Kapitel 94

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In einem Meetingraum im Haas-Motorhome wartet Zak Brown auf uns. Anscheinend haben die beiden Teamchefs bloß Micks und mein Interview abgewartet, um mit uns zu sprechen.
Obwohl die Stimmung angespannt sein müsste, lacht Zak auf, als wir uns zu ihm an den Tisch setzen.
"Da hat Emilia meinem Schützling wohl gezeigt, wie man mit den Medien richtig umgeht."
Damit spielt er auf unser gelungenes Interview und die wohl eher verpatzte Pressekonferenz von Lando an.
Ich bin froh, dass alle in Zaks Lachen einstimmen können.
"Mercedes und McLaren in unserem Motorhome, man glaubt's kaum. Aber fühlt euch wie zuhause!" grinst Günther Steiner dann noch kurz bei der Tür rein, um die groteske Situation zu kommentieren.
Ich schnaufe durch. Der Tag war bislang eine reine Prozedur und ich hoffe einfach, dass wir einen festen Plan haben, wenn wir später hier raus gehen.
Zak ist es dann aber auch, der das Wort wieder ergreift, um die Ernsthaftigkeit zurückzubringen. "Ich weiß, dass das, was heute Vormittag passiert ist, nicht ideal war. Es ist ... vorsichtig gesagt, ein PR-Albtraum."
Ich nick seufzend. Danke fürs Erwähnen, Zak, ich hätt's nicht besser formulieren können.
Lando öffnet den Mund, um etwas zu sagen, aber Zak hebt die Hand und fährt fort: "Ich weiß auch, dass ihr beide unter enormem Druck steht. Was wir jetzt wissen müssen, ist, wie wir damit umgehen wollen, bevor es völlig außer Kontrolle gerät."
Im Gegensatz zu mir scheint Lando sich seiner Sicht der Dinge schon bewusst zu sein, so schnell wie er zu einer Antwort ansetzt: "Ich möchte nicht, dass unsere Beziehung für Marketingzwecke genutzt wird. Emilia sollte nicht noch mehr in die Schusslinie der Medien geraten, als sie es ohnehin schon erlebt hat."
Er drückt meine Hand unterm Tisch, während Zak, Toto und Mick zustimmend nicken.
"Wir müssen bloß darauf vorbereitet sein, dass Leclerc uns nicht dabei helfen wird, die geforderte Ruhe um euch beide reinzubringen." kommentiert Toto bitter.
Ich seufze bei dem Gedanken daran, dass mir dieser Ferrari-Fahrer gerade das Leben so schwer macht. Und ich ihn trotzdem nicht hassen kann. Ich mich trotzdem dabei erwische, Mitgefühl ihm gegenüber aufzubringen.
"Ihr beide macht an den Wochenenden eure Arbeit, das muss weiterhin der Fokus sein. Auch in der Berichterstattung. Aber wenigstens müsst ihr euch nicht mehr verstecken." schaltet sich Landos Teamchef ein.
Der Gedanke löst etwas Erleichterung in mir aus, ganz egal welch Chaos es erstmal zu bewältigen gibt.
"Die Teams stehen hinter euch, das solltet ihr auch wissen." fügt Toto hinzu, und als ich seinen Blick auffange, erkenne ich ein leichtes Lächeln.
Der Mann wirkt vielleicht von außen wie ein harter Geschäftsmann, doch eigentlich ist er ein sanftmütiger, harmoniebedürftiger Typ, dessen Fassade oft bröckelt. Vor allem hinter den Kulissen.

Obwohl wir es könnten, verlassen wir natürlich nicht zusammen das Haas-Motorhome

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Obwohl wir es könnten, verlassen wir natürlich nicht zusammen das Haas-Motorhome. Lando und Zak sind schon weg, während Toto und ich noch etwas bei Mick bleiben, um es nicht zu auffällig zu machen.
Toto erkundigt sich hinsichtlich Ollies heutigen Statement über das fixe Cockpit im nächsten Jahr, wie es denn bei meinem Bruder aussähe.
Ich erkenne schnell die Sorge über seine Zukunft, die in Micks Stimme mitschwingt, als er Toto erklärt, dass Haas ihn noch zappeln lässt.
Die bisherige Saison war durchwachsen, das Auto schwierig zu fahren und nicht nur Mick hatte Probleme.
"Ich weiß, dass Haas deine Priorität ist. Du hast hier dein Herzblut hineingesteckt, und das respektiere ich. Aber falls es dort nicht klappt, möchte ich, dass du weißt, dass bei Mercedes immer eine Tür für dich offen ist, auch wenn unsere Cockpits schon ziemlich sicher vergeben sind. Aber ich schätze deine Arbeit sehr und dein Vater hätte es auch so gewollt."
Totos Worte schlagen genau da ein, wo sie sollten. Mitten ins Herz.
Ich beobachte die beiden Männer und kann sehen, wie Micks Kopf arbeitet, wie er die Möglichkeiten abwägt, die sich ihm bieten. Es ist nicht die Gelegenheit, die er sich erhofft hatte, aber es ist eine Tür, die ihm offensteht, eine Chance, sich in einem der besten Teams der Welt zu beweisen.
"Ich danke dir, Toto." sagt Mick schließlich. "Ich denke darüber nach."
Toto nickt verständnisvoll. "Das erwarte ich auch. Aber lass es mich wissen, sobald du mehr weißt. Wir würden uns freuen, dich bei uns zu haben – in welcher Rolle auch immer."
Toto ist definitiv der Sieger des heutigen Tages, ohne Frage.

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