Pit Lane Passion - F1 related

Kapitel 28

Lando hat noch einen Call mit Zak, bevor's ins Wochenende geht. Die Fahrer haben nicht viele freie Wochenenden in der Saison, doch da es am Montag nach China geht, eine Strecke, die seit 2019 nicht mehr befahren wurde, und die noch dazu für ein Sprintrennen ausgewählt wurde, möchte zumindest McLaren den Fahrern etwas Erholung gönnen.
Ich laufe an Landos Arbeits-/Trainings-Zimmer vorbei, als die beiden sich gerade verabschieden und ich noch die letzten Gesprächsfetzen aufschnappe.
Lando lächelt verschmitzt in die Kamera. "Ja, sie ist wirklich gekommen. Call me a lucky guy!"
Kurze Stille, Lando trägt Kopfhörer, ich kann Zak also nicht hören.
"Danke, Zak. Das machen wir. Wünsch ich dir auch! Bis Montag, ciao!"
Damit beendet Lando den Call, gibt die Kopfhörer runter und während er aufsteht, bemerkt er, dass ich im Türrahmen stehe.

Eigentlich dachte ich, dass sein überraschter Blick sich darauf bezieht, dass ich gelauscht habe, doch als ich genau spüre, wie er mich von oben bis unten mustert, schiebe ich es eher auf mein Kleid. Obwohl es überhaupt nichts Besonderes ist. Ein kleines Schwarzes mit langen Ärmeln und Rückenausschnitt, den er gerade nicht mal sieht. Das Kleid hat keine Details und ich trage noch nicht mal Schuhe. Lando räuspert sich.
"Ist das unpassend für die Bar, in die wir heute gehen?" frage ich verunsichert und zupfe das Kleid zurecht.
Schnell schüttelt Lando den Kopf. "Überhaupt nicht, sorry. Du siehst gut aus."

"Weiß Zak von mir?" lenke ich lachend vom Thema ab und Lando scheint jetzt erst darüber nachzudenken, dass ich wahrscheinlich etwas von seinem Gespräch mitbekommen habe.
"Nur, dass das Mädchen, wegen dem ich in letzter Zeit eventuell etwas abgelenkt war, meine Einladung angenommen hat." grinst Lando verschmitzt, seine Hände tief in seinen Hosentaschen vergraben.
"Lucky you!" erwidere ich, und spiele auf seine Aussage an Zak an.
Lachend verlasse ich das Zimmer, damit's für Lando nicht noch unangenehmer wird.
Zehn Minuten später, als ich gerade in meine Heels schlüpfe, steht Lando fix fertig angezogen vor mir. Weiße Sneaker, schwarze weite Stoffhose, weißes Hemd und jede Menge Schmuck.
"Hast du keine Jacke?" fragt er mich besorgt, als ich aufstehe.
Er selbst schlüpft gerade in eine ziemlich coole Collegejacke.
"Keine, die dazu passen würde. Aber ich nehm nie eine mit, wenn ich ausgehe." erkläre ich kopfschüttelnd, als würde ihn das beruhigen.
Er öffnet seinen Schrank im Flur und zieht eine schwarze ausgebeulte Lederjacke raus, die an ihm schon etwas oversized sitzen muss, an mir aber noch mehr. Sie ist fast so lang wie mein Kleid. Aber zugegebenermaßen hat Lando ein gutes Auge, denn es sieht gut aus.
Ich lächle ihn dankend an und folge ihm raus aus der Wohnung, in den Lift zur Garage.
Wie viele Autos Lando besitzt, darüber hab ich noch keinen Überblick. Er entscheidet sich aber wieder für seinen Lamborghini Urus. Zugegebenermaßen würden wir heute wirklich ein gutes Pärchen abgeben, auch noch in Kombi mit diesem fetten Wagen, der aber immerhin unsere Outfits matched.
Wir bahnen uns unseren Weg durch die Straßen von Monaco, was mit so einem riesigen Teil von Auto in Kombination mit den engen Straßen in der Altstadt gar nicht so leicht ist. Dann parken wir vor dem kleinen Italiener, doch schon als Lando aussteigt, hören wir, wie das Blitzlichtgewitter losgeht. Er lässt sich sofort wieder auf den Fahrersitz fallen, schließt die Türe und greift nach hinten, wo er eine Cap hervorholt und sie sich tief ins Gesicht zieht.
Er sieht mich leicht gequält an und fragt: "Wollen wir?"
"Wir müssen das nicht machen, Lan. Ich hatte ja keine Ahnung, wie schlimm es hier in Monaco ist." erwidere ich und blicke ihn überrascht an.
"Wir beide haben uns nicht so rausgeputzt, um Pizza aus einem Pappkarton zu essen." lacht Lando zwar auf, doch die Enttäuschung in seiner Stimme ist deutlich hörbar.
Ich lasse meinen Blick nochmal zum Restaurant schweifen und sehe, dass die Paparazzis mittlerweile ganz schön Aufmerksamkeit auf sich und dadurch auch auf Landos Auto gezogen haben. Die Leute versammeln sich schon auf dem Bürgersteig.
"Ich könnt mir gerade nichts besseres vorstellen, als mit dir Pizza aus einem Pappkarton zu essen, vielleicht mit dem Blick über Monaco aus deiner Story?" versuche ich ihn zu überreden. Ich möchte den echten Lando dieses Wochenende kennenlernen. Ich bin nicht hergekommen, um mit dem eingeschüchterten Lando Zeit zu verbringen, der die ganze Zeit daran denkt, welche Bilder und Videos von ihm morgen wohl auf Social Media und in den Zeitungen kursieren. Ich schnalle mich ab und meine Hand liegt bereits auf der Türklinke, als ich Landos Hand an meinem Knie spüre.
"Lass mich reingehen, sie haben mich schon gesehen, dich hingegen noch nicht."
Nickend stimme ich zu und weiß, dass er Recht hat. Trotzdem fühle ich mich nicht wohl dabei, zusehen zu müssen, als sich Paparazzis und die wartenden Menschen förmlich auf ihn stürzen, sobald er das sichere Auto verlässt.
Lando verschwindet schnell im Restaurant, doch kurze Zeit später kommt er wieder raus und nimmt sich Zeit für seine Fans. Er macht ein paar Bilder und plaudert mit einigen, bis der Kellner mit zwei Pizzakartons rauskommt und Lando damit ins Auto steigt.
Wir fahren raus aus der Altstadt und es geht in Kurvenstraßen aufwärts. Nach 5 Minuten Fahrt erstreckt sich das nächtliche Monaco unter uns. Lando stellt den Wagen ab, ich steige aus und laufe mit den Pizzakartons nach vorne an die Mauer. Die Aussicht ist atemberaubend schön.

Lando kommt mit Getränken und zwei großen Decken nach.
"Decken und gekühlte Getränke? Das sieht mir sehr einstudiert aus. Wie viele Mädels hast du schon hierher gebracht?" frage ich ihn lachend.
Ich bin aus dem Alter raus, wo mich die Vergangenheit eines Mannes verunsichert. Lando ist ein attraktiver junger Mann, der Frauen gut behandelt, ich würde ihm alles gönnen.
Doch er schüttelt lachend den Kopf: "Seit ich in Monaco lebe, war ich nie single. Und Luisa mochte diese Stadt nie. Sie wollte immer, dass ich nach Lissabon komme." erklärt Lando.
Dann stellt er die Capri Sun ab, breitet die eine Decke auf der Mauer aus und deutet mir, mich hinzusetzen. Während ich die Pizzakartons öffne, legt Lando die zweite Decke über unsere Beine. Es ist erst April, doch es sind sommerliche Temperaturen an der französischen Küste.
Ein Dank dem Klimawandel. So traurig das eigentlich ist, bin ich aufgrund meines kurzen Kleides froh darüber.
"Die hatte ich seit meiner Kindheit nicht mehr." merke ich grinsend an, als Lando mir eine Capri Sun reicht.
"Kennst du die mit der Fee und dem Einhorn drauf? Die hatte ich immer, obwohl ich nicht mal glaube, dass es die beste Sorte war." Bei der Erinnerung daran muss ich lächeln.
"Keine Ahnung wovon du sprichst, aber ich werde sie finden." stimmt Lando in mein Lachen ein. "Also Emilia, bereit für die beste Pizza deines Lebens?" Seine Stimme überschlägt sich fast vor lauter Vorfreude, als er nach dem Pizzakarton greift und mir ein Stück Margherita in die Hand drückt. Er meint es wirklich ernst. Ich sehe ihn skeptisch an, doch beiße dann ab. Lando sieht mich abwartend an, während ich viel zu lange kaue.
"Sie ist gut. Und das heißt was, wenn ich das sage. Aber nicht besser als die Pizza von Lorenzo." löse ich seine Spannung dann endlich auf. Jetzt ist es Lando, der mich skeptisch ansieht. "Lorenzo also?" will er mit hochgezogenen Augenbrauen wissen.
Nickend erkläre ich ihm: "Der Pizzakoch aus dem Restaurant direkt gegenüber von meiner Wohnung. Mach dir keine Sorgen, er ist doppelt so alt wie ich. Aber seine Pizza ist unwiderstehlich." Lando schmunzelt.
"Wohnst du nicht erst seit letztem Sommer dort? Und trotzdem kennst du schon den Namen des Pizzakochs?" Das scheint ihn zu erheitern. Ich zucke mit den Schultern.
"Das kann daran liegen, dass die Italiener im Gegensatz zu den Franzosen ein viel freundlicheres Volk sind, oder daran, dass ich nicht allzu gerne koche."
Lando lächelt mich schief von der Seite an, dann droppt er: "Ich bin schon gespannt auf Lorenzo's Pizza."
"Spinner" lache ich auf und schlage ihm leicht auf die Schulter. Schließlich hat er sich gerade selbst eingeladen.
"Sieh lieber mal zu, dass das Wochenende keine Vollkatastrophe wird." ergänze ich.
"Hey, Babysteps. Ich hab dich heut vorm Haupteingang abgeholt. Dinner im Restaurant war für heute einfach nicht mehr drinnen. Das können wir dann morgen probieren." Dabei lächelt er zwar, doch ich weiß, dass er sich darüber ärgert.
Ich stoße ihn aufheiternd mit meiner Schulter und sage: "Vergiss das doch mal, Lan. Ich bin wegen dir hier, nicht wegen den Paparazzi."
"Apropos Paparazzi, lass uns Mick ein Bild schicken. Dann ist er beruhigt, dass du noch lebst." wechselt Lando das Thema und zieht sein Handy hervor.
"Ist das die Abmachung zwischen euch?" frage ich und grinse danach in Landos Innenkamera. "Vielleicht." schmunzelt dieser, als er es schnell an meinen Bruder schickt.
Wir quatschen noch eine Weile über unsere beiden Wahlheimat-Städte, während wir die Pizza aufessen und an unseren Capri-Suns schlürfen. Lando hat gerade die Kartons weg gepackt und ich bin etwas näher an ihn ran gerutscht, als sein Handy klingelt.
Ich beschließe, mich in naher Zukunft bei ihm zu rächen, sollte das jetzt Mick sein.
Aber es ist Max, nicht Max Verstappen, der F1-Driver, sondern Max, Landos bester Freund. Den ich heute kennenlernen sollte.
Ist es berechtigt, dass mich das nervös macht? Was, wenn Lando das gar nicht so viel bedeutet und ich mich bloß reinsteiger?
"Max und Pietra sind schon am Weg in die Bar. Sollen wir auch los?" erklärt Lando, nachdem er aufgelegt hat.
Mein Herz schlägt bis zum Hals. Wie so oft an diesem Wochenende.