Kapitel 63

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Es ist die Gruppenumarmung von Mum, Tante Margot und Onkel Henry, die mich am nächsten Nachmittag fast zum Weinen bringt. Nicht nur hab ich sie viel zu lange für meinen Geschmack nicht gesehen, auch bestärken sie mich währenddessen darin, dass ich nichts falsch gemacht habe, und mich von der Presse nicht einschüchtern lassen sollte. Klar wusste ich, dass meine Familie hinter mir stehen würde. Trotzdem hatte ich irgendwie Angst, dass sie böse auf mich wären, weil ich mit den Charles-Gerüchten alles nur noch schlimmer mache.
"Ich fasse es nicht, dass es immer noch zum Thema gemacht wird, wer wen datet." seufzt Ava, die neben uns im Paddock auf der Couch sitzt. Die Trainings sind bereits abgeschlossen und wir warten hier auf Mick.
"Vor allem, da wir uns überhaupt nicht daten." lache ich auf und lasse mich zu ihr aufs Sofa fallen.
Als ich die gemütlichen Polster um mich spüre, beginne ich sofort zu gähnen. Mick, Lando, George, Carmen und ich sind gestern noch lange zusammengesessen und der Tage heute war anstrengend. In Monaco kommen so viele Sponsoren wie sonst kaum wo zusammen, was zur Folge hatte, dass ich heute von einem Termin zum Anderen gelaufen bin.
Ich unterhalte mich mit meiner Familie ein wenig über die letzten Wochen. Miami, das Jobangebot von Mercedes, George & Carmens Verlobung, Imola.
Als Mick etwas später ziemlich zerzaust zu uns stößt, will er nur ins Hotel und unter die Dusche. Ich verlasse neben meiner Mum den Paddock-Club, die mich lächelnd, aber fragend ansieht. "Mir ist zu Ohren gekommen, dass du kein Hotelzimmer in Monaco in Anspruch genommen hast."
Ich stöhne auf. "Mick?"
Mum nickt. "Aber unabsichtlich. Außerdem hatten Lando und ich schon zuhause in der Schweiz das Vergnügen." Sie grinst breit, als ich sie mit großen Augen ansehe.
Dann schüttle ich verwirrt den Kopf. "Er hat mir nie was davon erzählt."
Jetzt schmunzelt meine Mum nur noch mehr. "Wir haben beschlossen, dich in dem Glauben zu lassen, dass du mich an der Nase herumführen kannst." Beide lachen wir.

Zumindest meine Mum weiß also schon Bescheid, als Lando und ich einige Stunden später zum gemeinsamen Dinner in Georges und Carmens Wohnung auftauchen.
Die beiden haben unsere ganze Familie eingeladen, da sie die letzten Male immer bei uns zu Gast waren. Außerdem will meine Familie es sich nicht nehmen lassen, die Verlobung der beiden zu feiern.
Lando und ich sind fast die Letzten, bloß Mick und mein Cousin Alex fehlen noch.
Onkel Henry steht gerade mit einem Glas Wein gegenüber von Carmen in der Küche und muss zwei Mal zu Lando blicken, bis er zu verstehen scheint.
"Das glaub ich jetzt nicht! Margot, komm, sieh dir an, wen Emilia mitgebracht hat!" ruft er dann und läuft auf uns zu.
Tante Margot kommt zwar neugierig aus dem Wohnzimmer gelaufen, doch anhand ihres verschmitzten Lächelns kann ich erahnen, dass Mum sie schon eingeweiht hat. Die beiden umarmen uns, und als wir gemeinsam in die Küche gehen, murmelt Onkel Henry in meine Richtung, dass er es ja immer schon gewusst habe. Auch wenn er sich noch zu gut an die Momente in Portugal bei Ava & Noahs Hochzeit erinnern kann, in denen es wirkte, als würde ich Lando am liebsten umbringen.
Lando sieht mich entgeistert an, doch ich lächle ihn nur übertrieben freundlich an und zucke mit einem "Upsi" entschuldigend mit meinen Schultern.
"Warte, warte, warte!" ruft Noah, während er aus dem Wohnzimmer auf uns zugelaufen kommt. "Ihr hasst euch nicht mehr?" Na gut, da war wohl noch jemand auf Onkel Henrys Stand.
Verlegen grinse ich den Mann meiner Cousine an und schüttle dann leicht den Kopf. Ava, die im Hintergrund auf der Couch sitzt, grinst uns bloß an. Sie hat wirklich gut dicht gehalten.

Landos POV

Als George und Carmen uns am Donnerstag Abend in meiner Küche für den nächsten Tag zum Abendessen bei ihnen einladen, bin ich sichtlich überrascht, als Emilia es als selbstverständlich ansieht, dass ich dabei bin. Es überrascht mich nicht nur, weil die ganzen Schumacher da sein werden, sondern vor allem, weil Emilia möchte, dass wir gemeinsam dort auftauchen.
Klar haben wir am letzten Sonntag in Imola beschlossen, kein Geheimnis mehr aus uns zu machen, zumindest vor unseren engsten Freunden und unseren Familien. Trotzdem fühlt es sich sehr offiziell an, als Emilias Familienmitglieder mich das erste Mal als den neuen Mann an ihrer Seite begrüßen. Bislang war ich immer bloß Micks Rennkollege.
Doch auch wenn diese Wendung, vom Versteckspiel zum gemeinsamen Abendessen mit ihrer Familie, sehr schnell kam, genieße ich es sehr.
Ich liebe die Schumachers und die Wärme, die jeder einzelne von ihnen ausstrahlt. Außerdem war es mein voller Ernst, als ich Emilia am Sonntag in meinem Hotelzimmer gesagt habe, dass ich sie vom Fleck weg geheiratet hätte, als ich sie kennenlernte. Es war im Ferienhaus der Schumachers in Portugal, als wir zum ersten Mal aufeinander trafen und ich sofort wusste, dass sich etwas verändert hatte. Als ich nach Avas und Noahs Hochzeit nochmal nach England zurück musste, bevor die Saison begann, wusste ich, dass ich mich von Luisa trennen musste. Emilia kennt den Grund bis heute nicht.
Während ich mich scherzhaft vor Noah rechtfertigen muss, warum er denn nicht mitbekommen hat, wie Emilia und ich von Erzfeinden zu Menschen geworden sind, die sich daten, kann ich meinen Blick nicht von ihr lassen. Sie deckt mit George den großen Esstisch in der Mitte des Raumes und die beiden lachen ausgelassen.
Es sind diese drei Menschen, die es immer schaffen, dass all die Anspannung von ihr fällt. George, Carmen und Mick. Und ich hoffe, ich kann auch einer davon werden.
Ich komme wieder im Moment an, als mir Leona, Emilias und Micks Mum, ihre Hand auf die Schulter legt. Ich strahle sie an und umarme sie.
"Willkommen in der Familie, Lando." flüstert sie mir dabei ins Ohr.
Was für eine schöne Geste. Auch wenn das zwischen ihrer Tochter und mir noch gar nicht so offiziell ist, und ich mich sogar bloß als Freund von Mick schon als Teil der Familie gefühlt habe, bedeutet es mir viel. Ich hoffe, meine Familie kann Emilia mal dasselbe bieten, auch wenn sie gerade nicht so präsent sind.
In dem Moment klingelt es an der Tür und als Carmen öffnet, stolpern Mick und Alex herein. Wir begrüßen und als wäre alles ganz normal, was mich bei Alex etwas wundert. Hat Mick ihn vielleicht eingeweiht? Aber würde er dann nicht zumindest einen Kommentar abgeben?
"Siehst du, du gehörst schon so zur Familie, dass Alex gar nicht in Frage stellt, warum du hier bist." lacht Leona auf, die scheinbar denselben Gedanken hatte wie ich.
Alex blickt verwirrt drein, dann schlägt er sich die Hand auf die Stirn.
"Emilia", schreit er daraufhin laut, in die entgegengesetzte Richtung.
Als diese fragend um die Ecke sieht, zeigt er auf mich, mit den Worten: "Wie viele Rennfahrer erträgt diese Familie noch?"
Dann wirft er sich stöhnen auf die Couch, grinst mich Sekunden später aber bereits wieder an. "Aus mir spricht der pure Neid. Es freut mich wirklich für euch!" erklärt er dann.

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