44. Kapitel (Gellert): Licht und Schatten

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Es war eine Erinnerung.

27.4.1939
Der Dämon fletschte die Zähne und knurrte, woraufhin der weiße Marmor Risse bekam, alles zitterte. Nicht so die Heiligtümer. “Stirb!”, knurrte der Dämon. Ach, er meinte mich! Ich verzog die Lippen zu dem kältesten Lächeln, das ich jemals gelächelt hatte und jemals lächeln würde. “Never say die.”, flüsterte ich und rief mit dem Elderstab nach der Alten Magie. Willig gehorchte sie dem Ruf des Einen. Der Dämon wich dem Wirbel aus Magie aus und ließ seinerseites eine Welle an Schwarzmagie auf mich zuströmen. Doch ich hatte lange genug in den Schatten gewandelt. Sie machte mir nichts aus. Es entspann sich das größte Duell in der Geschichte der Zaubererwelt. Er wich aus, ich wehrte ab. Ich wusste, dass ich warten musste, bis er zu müde zum Ausweichen. Aber halt… Vielleicht brauchte ich auch etwas anderes? Etwas mit mehr… Licht. Der Dämon, das wusste ich, war nichts als reine Schwarzmagie. Wenn ich jetzt mit dem stärksten, weißmagischen Zauber antwortete? (Immer dieses Schwarz und Weiß, das regte mich immer noch auf). Ein Versuch wäre es wert, denn mehr als nicht klappen konnte nicht passieren., beschloss ich. Entschlossen hob ich den Elderstab: “Expecto patronum!” Schon als ich die Worte aussprach, taumelte der Dämon zurück. Silberfäden schwebten durch die Luft, der Phönix stieß einen Schrei aus und glitt im Tiefflug über den Dämon hinweg. Dessen Reaktion fand ich höchst erfreuend und seltsam zugleich: Er duckte sich und schnappte nach meinem Patronus, doch seine spitzen Zähne drangen einfach durch den Phönix hindurch. Natürlich, es war ja auch ein Patronus, dachte ich und lächelte. Erneut stieß der Phönix einen melodischen Schrei aus. Im gleichen Moment wusste ich, was ich zu tun hatte, ich ließ den Elderstab schnippen und schlitzte dem Dämon die Flanke auf. Der fauchte, sein blau-silbernes Blut floss auf den Boden. Mein Phönix begann zu singen und flog knapp über die Blutlache hinweg, die sich daraufhin rot färbte. Der Dämon brüllte vor Wut und sprang vor, um mich mit all seiner Schwarzmagie zu treffen, doch ich stieß ihn zurück und zerschnitt ihm dieses Mal die andere Seite. Diffindo war wirklich ein wunderbarer Zauber. Zorn funkelte in den roten Augen meines Gegners, erneut schnappte er nach meinem Patronus, der gerade wieder das blau-silberne Blut rotfärbte. Ich schloss die Augen, ließ für einen Moment die unbändige, ungezügelte Macht der Heiligtümer durch meine Seele fließen. Dann blinzelte ich und starrte den Dämon an. Es würde funktionieren. Mein Phönix kreischte und landete neben mir. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Nun sah ich wieder zu dem Dämon, der mit drohend gesenktem Kopf, das Fell blutverklebt, auf mich zuhinkte. Gut… ich hatte genau eine Chance.
Never say die.
Blitzschnell richtete ich den Elderstab auf den Dämon und flüsterte langsam und genussvoll den Fluch: “Avada Kedavra!”

Es war keine Erinnerung. Es war eine Vision.

3.5.1939
Die Auroren standen in Reihen vor uns. Sie waren nicht auf Samsons Befehl hier. Sie waren nur so viele, weil sie sämtliche Zauberer rekrutiert hatten, die sich an Albus dafür rächen wollten, dass er solange gezögert hatte, gegen mich zu kämpfen. Und dass er nun hier Seite an Seite mit mir stand. Der Anführer der Auroren lächelte so selbstgefällig, als wäre er der Zaubereiminister und nicht irgendein Auror aus einer hirnverbrannten Menschentruppe. Pah. “So viele von euch? Ich fühle mich geehrt.”, ich löste mich von Albus’ Seite (“Gellert, bist du verrückt geworden?!”, zischte er, was ich aber ignorierte) und begann vor den Auroren auf- und abzugehen. “Wirklich wunderbar.” “Wir sind nicht wegen Ihnen da, Grindelwald!”, fauchte eine Hexe aus Reihe drei. “Sondern wegen DEM DA!” Ich lächelte kalt. “Dann seid ihr also doch wegen mir hier. Denn ich fürchte, bevor ihr ihm auch nur ein Haar krümmen könnt, müsst ihr mich umbringen.” Auf meine Antwort hin raschelten Gewänder, Zauberstäbe wurden gezogen. Für einen Moment sah ich zu Albus. Er erwiderte meinen Blick, die Augen vor Schreck aufgerissen. “Lauf!”, flüsterte ich. Entsetzt schüttelte er den Kopf, ich funkelte ihn an. Der erste Zauber flog. Ohne genauer hinzusehen wehrte ich ab. Dann wandte ich mich um. Mehr Blitze flogen, ich wehrte jeden einzelnen ab. Meine Zauber bewirkten, dass Auroren oder ihre Verbündeten zusammenbrachen. Manche tot, manche lebend. Kam darauf an, welchen Zauber ich benutzte. Jetzt rief ich Protego Diabolica herbei, ließ es so hoch auflodern, dass die Zauber nicht durchkamen und sah wieder zu Albus. “Lauf! Jetzt! Lass es nicht umsonst gewesen sein, Liebster!” Schmerz flackerte in seinen Augen, er wandte sich um und disapparierte. Wunderbar. Ich ließ das blau-weiße Dämonfeuer wieder erlischen und machte mich bereit.
Fyrtan eiras nymolvyr.

Es war eine Erinnerung.

14.9.1899
Niemals wieder würde ich diese Freude empfinden, die mich jetzt gerade durchfloss wie Wasser. Der heftige Regen verklebte meine blonden Locken, doch das war mir in diesem Moment egal. Ich hatte nur Augen für das, was da auf der anderen Seite des Fensters, im Inneren des Hauses, auf dem Schreibtisch lag. Zärtlich musterte ich ihn. Die sieben Buckel, die Runen. Der Elderstab. Blinzelnd schüttelte ich den Kopf und zog meinen Zauberstab. Schwarzerle, 13 Zoll, Donnervogelfeder. “Alohomora!”, flüsterte ich. Das Fenster klickte. Zufrieden grinste ich und öffnete es. Wie ein Schatten sprang ich hinab, steckte meinen eigenen Zauberstab weg und schloss stattdessen die Finger um den Elderstab. Für einen Moment schloss ich verzückt die Augen. Es war, als würde irgendeine nagende Sehnsucht in mir Ruhe geben. Das erste Heiligtum des Todes. Plötzlich hörte ich Schritte. Gregorowitsch, natürlich. Ehrlich gesagt passte es mir aber ganz gut, dass er kam. Dann konnte ich noch dafür sorgen, dass ich der Meister des Elderstabs wurde. Blitzschnell zog ich mich wieder auf die Fensterbank zurück und verharrte dort, wartete.
Die Tür öffnete sich.
Gregorowitsch trat ein, seine Augen weiteten sich vor Schreck, als er mich sah. Mit dem Elderstab. “Danke für das Geschenk, alter Freund.”, ich warf den Kopf zurück und lachte. Dann blinzelte ich und sah wieder versonnen auf den Elderstab hinab, blickte jetzt aber nochmal zu Gregorowitsch. Anschließend hob ich den Elderstab. Ein wortloses Stupor, mehr war nicht nötig. Reglos, ohne einen Laut brach der Zauberstabmacher zusammen. Ich grinste und disapparierte. Zurück nach Bulgarien. Vor das Haus derer, die ich meine Eltern nennen musste. Dort zog ich erstmal meinen bis dahin mir gehörenden Zauberstab und zerbrach ihn. Den würde ich nie wieder brauchen. Denn der Elderstab gehörte nun mir, das spürte ich. Lächelnd ging ich auf das Haus zu.
Wenig später ertönte ein grelles Kreischen und zwei grüne Blitze waren zu sehen. Es war vollbracht.

Only once more || Grindeldore FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt