Kapitel 29

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Die Bar scheint exklusiver zu sein als ich dachte, und ich bin froh über meine Kleiderwahl. Auch wenn ich persönlich es nicht so schick brauche, merke ich, dass die Türsteher, die nicht jeden reinlassen, und die gedimmten Räumlichkeiten, Lando ein gutes Gefühl geben.
Als mein Dad mindestens so berühmt war wie Lando jetzt, war ich zu jung, als dass es mich betroffen hätte, und bei Mick hat es bislang noch nicht solche Ausmaße angenommen. Spätestens als Lando mich im Inneren der Bar an die Hand nimmt, um sicherzustellen, dass wir uns nicht verlieren, merke ich, dass die Anspannung von ihm fällt. Als ich Max & Pietra schon an einem der Tische erkenne, da sie sich durch das Winken erkenntlich zeigen, lasse ich Landos Hand aber los. Ich weiß nicht, was er ihnen erzählt hat und wohin das mit uns noch führt, also will ich ihm vor seinen Freunden alles offen lassen.
"Du musst Emilia sein, ich hab schon so viel von dir gehört!" springt mir Pietra in die Arme, als wir an ihren Tisch ankommen. Und was soll ich sagen? Ich mag sie sofort.
Max und Lando beobachten uns lachend, bevor ich auch Landos besten Freund umarme. Ich setze mich neben Pietra, gegenüber von Lando, auf einen der Barhocker, als sie mich musternd ansieht und sagt: "Du bist ja im TV schon wunderschön, aber holy, in diesem Outfit ..."
Ich werde sofort rot, da ich nicht mit Komplimenten umgehen kann. Deshalb versuche ich es mit Humor zu überspielen: "Das Outfit wäre auch nicht so arbeitstauglich."
Wenigstens schaffe ich es damit, alle zum Lachen zu bringen.
Die erste Stunde vergeht wie im Flug, auch wenn ich noch etwas angespannt bin und das Gefühl hab, mich auf dem Präsentierteller zu befinden. Max & Pietra beobachten mich ganz genau, doch nicht auf skeptische Art und Weise, eher wohlwollend.
Und ich wär genauso, wenn mir Freundinnen potentielle... ja was? Potentielle Partner vorstellen? Mein ich das wirklich so? Ich nehme einen großen Schluck von meinem Gin Tonic und merke, dass ich immer weniger Sorge vor einem klärenden Gespräch mit Lando habe. Wahrscheinlich ist die Ungewissheit gerade schlimmer für mich auszuhalten, als alles, was dabei auf den Tisch kommen könnte. Wenn rauskommt, dass Lando keine ernsten Absichten hat, wär ich fein damit. Obwohl bei dem Gedanken etwas in meinem Bauch zu zwicken beginnt.
Und wenn er ernste Absichten hätte? Ist es das, was ich mir wünsche? Aber warum macht mir der Gedanke dann so Angst? Wär ich bereit dafür? Müsste der Gedanken daran sich dann nicht besser anfühlen?
Ich merke, wie mein Overthinking mich überkommt und entschuldige mich deshalb bei den dreien, um mich kurz auf der Toilette zu sammeln. Am Weg dorthin tippe ich eine Nachricht an Liv. 

»Woran erkennt man, dass man für etwas bereit ist, oder eben nicht?« 

Dann lege mein Handy auf dem Waschtisch ab und lasse kaltes Wasser über meine Handgelenke laufen. Ich greife mir mit meiner kühlen Hand in den Nacken und lese Livs prompte Antwort. 

»🫀« steht da geschrieben. 

Wirklich, Liv? Welche Poetin ist an meiner besten Freundin plötzlich verloren gegangen?

»Ruf an, wann immer du reden willst. Und ansonsten erwarte ich spätestens am Montag einen Podcast übers Wochenende. 🩷« pingt eine weitere Nachricht von ihr auf. 

Wie sehr ich sie doch liebe. Ich herze ihre Nachricht, stecke dann mein Handy wieder in die Tasche und gehe zurück zu den Anderen, die jetzt nicht mehr nur zu dritt sind. Lando stellt mich zwei weiteren Freunden vor, Theo und Martin. Theo ist gebürtiger Monegasse und Lando hat ihn kennengelernt, als er hierher gezogen war. Martin ist kroatischer GT Open Rennfahrer, weshalb wir gleich ein Gesprächsthema haben. Ich freue mich auch darüber, bis er meinen Vater in einem harmlosen Nebensatz erwähnt.
"Ich verfolge Micks Karriere schon lange, genauso wie ich die eures Vaters verfolgt habe."
Er meint es nur nett, ich weiß. Trotzdem schlucke ich und spüre Landos besorgten Blick auf mir. "Hey, ich hol uns eine Runde Shots und wir treffen uns auf der Tanzfläche wieder." Mit dieser Ansage springt er von seinem Barhocker und sorgt dafür, dass ich nicht vergeblich nach einer Antwort suchen muss. Pietra zieht mich mit auf die Tanzfläche und meine Gedanken sind schnell woanders. Doch die Shots, die Lando anschleppt, kann ich gut gebrauchen.
"Hey, Em!" schreit mir Lando plötzlich zu, als der DJ gerade einen neuen Song auflegt. Ich sehe ihn fragend an und da wir nicht nebeneinander stehen, greift er nach meiner Hand und zieht mich zu sich.
"Dein Lieblingssong." Er grinst mich an und ich vergrabe meinen Kopf, peinlich berührt in seiner Brust. Der DJ spielt Beyoncès 'Texas hold'em' und damit den Song, den ich in Portugal als Entschuldigung nutzte, um nicht mit Lando sprechen zu müssen.
"Etwa nicht?" will Lando neckisch wissen und hebt mein Kinn mit seinen Fingern an, so dass ich ihm in die Augen sehen muss.
"Die Wahrheit würde dich zu sehr verletzen." erwidere ich frech und beginne zu kichern.
Als wär ich 15, ehrlich, was ist nur mit mir los? Lando nimmt die Herausforderung an und lässt so lange nicht locker, bis ich ausspreche, was er schon an diesem Abend wusste: "Ich hatte bloß überhaupt keine Lust mit dir zu sprechen, und das ist alles andere als meine Musik."
Lando schlägt sich theatralisch die Hand an sein Herz und blickt schmerzvoll drein. Obwohl ich ernst bleiben will, bringt er mich sofort zum Lachen. Dann zieht er mich plötzlich näher an sich und flüstert mir ins Ohr: "Du weißt, dass wir uns schon an diesem Abend aussprechen hätten können, oder?"
Das Thema könnte ein ganz Ernstes sein, doch ich höre das Lachen in seiner Stimme und bin dankbar, dass wir jetzt Witze darüber machen können. Ja, wir hätten uns einiges erspart, aber... wir stehen jetzt trotzdem gemeinsam hier.
"Das wäre zu einfach gewesen, damals." flüstere ich gerade noch laut genug in sein Ohr.
"Dafür könnte es jetzt so einfach sein, Em." erwidert Lando und sieht mir jetzt direkt in die Augen.
Unsere Gesichter sind sich so nahe, dass unsere Nasenspitzen sich schon berühren. Das erste Mal seit dem Kuss in Jeddah sind wir uns so nahe. Zumindest körperlich.
"Es könnte so einfach sein, und doch will ich dir zeigen, dass es auch anders geht." löst Lando den unendlich langen, spannenden Moment zwischen uns in Luft auf. Verwirrt sehe ich ihn an. "Unsere Aussprache war für mich ein Neuanfang. Ich möchte es ab jetzt richtig machen, aber ich weiß nicht, ob ich das kann. Und bis ich mir darüber im Klaren bin, kann ich von dir nicht diese Nähe verlangen und mir einfach nehmen, was ich will." erklärt Lando und ich bin überrascht, wie leicht es ihm fällt, über seine Gefühle zu reden.
Er weiß nicht, ob er das kann. Er ist sich unsicher darüber, was er will. Na toll. Ich nicke. Immerhin will er nicht nichts, aber auch wenn ich mich selbst gerade noch vor lauter Unsicherheit auf der Toilette verstecken musste, scheint es mir bei Lando ja wahnsinnig viel auszumachen. Logisch.
"Ich hol mir ein Wasser, ich bin gleich wieder da." murmle ich ihm zu und dränge mich Richtung Bar. Mittlerweile ist es wirklich voll geworden, und ich habe mich natürlich mal wieder für zu hohe Heels mit zu dünnem Absatz entschieden, weshalb ich jetzt etwas durch die Menge wanke. Natürlich stolpere ich und ramme die breiten Schultern eines Mannes vor mir. Als ich ihn fluchen höre, kommt mir die Stimme schon bekannt vor, als er sich umdreht, kann ich es nicht mehr bestreiten. Vor mir steht niemand Geringeres als Charles Leclerc und sieht mich überrascht an. "Emilia, mit dir hab ich jetzt nicht gerechnet."
Ich versuche meinen entsetzten Blick zu überspielen und entgegne dummerweise "Ich mit dir auch nicht.".
Das scheint den Prinz von Monaco ziemlich zu degradieren, fällt mir gleich danach auf, doch die Worte haben schon meinen Mund verlassen. Charles scheint seinen verletzten Stolz aber schnell runtergeschluckt zu haben und zieht mich zu sich um mich zur Begrüßung drei Mal auf die Wangen zu küssen. 

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