7. Kapitel (Albus): Worte

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Starr vor Schreck und Angst blickte ich Travers an, der, flankiert von nun nur noch neun Auroren, vor Gellert stand. Offenbar im Reflex hatte letzterer einen Schritt vor mich gemacht und lieferte sich mit Travers ein stummes, aber hasserfülltes Blick-Duell. “Geh.”, zischte Gellert nun. “Verschwinde. Sonst bring ich dich um.” Die Aura der Macht, die ihn umgab, war fast greifbar. Der Elderstab, der in seiner rechten Hand ruhte, schimmerte im bleichen Mondlicht. Merlin, eigentlich war ich ja nicht der Typ, der gefühlte dreihundert Jahre brauchte, um sich von einem Schrecken zu erholen aber… Es ging nun gerade mal um Gellert und Travers. Erst genannter hatte sowieso ein überragendes Talent dafür, mich durcheinander zu machen.
Als ein roter Cruciatus-Fluch ungefähr einen Zentimeter an meinem Kopf vorbeirauschte und für einen Moment die Brombeeren hinter mir in Brand setzte, hob ich, nun in Abwehrhaltung, den Zauberstab.
“Oh, wirklich. Travers, wie absolut armselig. Gerade zu bedauernswert.”, Gellert klang unendlich herablassend. Nun blickte ich zu ihm und war mehr als empört. Er hatte den Kopf zur linken Seite schräggelegt und spielte gelassen mit dem Elderstab. “Ich bin das Objekt deines Hasses. Nicht er.” Moment, was? Hatte gerade… Hatte er das wirklich gesagt? Ja. Oh. Oh. “Allerdings!”, fauchte Travers nun und feuerte einen Todesfluch auf Gellert ab, der eine blitzartige Bewegung zur Seite machte, abwehrte, disapparierte und genau vor Travers wiederauftauchte. Die Spitze des Elderstabes schnippte in meine Richtung. “Halt dich raus, Albus.” Bitte was?! Es war, als würde er meine Gereiztheit spüren, denn im gleichen Moment, in welchem ich zu einem Widerspruch ansetzte, wandte er den Kopf, seine zweifarbigen Augen waren schmal, aber seine Stimme sanft: “Bitte.” “Na gut.”, murmelte ich unwillig. Die Andeutung eines Lächelns huschte über sein Gesicht, dann drehte er sich wieder zu Travers um, den Elderstab nun drohend erhoben. “Lass ihn da raus, Travers. Es ist unser Duell, nicht seines.” Wie ‘unser’ Duell? Was sollte das denn schon wieder heißen? Inzwischen verstand ich rein und überhaupt gar nichts mehr. “Und nun geh. Verschwinde. Wenn auch nur den Hauch deiner Anwesenheit spüren werde, ist es meine oberste Priorität, dich zu töten.”, in Gellerts Worten schwang ein so drohender Unterton mit, dass ich unwillkürlich einen Schritt zurückwich. Bei Travers hatten sie ebenfalls gewirkt. Ohne einen Kommentar sammelte er seine neun Auroren um sich und verschwand in der Dunkelheit.
Für einige Sekunden blickte Gellert ihnen reglos nach, seine Augen glitzterten im Schimmer des Mondes vor Hass. Dann wandte er sich zu mir um. “Er hat dich nicht erwischt, oder?”, fragte er nun. “Nein.”, antwortete ich kurz. “Sehr gut. Nun… Ich gehe mal ganz stark davon aus, dass du wissen willst, was ich da gerade ganz genau gesagt habe?”, fuhr er fort, strich sich mit der linken Hand durch die helle Haarsträhne. “Du hast es erraten. Also?”, ich bedachte ihn mit einem kühlen Blick. “Travers hegt einen gewissen Hass gegen dich, weil er nunmal meint, du würdest zum einen nicht heftig genug gegen mich vorgehen und zum anderen glaubt er, dass du nicht gut genug für die Auroren gekämpft hast, als ich das Ministerium mit Carrow und Grimmson angriff. Aber dieser Hass, den du von ihm zu spüren bekommst, ist nichts im Vergleich zu dem, den er für mich empfindet, Albus. Weil dieser Hass auf mich so stark ist, vernebelt er in gewissen Situationen seinen Verstand. Das mache ich mir gerne zu nutze, wie du dir vielleicht denken kannst. Darum kann ich reden, was ich will, sobald sein Zorn und sein Hass bestimmte Grade erreicht haben.”
Ich zog die Augenbrauen hoch. “Also willst du mir jetzt sagen, dass du gerade ohne Sinn und Verstand etwas gesagt hast?” Um seine Lippen zuckte ein Lächeln. “Nein, Albus. Ich rede nie ohne Sinn und Verstand. Soll ich dir sagen, was ich meinte?”, ohne meine Antwort abzuwarten, sprach er weiter, so heftig, dass ich mich erschrak. “Es steht ihm nicht zu, dich zu erpressen, unter Druck zu setzen, nur weil er zu unfähig, untalentiert und inkompetent ist, um mich zu besiegen!”
“Wenn ich’s nicht tu, entzieht mir mein Lehramt und sperrt mich für den Rest meines Lebens nach Askaban.”, flüsterte ich nach einer kurzen Stille. Nun weiteten sich seine Augen für einen Moment. “Er will was?! Darf ich an seiner Vernunft zweifeln? Ja? Danke, gerne. Im Ernst jetzt: Hat er das wirklich gemacht?” “Ja. Hat er.”, ich konnte nicht verhindern, dass meine Stimme leicht zitterte. Der blanke Hass verzerrte für den Bruchteil einer Sekunden seine Gesichtszüge. “Dafür wird er büßen.”, die Kälte seiner Worte ließ mich erschaudern.
“Warum?”, fragte ich ihn.
“Warum? Inwiefern ‘warum’?”, hakte Gellert nach, warf den Kopf hoch, das Silber des Lichts fing sich in seiner hellen Haarsträhne.
“Warum solltest du Travers für etwas büßen lassen, was er mir antut? Ist es dir denn nicht Recht, wenn er mir etwas Schlechtes tut?”, nun sah ich ihn beinahe herausfordernd an. In der Finsternis blitzten seine Augen auf. “Nein.”, erwiderte er. “Ist es nicht. Du weißt warum. Meine Liebe zu dir spielt keine Rolle mehr, es ist egal ob und was ich für dich empfinde. In bestimmten Dingen ist sie jedoch auch von Vorteil. Wenn es um den Mord an Travers geht, wäre da nur eine Sache.” Die Art, wie er von seiner Liebe zu mir sprach, zog mir das Herz zusammen. Als wäre diese Liebe etwas, das er drehen und wenden, für seine Zwecke verwenden konnte. "Sprich nicht so von ihr!", fuhr ich ihn an. "Von was, Albus?", er antwortete mit einer Gegenfrage. "Wenn du die Liebe nicht kennst und zu schätzen weißt, dann nimm dieses Wort nicht in den Mund! Du beschmutzt es noch!" Das waren harte Worte, wurde mir klar. Sehr harte Worte. Aber verwendete Gellert sie nicht ebenso? Natürlich tat er das - warum sollte ich die dann nicht benutzen dürfen? Ein bisschen verwirrte es mich, dass er bisher noch nichts gesagt hatte. Blinzend richtete ich meinen Blick wieder genauer auf ihn.
Gellert sah mich an, ohne ein Wort, ohne eine Regung.
"Was?", fragte ich schließlich, als er nach mehreren Minuten immer noch nichts gesagt hatte. "Was ist? Was schaust du mich so an?" "Hast du gerade ernsthaft behauptet, ich würde die Liebe nicht kennen und es stände mir nicht zu... Es stände mir nicht zu, sie zu... Das Wort auszusprechen?", er neigte den Kopf, sodass wir auf Augenhöhe waren, sein Blick brannte sich in meinen. "Ach, entschuldige.", obwohl es wirklich nicht ratsam war, spottete ich. "Hab ich deine Gefühle verletzt? Verzeih. Das tut mir ja sooo leid. Wobei, pah, welche Gefühle sollte ich bei dir denn bitte verletzen? Du hast doch gar keine!", ich lachte auf, hörte selbst wie unbeherrscht und schrill es klang. Nein, es fiel mir wahrlich nicht leicht, ihn so zu verletzen. Aber er hatte es schließlich oft genug getan. Gerechtigkeit. Auf meine Worte hin rang er nach Atem. "Das hast du nicht gesagt!!", stieß er hervor. "Du hast nicht gesagt, dass ich keine Gefühle habe!!" Doch, hatte ich.
"Stimmt's denn nicht?", ich sah ihn herablassend an.
"Nein. Tut es nicht. Und das wirst du eines Tages auch verstehen!" Ohne ein weiteres Wort oder meine Erwiderung abzuwarten, wandte Gellert sich um, die Dunkelheit verschluckte ihn.

Only once more || Grindeldore FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt