Kapitel 78

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"Ich kann nicht glauben, was Mick sich antut, bloß um zwei Tage seine Liebsten um sich zu haben." murmelt Liv, als wir am Mittwoch am Parkplatz ankommen, von dem aus wir zu unserer Hütte wandern und sie die auffällig luxuriösen Autos sieht.
Zugegebenermaßen sind es einige. Schließlich werden den Fahrern, so wie auch mir, für jedes Rennwochenende Autos zur Verfügung gestellt, die meist schon am Flughafen auf uns warten, wenn wir ankommen. Ich lasse meinen Blick ebenfalls über den Parkplatz schweifen. Ferrari, McLaren, Mercedes. Und daneben der große Range Rover, mit dem meine Familie schon gestern angereist ist, um alles vorzubereiten. Genauso wie Mick, der aber schon wieder in der Mitte des Parkplatzes steht, um ihn versammeln sich schon einige Fahrer.
Mick ist von Barcelona aus in die Schweiz geflogen und hat bei den Vorbereitungen geholfen. Jetzt ist er extra vom Berg runter gewandert, um alle abzuholen.
Ob er mir nicht vertraut, alleine den Weg zu finden? Wahrscheinlich.
Ich steige aus, schnappe mir meinen Rucksack aus dem Kofferraum und lasse den großen Koffer zurück, den ich für die nächsten Tage gepackt habe. Sonntag nach dem Rennen bin ich nach Mailand geflogen, weil ich noch bis Dienstag bei Prema arbeiten musste. Heute Morgen bin ich nach Graz geflogen, der nächste Flughafen von Spielberg, und hab dort Liv getroffen, die von Wien mit dem Zug kam. Ich freue mich riesig, meine beste Freundin dabei zu haben.
Der Österreich Grand Prix ist sowas wie ein Heim-Grand-Prix für die Schumachers, da es in der Schweiz ja keinen gibt. Dass sich hier die ganze Familie trifft, war damals als Papa gefahren ist schon Tradition, und nachdem Mick in die F3 und dann in die F2 kam, die beide in Spielberg fahren, führten wir die Tradition fort und der Kreis erweiterte sich um Liv und Felix.
Mit Zweiterem hab ich seit unserem Streit auf Carlos Rooftop-Party nicht mehr gesprochen. Zwar war er Sonntag beim Rennen in Barcelona dabei, doch hatte ich zu viel bei Mercedes zu tun, und er war in der Haas-Garage bei Mick.

»Hab mich mit Felix ausgesprochen. Nimm ihm das von der Party nicht allzu übel. Er trinkt zu viel. Es geht ihm wirklich nicht allzu blendend. Vielleicht redet ihr ja am Dienstag?«
schrieb Mick mir nach dem Rennen, als er schon im Flieger nach Zürich saß.
Wie immer war er bemüht, dass alle sich verstanden. 

Ich bemerke auch Livs Blick, der über die ganzen Jungs wandert, wahrscheinlich scannt auch sie die Menge nach unserem besten Freund ab.
"Mum hat mir vorhin noch ein Bild geschickt, wo Felix mit Onkel Henry die Terrasse aufbaut. Ich glaube, er ist nicht mit runter gekommen." beruhige ich meine beste Freundin, die vor nicht allzu langer Zeit total unvorhersehbar von ihm gekorbt wurde.
Sie nickt knapp. Bislang hatten wir kaum Zeit gefunden, darüber zu reden, wie es ihr mit der Situation geht. Am Montag fasste ich mir jedoch ein Herz und erzählte ihr in einem Facetime-Call von meinem Streit mit ihm und – unangenehmerweise – auch davon, dass er mir seine Gefühle gestanden hatte. Es fiel mir alles andere als leicht, da wir vor einigen Wochen noch dachten, dass ein anderes Mädchen der Grund sei, warum Felix Livs Gefühle nicht erwidert.
Was an sich schon völliger Unsinn ist, denn diese hätte am wenigsten dafür gekonnt.
Selbst wenn es sie nicht gäbe, wäre das keine Garantie, dass er automatisch in Liv verliebt wäre. Doch die Tatsache, dass dieses Mädchen gar nicht existiert und dass ich es bin, auf die wir die ganze Schuld geschoben hätten, ist schwer zu ertragen.
Und glaubt mir, ich würde sehr viel dafür geben, dass es anders wäre. Dass meine beste Freundin kein angebrochenes Herz hätte. Doch wenn ich mir in einer Sache sicher bin, dann, dass sie niemand verdient hat, der sie nicht abgöttisch verehrt.
"Da sind genug süße Jungs dabei, du wirst gar keine Kapazität haben, traurig wegen Felix zu sein." versuche ich sie aufzumuntern, während ich mich bei ihr einhake und wir auf die anderen zugehen.
Mein Versuch die aufzuheitern klappt, sie lacht herzhaft auf und murmelt dann: "Du hast recht. Es ist unverschämt, dass die alle genauso gut wie im TV aussehen."
Vor lauter Zustimmung gluckse ich auf. Liv kennt zwar die meisten, doch auch eher nur vom Sehen. Mit George und Carmen hatte sie bereits mehr zu tun, Charles kennt sie bloß von unserer Clubnacht in Monaco, nach meiner Trennung. Und wir wissen alle, was da passiert ist.
Lando hat sie ja bereits in der Schweiz kennen und, Gott sei Dank, mögen gelernt.
Es fehlen also nur noch Carlos, Lewis, sowie Oscar und Lily.

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