29. Kapitel (Albus): Hass

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Ich konnte nicht anders.
Ich konnte nichts anderes tun als ihn entsetzt anzusehen. Denn das, was er mir da gerade erzählt hatte, war schlimmer, als alles, was ich mir hatte vorstellen können. Gellert blickte mich an und ich erschrak gleich nochmal. In seinen zweifarbigen Augen schimmerten Tränen. "Ich muss und werde die Welt der Muggel genauso niederbrennen, wie sie das Leben meiner Schwester niedergebrannt haben. Etwas anderes haben sie nicht verdient." Dazu sagte ich nichts, eine andere Frage drängte sich in den Vordergrund, auch wenn sie eigentlich unwichtiger war: "Deine Eltern haben dich geschlagen?" Er stieß mit einen verächtlichen Zischlaut den Atem aus. "Geschlagen ist kein Ausdruck. Sie haben ihre Zauberstäbe benutzt um zu sehen, wie sich Blutrot auf Ebenholzparkett macht. Sie kamen offenbar zu dem Ergebnis dass es ihnen gefällt. Denn nun ja...", er hob den Kopf höher, sein Finger fuhr jene Narbe hinab, die sich von seiner Kehle bis zu seinem rechten Schulterblatt zog, das wusste ich. "Das war kein Unfall, Albus. Das war mein Vater. Es war seine Strafe dafür, dass die Muggel Gina und nicht mich getötet haben." "Wie bitte?! Du warst - bist - sein Sohn, wie kann er dich so sehr hassen!?", nun war ich erstrecht schockiert. Ein bitteres Lächeln zuckte um seine Lippen. "Nicht nur er. Meine Mutter war genauso schlimm. Du erinnerst dich an die Narbe quer über meinen Rücken? Das war sie. Aus dem gleichen Grund. Sie haben mich beide gehasst. Für das, was ich bin. Dafür, dass ich ihr Sohn bin. Dafür, dass meine Augen zwei verschiedenfarbige Augen haben. Dafür, dass ich 'abnormal', 'unnatürlich' bin, wie sie es ausdrückten.", in seinen Worten lag nichts anderes als bitterer, verachtungsvoller Hass. "Unnatürlich? Abnormal? Warum?", ich zog die Augenbrauen hoch. Sein bitteres Lächeln vertiefte sich. "Weil ich mich nicht in ein weibliches Wesen verlieben kann. Weil ich mich nunmal zum gleichen Geschlecht hingezogen fühle. Deswegen. Ein weiterer Anlass für meine Eltern, mich zu hassen." "Das ist verrückt!", war das einzige, was ich dazu sagen konnte. "Sag das nicht mir!", er lachte auf. Ein bitteres Lachen voller Schmerz. "Wobei meinen Eltern", setzte er hinzu und aus seinem Lächeln wurde ein äußerst gefährliches Grinsen "kannst du es auch nicht mehr sagen. Weil... Nun denn wie soll ich es sagen? Sie sind tot." Oh nein. Mir schwante das Schlimmste. "Hast du sie umgebracht?", fragte ich flüsternd. Darauf warf er den Kopf zurück und lachte erneut. Arrogant. Größenwahnsinnig. Es war das Lachen, dass ich in den letzte vierzig Jahren viel zu oft gesehen, beziehungsweise gehört hatte. "Ja. Das habe ich, Albus." Ein Hauch seine Bewusstseins streifte meines. Einn Momen zögerte ich, dann ließ ich zu, dass seine Erinnerung vor meinem inneren Auge Gestalt annahm.

Gellert stand vor einem absolut riesigen Haus. Seine blonden Locken fielen ihm bis auf die Schultern. Er war ungefär 15, würde ich schätzen. Nun stieß er den Atem aus und ging weiter. "Wo ist Gina?", rief eine herrische Stimme. Er blieb stehen und strich sich mit der linken Hand seine Haare aus dem Gesicht. "Sie... Sie wurde... entführt.", erwiderte er, seine Worte bebten. "WAS?! Komm sofort her!", donnerte die Stimme. Blinzelnd verharrte er einen Moment, biss sich auf die Unterlippe, so fest, dass es blutete. Mit ein Seufzen leckte er sich das Blut von den Lippen und drückte den Rücken durch. "Ich BIN da, Mutter.", sagte er. Aus dem nichts, offenbar war sie disappariert, tauchte eine Frau vor ihm auf. Unverkennbar seine Mutter. Schwarze Haare, eine aschblonde Strähne. Ehe Gellert einen Schritt zurückweichen konnte, gab sie ihm eine Ohrfeige. Und noch eine. Mindestens sechs. "Was hast du gesagt?", zischte sie. "Wiederhole es! Sofort!" In seinen ungleichen, verschiedenfarbigen Auge glänzten Tränen des Zorns. "Gina wurde entführt.", wiederholt er heiser. Kurze Stille. Dann: "BITTE?! DU! Du... Versager!!!", fauchte sie und zückte den Zauberstab. "Naryc!" "Ich komme!", rief eine dritte Stimme und in der gleichen Sekunde war sein Vater an die Seite seiner Mutter appariert. Nebeneinander starrten sie ihren Sohn voller Hass, Verachtung und Abscheu an. "Crucio!", rief sein Vater plötzlich. Voller Schmerz zog Gellert die Luft ein, er zitterte, ging aber nicht zu Boden und gab keinen Ton von sich. "Wo Ist. Gina? Los, raus mit der Sprache, du nichtsnutziger, wertloser, abnormaler, fehlgeschlagener Versuch!", die Augen seines Vaters waren eiskalt. "Ich weiß es nicht.", antwortete Gellert, die Stimme gepresst vor Schmerz. "Die... Sie... Die Muggel haben sie.... entführt." "Und du hast es nicht verhindert?!", kreischte seine Mutter und klang nun wie eine absolute Psychopathin. "Ich konnte nicht!", stieß er hervor. "Warum? Sag!", seine Mutter spuckte ihm die Worte fast schon ins Gesicht. "Ihr habt mir befohlen, meinen Zauberstab nicht mitzunehmen.", trotzig hielt er dem kalten Blick seiner Eltern stand. "Weil ich es ja nicht wert wäre. Ich habe es nicht getan. Und jetzt ist Gina fort, weil ich sie nicht mit Magie beschützen konnte." "Gibst du etwas uns gerade die Schuld an deinem Versagen, du... du... Monster?", fuhr sein Vater, Naryc Grindelwald ihn an. Gellert zuckte zusammen, für einen Moment weiteten sich seine Augen, er schluckte heftig. "Nein.", antwortete er dann erstickt. "Das würde ich dir auch nicht raten!", knurrte Vylanara Grindelwald. Dann ließ sein Vater den Zauberstab schnippen. In der gleichen Sekunde keuchte Gellert vor Entsetzen auf. Blut rann an seiner Kehle hinab. Ein weiteres Aufblitzen, dieses Mal zog er scharf den Atem ein. Ohne es zu sehen wusste ich, dass das die Wunde gewesen war, die sich quer über seinen Rücken zog. "Crucio!", flüsterte nun seine Mutter, ihre Stimme war von Hass durchtränkt. Seine Gesichtszüge verzerrten sich, so sehr musste er sich offenbar am Riemen reißen, um nicht zu schreien. Einige Moment verstrichen, in denen Naryc und Vylanara ihn kalt musterten. Dann, ohne ein weiteres Wort, wandten sie sich von ihm ab und verschwanden. Schwer atmend starrte Gellert ihnen nach, dann ließ er sich auf die Knie fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Ein Schluchzen schüttelte ihn. "Es tut mir so leid, Gina. Aber ich verspreche dir, ich werde dich finden."", murmelte er schließlich, hob den Kopf und wischte sich die Tränen ab. "Die Muggel werden büßen. Sie werden sich uns unterordnen müssen. Ich schwöre es dir, Gina." Fast unhörbar setzte er hinzu: "Ich liebe dich, Schwester."

Mit einem Ruck trennte Gellert das Band zwischen uns. Blinzelnd schlug ich die Augen auf. Reglos sahen wir uns an. Wortlos.

Only once more || Grindeldore FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt