Coral Everdal.
Dieses Mal lautsprachlich und in Englisch, nicht in der Runensprache, gab ich meine Antwort: "Coral Everdal hat einen Pakt mit den Dämonen geschmiedet."
Darauf spritzte das Dämonfeuer beunruhigte Funken, Albus erstarrte und fragte langsam, ohne mich anzusehen: "Was?" "Ja.", sagte ich und setzte in Gedanken hinzu: Fhyrmae lertfyr, symiri. - Geht nun, Lehrlinge. Das Feuer wurde kleiner. Hantjar cyrnamy halxiry, eldarí. Das ließ sich ungefähr, aber nicht mehr genau, übersetzen mit: Euer Befehl ist unser Schicksal, Meister.
In Funken verschwand es und ich stand auf.
"Es waren Dämonen, Albus. Mehrere. Viele. Was glaubst du, wäre sonst stark genug, mich zu verletzen?"
Er stieß den Atem aus, mit einer Spur Verachtung, doch seine Stimme war ruhig: "Haben die Heiligtümer dich nicht beschützt?"
"Doch.", ich strich mir meine aschblonde Strähne aus dem Gesicht und spielte mit dem Elderstab. "Den Heiligtümern habe ich es zu verdanken, dass ich es überhaupt überlebt habe. Es waren zuviele Dämonen für meinen Patronus. Acht Dämonen gegen einen einzelnen Patronus." Sachte schüttelte ich den Kopf. "Das war zuviel für uns." "Uns?", wiederholte er. "Seit wann sprichst du in irgendwelchen Dingen von 'uns' oder gar 'wir'?" "Was.", fragte ich langsam. "Hast. Du. Gerade. Gesagt."
"Du hast mich ganz genau gehört!", flüsterte er. Ich wandte ihm den Blick zu, einige Sekunden lang funkelten wir uns an, dann seufzte er und schüttelte den Kopf. "Wie soll ich dir je wieder vertrauen können?", seine Stimme war nur ganz leise, fast unhörbar. Gelassen lehnte ich mich an die Wand hinter mir und musterte ihn von Kopf bis Fuß. "Ist das dein Ernst?", gab ich zurück. "Nur deswegen?"
"Nur?! Du nennst es nur?! Ich dachte... du würdest mich nie wieder anlügen!", Schmerz lag in seinen Worten. "Ich habe dich nicht angelogen. Ich habe dir lediglich etwas verschwiegen.", erwiderte ich, frostiger als zuvor. "Das kommt auf das absolut gleiche raus!", er verengte die Augen und taxierte mich. "Gut.", antwortete ich, nun eiskalt. "Dann ist es wohl besser, ich gehe. Wenn du mir so oder so nicht mehr vertraust!", ich stieß mich elegant ab und entfernte mich. Doch dann drehte ich mich noch einmal um. "Ach ja, vergiss nie: Fyrtan eiras nymolvyr! Ich gehe jetzt. Aber ich werde wiederkommen, verlass dich drauf! I'm coming for you." Damit ging ich endgültig. Weg. Nur weg von hier. Weg von... ihm.
In Nurmengards Vorhof blieb ich stehen, sah die unendlich langen Linien hinauf und flüsterte: "Arym sdynjyr, Nurmengard." - Bis bald, Nurmengard. "Lhymarea myran." - Mein Zuhause.
Dann rief ich die Heiligtümer zu mir und disapparierte. Die Dämonen würden wiederkommen. Nur, dass sie dieses Mal nicht mich sondern Albus angreifen würden. Vermutlich würde er... es nicht überleben. Mir wurde eiskalt. Ich wollte seinen Tod nicht. Bei meinen geliebten Heiligtümern des Todes, nein. Aber ich ließ auch nicht zu, dass er mir mit so etwas kam. Auch wenn mir bewusst war, dass ich nun den Riss zwischen uns weiter gespalten hatte.
Egal.
Für einen Moment schloss ich die Augen, hörte nur das leise Flüstern der Heiligtümer in der Sprache der Runen.
Erneut rief Protego Diabolica herbei.
"Symiri.", begrüßte ich sie sanft.
Eldarí., flüsterten sie und züngelten über das Gras. Jyma freynja gharyx? - Warum habt Ihr uns gerufen?
"Symiri. Âllë vharanjaya meyaram! Lyntiris meyaram! Jamjalé ledharea meyaram!", ich warf den Kopf hoch. Das, was ich gesagt hatte, ließ sie nicht mehr genau übersetzen, aber noch am ehesten mit: 'Lehrlinge. Lasst sie ausbluten! Lasst sie sterben! Lasst sie um Gnade flehen!'
Die blau-weißen Flammen bildeten einen Drachen, der nun die gewaltigen Flügel ausbreitete. Hantjar cyrnamy halxiry, eldarí. Auch wieder nur ungefähr zu übersetzen mit 'Euer Befehl ist unser Schicksal, Meister.'
Ich lächelte. "Inovyr." - Danke.
Blaue Funken spritzten, als der Drache sich in den Himmel schwang und davonglitt.
I'm coming for you.
Ja.
Es war vollbracht.
Hoffentlich.
Natürlich könnte sie meine Flammen abwehren. Verschwinden lassen. Aber das war das praktische an Flammen, insbesondere an denen des Dämonfeuers. Sie starben nicht. Nein. Sie zogen sich immer nur zurück. Der Name Dämonfeuer war irreführend., stellte ich fest. Denn das Dämonfeuer war nie von den Dämonen erschaffen worden. Es war eine Erschaffung der Schwarzmagie selbst, als sie angefangen hatte, sich zu sträuben, selbst zu 'denken'. Dunkle Magie, ja. Jedoch eine, die noch mehr nach Macht schmeckte, als jede andere. Einen Moment lang genoss ich dieses Gefühl, ließ meine dunkle Seite leise schnurren. Dann gebot ich mir wieder Einhalt. Immerhin hatte ich ja nicht vor, noch einmal ein Schwarzmagier zu werden. Nein. Nie wieder. Diese Zeit war vorbei. Ein für allemal und ich wusste das.
Die dunkle Magie wusste das.
Meine dunkle Seite wusste das.
Mit einem lautlosen Seufzen fuhr ich mir mit allen zehn Fingern durch die Haare. "Oh Gina. Was soll ich tun?", flüsterte ich. "Sag es mir. Ich will nicht riskieren, dass... die Dämonen ihn umbringen, wenn sie wiederkommen. Das würde ich mir nie verzeihen. Aber was er gesagt hat! Und das nur weil ich ihm vor vierzig Jahren... nicht gesagt habe, dass ich... es gesehen hatte. Das ist doch Unsinn!"
War es. Absoluter, kompletter Unsinn! Hoffentlich würde er das selbst merken. Denn ich würde ihm das ganz sicher nicht sagen. Weil das würde alles nur noch schlimmer machen.
Im nächsten Moment zeichnete sich, Funken spritztend und blau-weiß leuchtend, mein Drache am Himmel ab. Er landete vor mir und faltete die Flügel. "Hharjam venthyrc, symiri?", fragte ich. -Wie lief es, Lehrlinge?
Der Drache zerfiel zu den einzelnen Flammen.
Emahem, eldarí., antworteten sie, leise knisternd. - Sehr gut, Meister.
"Thrâïy fhyrrem myran, symiri.", sagte ich. - Berichtet mir weiter, Lehrlinge.
Das Feuer züngelte kurz schweigend. Vynvarey valir skeljari, eldarí., erwiderte es schließlich. - Sie sind tot, Meister.
"Emahem hvranthar, symiri.", ich lächelte. - Sehr gut gemacht, Lehrlinge. Die Flammen flackerten geschmeichelt. Inovyr, eldarí. Anjham syntirss., wisperten sie. - Danke, Meister. Gerne wieder. Ich strich einmal sanft durch das Feuer, bevor ich fortfuhr: "Fhyrmae lertfyr, symiri." - Geht nun, Lehrlinge. 
Darnyv, eldarí., murmelten sie und erloschen. - Natürlich, Meister.
Zufrieden richtete ich mich auf und fuhr zärtlich jede einzelne Kerbe des Elderstabes nach.
Gellert?
Vor Schreck zuckte ich zusammen. Bei den gewaltigen Heiligtümern des Todes!
Was willst du?, meine Gedankenstimme klang hart.
Ich... weiß nicht. Es ist nur..., er zögerte. Kannst du kommen?, fragte er dann.
Ich schnaubte. Und warum? Ist es wichtig?
Ja., er seufzte tief. Also? Kommst du? Bitte.
Bitte.
Dieses Wort schmerzte mich wie ein Messerstich. Von mir aus., ich zog den Elderstab, während ich ihm meine Antwort gab. Dann disapparierte ich.
Im Innenhof von Nurmengard tauchte ich wieder auf und lehnte mich genüsslich an die Stahlstreben. Ich bin da., sandte ich ihm durch unsere okklumentische Verbindung. Gut., erwiderte Albus, doch dann wurde seine Gedankenstimme leiser. Danke.
Danke mir nicht zu früh., gab ich frostig zurück. Was ist, kommst du jetzt oder kann ich wieder gehen?
Ja, ich... ich komme., er holte tief und zitternd Luft.
Kaum, dass ich den Hauch seiner Anwesenheit spürte, richtete ich meine Aufmerksamkeit auf ihn. "Da bist du.", sagte ich gedehnt.
"Ja. Bin ich.", antwortete Albus leise, sein blauer Blick wich mir aus. Ich verengte die Augen und musterte ihn. "Also? Was ist?"
Darauf schwieg er einige Sekunden lang.
"Es... war ungerecht von mir.", gab er schließlich zurück. "Korrekt. War es, Albus. Mehr als das.", ich senkte die Stimme. "Es tat weh. Es tat mir weh.", nun nagelte ich seinen Blick mit meinem fest, unerbittlich wie eine Katze ihre Beute. "Ich habe gelogen, ja. Um genauer - und exakt - zu sein, habe ich geschwiegen. Über etwas, über das ich vielleicht nicht hätte schweigen sollen. Aber sage mir, was hätte sich geändert, wenn ich es nicht getan hätte? Was hätte es geändert? Würde Ariana noch leben? Wäre ich geblieben? Nein. Weder das eine noch das andere, Albus. Weder noch." "Ich weiß.", er seufzte. "Trotzdem. Du hättest nicht schweigen dürfen. Schweigen sollen." "Hätte ich nicht?", ich stieß langsam den Atem aus. Dann schloss ich die Augen und suchte jede einzelne Emotion, die mit Gina zusammenhing. "Ich hätte dir also sagen sollen, dass ich gehen würde?", fragte ich, ohne zu blinzeln. "Hättest du.", stellte er fest. "Natürlich.", murmelte ich ironisch. "Was sonst? Es ist ja nicht so, dass das dann noch viel mehr Fragen aufgeworfen hätte. Zum Beispiel, warum ich gehen würde. Glaubst du ernsthaft, ich hätte dir damals schon von Gina erzählen können, selbst wenn ich es gewollt hätte?"
"Wäre das so schwer gewesen?"
Bitte was?! "Hast du das gerade allen Ernstes gesagt?", flüsterte ich, schlug die Augen auf und fixierte ihn. "Ja? Nun... Versuche es doch mal damit!" Mit diesen Worten band ich sein Bewusstsein an meines und ließ das Band reißen, dass meine Gefühle von seinen trennte. Jetzt fühlte er, was ich fühlte. Um genauer zu sein, fühlte er das, was ich gefühlt hatte, als Gina gestorben war. Als sie mir entrissen worden war und nichts anderes hatte tun können als zuzusehen.
Angst, Schmerz, Hass, Trauer, Verrat, Enttäuschung, Zorn und ein unendliches Maß an Selbstverachtung.
Entsetzt riss er die Augen auf.
"Nein.", seine Stimme war nur ein kaum hörbares Flüstern. "Oh, doch. Ich konnte und wollte es dir nicht sagen. Niemals. Nicht nur um meinetwillen. Sondern auch für dich. Es hätte dein Vertrauen in mich erschüttert, zu einem Zeitpunkt, da dies noch nicht vorgesehen war, Al. Das durfte nicht sein.", antwortete ich und riss meine Gefühle wieder zu mir zurück. Er blinzelte mehrmals. "Verzeihst du mir?", er schluckte.
Ich senkte den Kopf und atmete tief ein. "Ja. Immer. Egal, was du tust. Egal, was du sagst. Das weißt du."
Die widerstreitenden Gefühle spiegelten sich in seinen Augen, dann trat ich zu ihm und küsste ihn. "Du hast sie geliebt.", sagte er leise, als wir uns trennten. "Mehr als alles andere auf dieser Welt. Ich liebe sie immer noch.", gab ich sanft zur Antwort. "Ja, ich weiß.", mit einem Seufzen lehnte er den Kopf gegen meine Schulter. Eine Weile lang schwiegen wir, dann fragte Albus: "Wie hast du das vorhin gemeint? Hat Coral Everdal wirklich einen Pakt mit Dämonen geschmiedet?"
"Hat sie. Es waren acht, die mich angegriffen haben. Ihre Worte an mich waren 'Die Meisterin hat uns geschickt.' Nun, und diese Meisterin ist Coral Everdal. Das spüre ich. Sie benutzt die Dämonen um uns aus Nurmengard herauszubekommen, damit sich meine Vision erfüllen kann. Die mit Obliviate. Auch wenn sie nicht weiß, dass wir das wissen.", erwiderte ich. "Verbrecherin.", er sah mich an und ich konnte die Wut auf die Leiterin der Abteilung für magische Strafverfolgung aus seinem Blick lesen. "Das absolut.", stimmte ich ihm zu. "Einen Pakt mit Dämonen. Wie funktioniert das überhaupt? Und sag mir jetzt nicht, dass du's nicht weißt!", Albus zog die Augenbrauen leicht nach oben. Darauf grinste ich fast unmerklich und nur halb fröhlich. "Natürlich weiß ich es.", ich dachte kurz nach, bevor ich meine Erklärung begann. "Dämonen wollen nichts lieber als Blut. Sie leben davon, wenn du es so willst. Aber es kommt nicht oft vor, dass sie welches trinken. Nur alle paar hundert Jahre. Sie sind äußerst mächtig und äußerst schwarzmagisch. Wenn sie erwachen, gieren sie nach Blut und sind bereit, so ziemlich alles zu tun, wenn sie nur menschliches Blut bekommen.", ich machte eine Pause.
Blinzelnd blickte er an mir vorbei und benetzte seine Lippen. "Und Coral Everdal hat...?"
"Ich denke schon. Wir haben allen Grund, davon auszugehen, dass sie einige Dämonen entweder geweckt hat - wobei sich hier die Frage stellt, wen sie als Menschenopfer benutzt hat - oder das mehrere aufgewacht sind. Wobei es unüblich ist, das acht auf einmal erwachen. Allerdings dürfen wir in beiden Fällen davon ausgehen, dass sie ihnen unser Blut versprochen hat. Nun, und dass sie weitere Dämonen wecken will."
Kaum, dass ich das gesagt hatte, riss er die Augen auf. Blankes Entsetzen zeichnete sich darin ab. "Nein!", stieß er tonlos hervor. "Das kann sie nicht tun... Das darf sie nicht tun!"
"Was darf sie nicht tun?", hakte ich nach. Er zögerte. "Brauchen... Dämonen immer ein Menschenopfer, um geweckt zu werden?", fragte er dann. "Ja.", ich nickte kurz.
"Merlin, nein.", für einen Moment schloss Albus die Augen. "Gellert, Coral Everdal hat Lissa! Sie hat sie! Und sie hat gesagt, dass sie sie umbringt!"
Oh.
Oh-oh.
Das war... mehr als eine Katastrophe. "Du meinst", vergewisserte ich mich "dass Melissa Coral Everdal als nächstes Menschenopfer für das Erwecken weiterer Dämonen dienen soll?" Unendlich langsam nickte er, ich biss mir auf die Lippe. "Nicht gut. Katastrophal. Mehr als das.", urteilte ich. "Absolut.", seine Miene verdüsterte sich. "Ich fürchte, deine Obliviate-Vision muss sich erfüllen, Gellert. Denn ich habe keinesfalls vor, hier zu stehen und tatenlos zuzusehen, wie Coral Everdal Melissa unbringt. Ich gehe ins Ministerium, suche sie, finde sie und befreie sie.", entschlossen hob er den Kopf. "Nein, wirst du nicht.", widersprach ich ihm sofort. "Willst du mich etwa dran hindern?", fragte er, so sanft, dass es eine Drohung war. "Nicht du.", setzte ich unbeeidruckt hinzu. "Wir. Denkst du ernsthaft, ich lasse dich alleine? Eher breche ich den Elderstab eigenhändig in Stücke. Nein, Al. Wir machen das. Nicht du alleine."
Auf meine Antwort hin richtete Albus seine blauen Augen unendlich langsam auf meine zweifarbigen. "Das würdest du tun?", er verzog das Gesicht und schluckte. "Ich würde alles für dich tun.", gab ich leise zur Antwort. Einige Sekunden lang sah er mich nur an, rang offensichtlich um Worte und schüttelte schließlich den Kopf. "Du bist... unglaublich. Danke."
"Immer.", erwiderte ich sanft.
Nach einigen Momenten der Stille stieß ich den Atem aus. "Es ist meine Schuld. Alles.", sagte ich anschließend, warf den Kopf hoch, verengte die Augen und sah an ihm vorbei. "Wie 'alles'?", hakte er nach, als ob er noch nie von so etwas wie 'Schwarzmagie' oder dergleichen gehört hätte. "Alles.", wiederholte ich schlicht. "Nichts von alldem hätte geschehen müssen, wenn ich nicht zugelassen hätte, dass mein Hass mich so vergiftet." "Du warst fünfzehn, Gellert. Du warst-"
"-ein Kind?", ich ließ ihn seinen Satz nicht beenden. "Ja, Albus, das war ich. Fünfzehn Jahre jung und doch wusste ich, welche Macht mein Hass über mich haben konnte. Ich habe ihn um deinetwillen bezähmt. Ich wusste schon damals, als es alles nur Theorie war, eine verrückte Theorie, die wir beide uns ersonnen hatten, dass die Umsetzung viel Blut vergießen würde. Und doch war ich bereit, es zu tun. Ich kannte keine Grenzen mehr, war fest entschlossen, das Unmögliche möglich zu machen. Aber ich wusste, dass der Schmerz und das Leid meiner Revolution folgen würden wie ein Schatten. Hat es mich gekümmert? Nein. Ich wollte die Muggel unterwerfen, sie töten. Ihr Blut fließen lassen, wie das meiner Schwester floss. Mir war das alles klar. Das unzählige sterben würden, zu beiden Seiten. Sowohl auf unserer, als auch auf der der Muggel. Es hat mich nicht aufgehalten. Weil es mir egal war. Denn ich war bereit, jeden Preis zu zahlen, den ich zahlen musste, solange ich nur die Rache für meine Schwester bekam. Und wenn ich die ganze Welt, die magische und die nicht-magische, hätte niederbrennen müssen, dann... Dann hätte ich es getan. Ich hätte und habe so ziemlich alles getan. Für das größere Wohl. Für meine Rache an den Muggeln. Und weil ich es getan habe, Al, sind wir jetzt hier. Hier, an diesem Punkt, da Coral Everdal dir ans Leben will. Wie ich schon sagte: Es ist meine Schuld. Alles." "Hör auf. Hör auf damit! Das stimmt nicht!", protestierte Albus. "Tut es nicht?", ich zog die linke Augenbraue nach oben und schüttelte leicht den Kopf. "Nicht ganz.", fuhr er fort. "Denn ja, du hast das alles getan - du hast Unmengen von Blut vergossen, bei denen ich mich bis heute frage, wie deine Seele das aushält. Aber vergiss nicht, dass Ministerium genauso viel Blut vergossen hat. Unnötiges, unschuldiges Blut. Ja, auch das hast du getan. Jedoch tat das Ministerium es zu einem Zeitpunkt, als das längst nicht mehr... relevant war. Nicht, was dich betrifft. Sie tun es wegen mir. Weil sie mich hassen."
"Sie hassen dich, weil du mich liebst, weil ich getan habe, was ich getan habe.", ergänzte ich flüsternd. Gleichgültig zuckte er die Schultern. "Coral Everdal kann mich gern für meine Liebe zu dir hassen. Sie kann dich gern dafür hassen, was du getan hast. Das alles rechtfertigt nicht, was sie tut. Und vor allem ist es kein Grund, warum ich dich weniger lieben sollte, als ich es tu." "Wie du meinst.", ich blinzelte, sah ihn an und musterte ihn kurz. "Jetzt komm. Lass uns Melissa retten. Bevor Coral Everdal ihr noch etwas antut."
Schlagartig verdüsterte die Angst seinen Blick. "Ja. Gehen wir.", erwiderte er tonlos. Ich lächelte leicht und hielt ihm die Hand hin. Er ergriff sie und ich zog ihn mit einer einzigen Bewegung so dicht an mich heran, dass meine Lippen beinah seine berührten. "Hör mir zu, Al. Ich weiß nicht, was Coral Everdal vorhat und was sie tun wird, sobald sie uns beide sieht. Vergiss nicht, dass ich die Macht der Heiligtümer hinter mir vereine. Wenn sie ein Duell will, soll sie es mit mir tun. Ist das klar?" Kurz sah er mich zögernd an. Doch schließlich nickte er. "Klar.", antwortete er kurz. "Hervorragend.", ich lächelte erneut. Ein Lächeln voller Kälte, Charisma, Ehrgeiz und Entschlossenheit. Dann disapparierten wir.
Und mein einziger Gedanke galt Coral Everdals Blut, das hoffentlich bald in heißen Tropfen den weißen Marmorboden des Ministeriums benetzen würde.
Sie hatte ein Bündnis mit Dämonen geschlossen.
Aber ich war immer noch Gellert Grindelwald und der Meister des Todes.

Only once more || Grindeldore FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt