Kapitel 58

1.2K 54 12
                                    


Es ist mit die beste und auch die schlechteste Zeit, sich für einen Doppeljob bei Prema und Mercedes gleichzeitig zu entscheiden. Bis zur Sommerpause wird die F2 an jedem Rennwochenende mit der einzigen Ausnahme von Kanada fahren. Das bedeutet für mich doppelte Arbeit und gleichzeitig alles für die Übergabe bereit machen. Meine Kollegin Bianca, die mich hier bei Prema ersetzen wird, begleitet mich von nun an bei fast all meinen täglichen Aufgaben. Zudem bekommen wir einen Sommerpraktikanten, der eingeschult werden muss und schlussendlich habe ich kaum noch eine freie Minute, nur für mich.
In Imola stoßen Mum, Tante Margot, Onkel Henry und Ava auch noch zu uns und ich laufe nur noch zwischen ihnen, Prema und Mercedes hin und her.
Lando bekomme ich kaum zu Gesicht und meine Gefühle habe ich seit dem Abend in meiner Mailänder Wohnung gut verdrängen können. Ob das der beste Umgang damit ist? Wohl kaum.
Aber abgesehen davon, dass ich es mir jobtechnisch gerade nicht leisten kann, abgelenkt zu sein, ist es zu schmerzhaft, mich damit zu beschäftigen.
Die letzten Monate kam ich gut damit zurecht.
Doch langsam habe ich das Gefühl, dass Lando meine Mauern zum Einsturz bringt. Und das bringt nicht nur meine Gefühle für ihn zum Vorschein, sondern auch die negativen Emotionen, die immer noch tief in mir schlummern. Lando hat mich weicher gemacht. Und verletzlicher.

Anfang der Woche schrieb mir Lando, dass ich mich melden soll, wenn ich reden möchte.
Als wir uns am Freitag zwischen den freien Trainings im Paddock trafen, weil er meiner Familie Gesellschaft leistete, wollte er mich zum Frühstück am nächsten Tag treffen. Dieses verbrachte ich dann lieber mit George und Carmen und sagte ihm ab. Gerade weil ich mich ihm gegenüber die letzten Tage so blöd verhalten habe, freut es mich umso mehr, dass er mit einem sehr knappen zweiten Platz ein so gutes Rennergebnis erzielen konnte. Ich verfolge das Rennen von der Mercedes-Box aus, in Gesellschaft von Toto, während meine Familie Mick von der Haas-Garage aus anfeuert. Natürlich wäre ich gerne bei ihnen, aber ich weiß, unser Vater wäre stolz auf mich, und so ist es auch meine restliche Familie.

 Natürlich wäre ich gerne bei ihnen, aber ich weiß, unser Vater wäre stolz auf mich, und so ist es auch meine restliche Familie

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.


Nach der Siegerehrung, die ich dieses mal brav aus der Box verfolge, warte ich im Paddock auf Toto, der noch in Interviews steckt. Bevor ich gehe und das Rennwochenende damit für mich abschließe, steht noch ein Feedbackgespräch an, das auch als Art Übergabe dient, solange ich nach den Rennwochenenden noch zu Prema zurückkehre.
Als die Tür sich öffnet und ein dunkelhaariger Mann hindurch geht, erkenne ich schnell, dass es Charles und nicht Toto ist. Er trägt bereits seine eigenen Klamotten, steckt in einer oversized Jeans und einem roten Pulli. Seine Haare sind verstrubbelt, was dem Helm geschuldet sein kann, doch auch seine Augenringe deuten nicht darauf hin, dass es ihm sonderlich gut geht. Und das trotz seines dritten Platzes heute. Als er mich an der Bar sitzen sieht, winke ich ihm und er steuert auf mich zu.
"Sag mir, dass du eins mit mir trinkst." murmelt er zur Begrüßung und setzt sich neben mich auf den Barhocker.
"Och, Charles.." mache ich. "Ich bin selbst mit dem Auto da und weiß nicht, wie gut es bei Toto ankommt, wenn ich die Übergabe mit einem Drink mache."
Charles lacht zwar auf, sieht mich dann aber seufzend an. Sein Anblick gibt mir das Gefühl, dass er mit dem Drink nicht unbedingt auf sein gutes Ergebnis anstoßen möchte.

Pit Lane Passion - F1 relatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt