Kapitel 99

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Doch natürlich sind nicht alle hier, als es dann wirklich geschieht, als Ben auftaucht. Genauer gesagt bin ich komplett alleine, als ich von der Toilette zurück stolpere und ihm in dem schmalen Gang begegne.
Ich bin froh, dass der Gin in meinem Blut schon etwas wirkt, denn er lässt mich mutiger werden und wenn ich eines will, dann diesem Mann nicht das Gefühl geben, dass er es schafft, mich einzuschüchtern. Also straffe ich meine Schultern und lege ein gespieltes Lächeln auf meine Lippen, als er vor mir stehen bleibt und mich mustert.
Natürlich stecke ich in einem Kleid, das man wählen würde, wenn man Gefahr läuft, dem Ex zu begegnen.
"Emilia." sagt er und ich hasse es, wie er meinen Namen ausspricht.
"Ben." erwidere ich kühl und hoffe, dass er die Abneigung in meiner Stimme bemerkt.
Er trägt eine Jeans und ein lockeres schwarzes Hemd, seine dunklen Haare sind perfekt nach hinten gegelt – äußerlich hat er sich kaum verändert.

"Du siehst anders aus

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"Du siehst anders aus." stellt er fest, als hätte er meine Gedanken gelesen.
"Ich wollte dir gerade das Gegenteilige sagen." erwidere ich und schmunzle leicht.
Obwohl da so viel Schmerz ist, ist da auch noch Vertrautheit, die vielleicht einfach nicht verschwindet, wenn man so lange zusammen war und sich so gut kannte.
Bens Gesichtsausdruck wird weicher, und für einen klitzekleinen Moment erkenne ich den Mann, den ich einmal so geliebt habe.
"Ich meine damit natürlich, dass du gut aussiehst. Glücklich. Bist du das denn?"
Seine Worte überraschen mich. Nach unserer unterkühlten Begegnung am Vormittag habe ich mit tiefster Eiszeit gerechnet, nicht mit Frühlingsbeginn. Ich nicke also verwundert, woraufhin er lächelt.
"Du auch?" schieße ich aus Höflichkeit hinterher.
Er sieht mich etwas länger an, bevor er antwortet.
"Ja. So glücklich wie man nach ... so etwas wieder werden kann, nehme ich an."

Nein, Ben, was machst du denn? Das ist Smalltalk. Warum bringst du das Thema auf? Warum hier? Warum so schnell? Warum so unerwartet?

Ich bin froh, die Wand in meinem Rücken zu spüren, als ich zurück stolper.
Erst dann bemerke ich, dass er einen Schritt auf mich zugemacht hat. Doch ich zucke erschrocken zusammen und als er dann noch nach meiner Hüfte greifen will, schreie ich auf. Einige Leute in der Nähe drehen sich zu uns um, aber es ist Charles' Stimme, die meine Aufmerksamkeit fesselt.
Er tritt gerade aus der Herrentoilette und schaut fragend zu uns.
"Warst das gerade du?" will er wissen und stellt sich neben mich.
"Sorry, ich hab mich bloß erschrocken." spiele ich die Situation aus Nervosität herunter, und eigentlich bereue ich es sofort.
Egal was zwischen Charles und mir vorgefallen ist, es ist so viel weniger schlimm als all das, was Ben mir angetan hat. Und eigentlich möchte ich nur raus aus dieser Situation.
Ich sehe also zu Charles, der Ben mustert und dann feststellt: "Du bist Emilias Ex."
Dieser streckt ihm höflich die Hand entgegen, während er sagt: "Ben Laurent. Freut mich."
"Sage ich ja, Emilias Ex." erwidert Charles trocken und nimmt sie aus reiner Höflichkeit entgegen.
Ich sehe schmunzelnd zu Boden. Gott, ich vermisse Charles wirklich. Vor allem in solchen Situationen. Nicht nur mit seinem Humor, sondern mit seiner bloßen Anwesenheit, schafft er es, dass ich mich sofort 100 Mal wohler fühle.
Ben schnaubt auf, als Reaktion auf Charles' provokante Aussage.
"Dann bist du also auch nicht Charles Leclerc, sondern der Typ, dem sie keine Chance gegeben hat?" erwidert mein Exfreund schlagfertig.
Bereit zum Bullenkampf, die Herren?
Fassungslos schüttle ich den Kopf, stoße mich von der Wand weg und versuche den beiden zu signalisieren, dass ich gehe. Doch sie funkeln sich an und haben keine Aufmerksamkeit für mich.
"Ich denke, wir sollten gehen, Em." brummt Charles dann doch und ich bin froh, dass er meinen stummen Wunsch erhört hat.
Als Reaktion lacht Ben verächtlich auf.
"Was willst du von ihr denn noch? Bei der Pressekonferenz schienst du begriffen zu haben, dass sie es nicht wert ist."
Ich weiß nicht, ob Ben getrunken hat, oder ob Charles' Provokation ihn so aus der Reserve gelockt hat, doch seine Stimmungsschwankungen versetzen mich zurück in unsere gemeinsame Zeit.
Gerade eben ist er ehrlich daran interessiert, ob ich glücklich bin, um sich jetzt so über mich zu äußern?

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