Kapitel 79

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Zwei Stockwerke, dunkles Holz, große Fensterfronten und eine riesige Veranda, sie sich vor dem Wohnzimmer erstreckt und in den weitläufigen Garten führt, der auf der einen Seite von dichtem Wald umgeben ist, auf der anderen Seite einen Blick ins Tal bietet.


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Ich stehe an das Holzgeländer der Veranda gelehnt, in meiner Hand ein Glas Sekt, den Mum natürlich perfekt gekühlt hat, in meinem Blick Liv und Felix, die Richtung Wald davongehen.
Es war richtig von ihm, sie gleich nach unserer Ankunft hier oben rauszupicken und um ein Gespräch zu bitten. Längst überfällig.
Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als Lando sich neben mich stellt und meinem Blick folgt.
"Habt ihr schon gesprochen?"
Ich schüttle den Kopf. Lando weiß, dass Felix mir in Barcelona seine Gefühle gestanden hat, doch entgegen meiner Erwartungen scheint es ihn nicht überrascht zu haben.
"Du hast scheinbar kein Talent, Zeichen zu deuten. Dir muss man seine Gefühle eher auf dem Präsentierteller liefern." neckte er mich, als ich ihm am Freitag in seinem Hotelzimmer alles erzählte.
Natürlich weiß ich, dass er damit in gewisser Weise auf uns beide anspielte.
"Schade um seine Songs." murmelt Lando nun.
Ich sehe ihn fragend an, da ich nicht weiß, wie er jetzt darauf kommt.
Er zuckt bloß mit den Schultern, bevor er trocken hinzufügt: "Ich mochte sie wirklich. Bevor ich wusste, dass es in jedem davon um dich geht."
Während ich kopfschüttelnd auflache, nimmt er einen Schluck Sekt aus seinem Glas.
Ich schließe kurz die Augen und erwidere dann seufzend: "Ich möchte einfach nur ein friedliches Wochenende in Spielberg. Endlich weiß ich, wieso sich das zwischen Felix und mir in letzter Zeit immer etwas komisch angefühlt hat. Ich brauch mir also nicht mehr die Schuld daran geben, dass wir uns immer mehr entfremden."
Lando dreht sich um. Sein Blick ist jetzt nicht mehr Richtung Garten und Tal gerichtet, sondern ins Innere der Hütte. Mum hat die großen Fensterfronten zur Veranda aufgeschoben, als wir angekommen sind und nun verteilen sich alle Leute grüppchenweise im Garten, auf der Veranda und im großen Wohnzimmer.
Sein Blick bleibt auf George und Carmen hängen, die neben Mick auf der Couch sitzen und sich mit Tante Margot und Onkel Henry unterhalten.
"George ist mir so viel lieber." sagt er dann. Ich lache erneut auf.
"Vielleicht weil er Carmen gerade einen Antrag gemacht hat und die beiden das Traumpaar schlechthin sind." kommentiere ich.
Lando nickt zustimmend und grinst dabei. Als er sich zu mir dreht und unsere Blicke sich treffen, ist die ganze Geräuschkulisse um uns plötzlich verschwunden. Zumindest in meinem Kopf.
Es kommt mir so vor, als würde die Farbe seiner Augen sich ständig verändern, je nachdem aus welchem Winkel Licht darauf trifft. Jetzt sind sie fast hellgrün und ich versinke darin.
"Geht's dir gut?" verhindert er, dass ich noch weiter sinke.
Ich nicke bloß, denn ich weiß, dass er auf das Thema mit Dad und der Hütte von vorhin hinaus will. Es ist nicht so, dass ich mich ihm komplett verschließen will, doch ich kann nicht einfach so im Alltag über meine Gefühle diesbezüglich sprechen. Ich habe gelernt, welche Antworten ich auf welche Fragen geben kann. Ja nicht zu emotional, ja nicht zu traurig.
Mit der Entscheidung dem Motorsport nicht den Rücken zuzukehren, nach allem was passiert ist, hat Mick eine Entscheidung für unsere ganze Familie getroffen. Die Entscheidung, weiterhin in der Öffentlichkeit zu stehen und den Spekulationen, Fragen und Blicken ausgesetzt zu sein.
Doch jetzt ist es nicht mehr nur mein Bruder. Mein Gesicht war in den Sozialen Medien die letzten Wochen über sogar fast präsenter. Stets an der Seite von Charles.
"Reden wir mal in Ruhe darüber. Ich kann das nicht einfach so." beschließe ich Lando in meinen Kopf sehen zu lassen.
In den letzten Tagen habe ich gelernt, dass es so viel einfacher ist. Er nickt.
"Wann werden wir bloß mal so viel Ruhe haben, um über alles sprechen zu können?" fügt er seufzend hinzu.
Bevor ich etwas erwidern kann, stellt er sich hinter mich und legt seine Arme um mich. Ich genieße seine Nähe so sehr.
"Denkst du, du kannst dir nächste Woche etwas Zeit und Ruhe einplanen?"
Seine Worte murmelt er mir in mein Haar. Fragend drehe ich mich zu ihm um.
"Vor dem Silverstone Grand Prix?" will ich wissen. Er bejaht.
"Wenn du mir sagst, wofür ich mir Zeit einplanen soll?" schieße ich meine Frage hinterher. Lando lacht leise auf. Scheinbar macht er sich lustig über meine Neugierde.
"Noch nicht. Ich muss davor noch eine wichtige Frage klären. Aber dafür war noch nicht der richtige Moment da."
Gerade als ich mich verwirrt zu Lando umdrehe, sehe ich Mum hinter ihm, wie sie auf uns zusteuert.
"Na? Bereit, um den Sieg zu fahren?" richtet sie ihre Frage an Lando und berührt dabei seinen Oberarm.
Sie weiß, dass ein Platz in den Punkten für ihren eigenen Sohn schon Grund zu feiern ist, weshalb sie sich anscheinend einen weiteren Favoriten für den Sieg gesucht hat. Ich sehe sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
"Du könntest auch zu meinem Team halten, Mum." Die beiden lachen auf, als wäre das das Unvorstellbarste der Welt.
"Wenn's nach deinem Dad ginge, kämen auch die beiden Jungs in Frage." lenkt sie ab und deutet auf Carlos und Charles, die im Garten stehen und den Ausblick bewundern.
Im Gegensatz zu Carlos, der bereits in Australien ein paar Tage bei meiner Familie verbracht hat, weil Lando's Exfreundin ihnen im Hotel in Melbourne auflauerte, hat meine Familie Charles erst heute kennengelernt.
"Er ist ein lieber Junge, oder?" will meine Mum von uns wissen, während auch ihr Blick auf Charles hängen bleibt.
Lando lacht auf und ich weiß genau, dass er an Charles und mich denkt. Die beiden kommen zwar gut miteinander aus und haben beim Abendessen in Barcelona auch ein klärendes Gespräch miteinander gesucht, doch ganz scheint Lando dem Monegassen noch nicht zu trauen. Trotzdem bin ich froh, dass scheinbar beide Interesse daran haben, es hinzukriegen.
"Das ist er." antworte ich meiner Mum und lächle sie sanft an.
Dabei weiß ich, dass auch ich mit ihm sprechen muss. Ich kann ihn nicht jedes Mal, wenn es zwischen Lando und mir wieder passt, hinten anstellen. Das hat er nicht verdient.

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