52. Kapitel (Gellert): 'Cause you're mine

190 16 19
                                    

Einige Zeit lang waren nur seine zitternden, flachen Atemzüge zu hören. Schließlich hob er den Kopf und sah mich an. "Warum waren sie Starling so treu ergeben, dass ihn zuerst einem Dämon geopfert haben und ihm trotzdem weiter loyal geblieben sind?", fragte Albus leise. "Starling hat das getan, was er am besten konnte, Albus. Netze aus Propaganda auswerfen, andere in Illusionen, Lügen und Halbwahrheiten weben bis sie nur noch seine Stimme im Wind hören. Er hatte ein starkes Charisma, Al.", erwiderte ich sanft und strich ihm liebevoll die rot-braunen Strähnen zurück. "Der? Charisma?", er blickte mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Ich grinste. "Ja. Wenn auch nicht so stark wie meines." "Ich wüsste auch niemanden, der es jemals mit deiner Ausstrahlung aufnehmen kann.", sagte er, sah mich aber nicht an. "Du provozierst es.", stellte ich klar und musterte die Spitze des Elderstabs, betont gelangweilt, als hätte ich sonst nichts besseres zu tun. "Was?", seine Stimme zitterte ein bisschen, eine Mischung aus Anspannung und Erwartung. "Dass ich dich küsse.", ich lächelte. Da blickte er mich an, in den blauen Augen das gleiche Schimmern, wie ich es damals, 1899, sooft gesehen hatte. "Vielleicht will ich das ja.", flüsterte er. "Du? Wollen? Dass ich, ein Schwerverbrecher, Massenmörder und Gesetzesbrecher, dich küsse? Das kann nicht dein Ernst sein.", ich schüttelte den Kopf, kam ihm jedoch zeitgleich immer näher. "Nicht? Warum? Weil ich Lehrer bin und meinen Schülern ein Vorbild sein muss?", gab er zurück, sein Blick schweifte an mir vorbei, mir entging aber nicht, dass er für einen winzigen Moment meine Lippen betrachtete. "Das wäre das eine.", entgegenete ich und senkte den Kopf, sodass er meinen Atem in seinem Gesicht spüren konnte. "Zum anderen: Wissen deine Schüler überhaupt noch, dass du sie unterrichtest? Zumindest theoretisch." "Da ich von Travers 'als der einzige Zauberer der dir ebenbürtig ist' bezeichnet wurde, entschied sich mein Schulleiter, mich auf unbestimmte Zeit zu beurlauben, Liebling.", gab er mir seelenruhig zur Antwort. Ha! Er hatte mich Liebling genannt! Was ein Sieg für uns. "Wie überaus beruhigend.", wisperte ich, durchbohrte seine Augen mit meinen. "Ja. Nicht wahr?", er lächelte, verharrte noch für eine Sekunde, zog mich dann zu sich herab und küsste mich. Es war wie der Fluch. Als er die Realität überlagert hatte. Nur zehntausende Male besser. So viel besser. Und viel weniger tödlich, sollte ich vielleicht noch erwähnen. "Daran", murmelte Albus und lehnte seine Stirn an mein Schlüsselbein "könnte ich mich gewöhnen." "Woran?", wollte ich wissen und hauchte ihm einen Kuss auf die Schläfe. "An das. Du weißt, was. Aber... es wird nie so sein, oder? Ich werde doch wieder allein sein." Zur Antwort und schüttelte den Kopf. "No, you'll never be alone. When darkness comes, you know I'm never far. Hear my whispers in the dark. Egal, wo ich bin. Egal, wo du bist. Ich bin bei dir. Im Flüstern des Windes, im Glitzern der Sonne." "Wie willst du das anstellen? Das Ministerium ist mächtig. Und vergiss deine Vision nicht.", er seufzte. Sanft strich ich ihm über den Rücken. "Sie können herrschen, soviel sie wollen. Meinen Willen werden sie niemals brechen. Meine Liebe zu dir werden sie niemals brechen. Du musst mir vertrauen." "Ich vertraue dir. Mit jeder Faser meines Seins.", erwiderte er und sah mich ernst an. "Das hoffe ich doch. Die Vision wird wahr werden. Doch sie wird uns nicht zerstören." 'Hoffe ich zumindest.', setzte ich lautlos hinzu. Es war nämlich eine Sache, gegen fünfundzwanzig Auroren zu kämpfen, die noch dazu überrascht waren. Gegen fünfzig finster entschlossene, hasserfüllte Menschen zu kämpfen, war doch nochmal eine ganz andere Stufe.
Doch ich sagte es nicht.
Nicht jetzt.
Später.
Eines Tages. "Das ist alles so... grausam. So schrecklich.", sagte er flüsternd. "Ist es, mein Liebster. Und es ist meine Schuld. Nein, sag nichts. Ich habe die Gesetze gebrochen. Für Gina. Soll ich dir was sagen? Ich würde es wieder tun. Immer wieder. Das größere Wohl hat keinerlei Bedeutung mehr, das weißt du. Trotzdem... Gina wäre es mir wert. Du auch. Ihr beide." "Hoffentlich tust du's nie. Wegen mir einen Mord begehen.", er blinzelte zu mir auf. "Ich hoffe auch, dass ich das nicht tun muss.", antwortete ich und schlug die Augen nieder.
Es war gefährlich.
So gefährlich.
Es war wirklich gefährlich, wie viel er mir wert war.
Nur... warum?
Wegen ihr.
Noch war es nicht soweit.
Noch hatte ich den Punkt nicht erreicht, an dem ich mich endgültig für oder gegen das größere Wohl entscheiden musste. Aber bald. Dann musste ich weise entscheiden oder es später bitter bereuen.
Für einen Moment blitzte das Bild von Nurmengard, mit meinem Zeichen übersät, vor meinem inneren Auge auf.
Das war die Zukunft.
Wie ich sie haben könnte.
Wenn ich mich nur für das größere Wohl entscheiden würde.
Ein weiteres Bild.
Finsternis, Kälte, Hass, Verachtung.
Ja.
Das war die Zukunft.
Wie sie werden würde.
Wenn ich mich für uns entschied.
Egal.
Denn eigentlich hatte ich meine Entscheidung schon längst getroffen. Vor Tagen, vor Wochen.
Ich blinzelte, sah Albus an und legte meine Lippen ohne ein Wort auf seine. Er erwiderte den Kuss und ich schloss flackernd die Augen.
Warum das größere Wohl, wenn ich das hier hatte?
Wenn ich ihn hatte.
"Gellert?", fragte er, als ich mich von ihm löste.
"Ja? Was ist, mon amour?"
"Warum? Warum ich? Und nicht das größere Wohl? Warum nicht... Warum nicht Gina?", zögernd sah Albus mich an, fragte sich offenbar, ob er zu weit gegangen war. War er nicht. Denn er hatte das Recht, diese Antwort von mir zu verlangen. "Warum? Gina hat die Muggel nie gehasst. Und ich denke, sie würde es auch jetzt nicht tun, wenn... wenn sie noch... wenn sie noch... leben würde. Darum du.", nur das Beben in meiner Stimme verriet, dass mir Gina emotional verbunden war. "Du machst mich sprachlos, Gellert. Ehrlich. Was soll ich dazu jetzt sagen?", in dem Blick, den er mir zuwarf, war ein einziger Sturm aus Gefühlen.
Mitgefühl.
Erleichterung.
Freude.
Schmerz.
Liebe.
Keine Spur des Verrats, den ich bis vor wenigen Monaten immer darin gelesen hatte. "Sag am besten gar nichts.", riet ich ihm. "Alles klar. Gellert, jetzt mal im Ernst: Wie viel bin ich dir wirklich wert?", es war eine heikle Frage, das wussten wir beide. Er genauso gut wie ich.
"Du mir? Alles. Jeden Mord. Jeden Blutstropfen. Jeden Fluch. Jede Sekunde in Askaban. Jeden Atemzug. Wenn unsere Welt zusammenbricht, werde ich als aller erstes dich retten.", gab ich zurück.
"Warum?", flüsterte er und strich mir vorsichtig meine helle Strähne zurück.
Ich lächelte.
" 'Cause you're mine."

Only once more || Grindeldore FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt