Aus dem Leben eines Mädchens..~♥

12.08.2014

Brett

      
Sanft rastete mein Zimmerfenster in seine Halterung zurück, welches zuvor gekippt war. Doch spätestens jetzt musste ich es schließen, da es bereits schon zum vierten Mal heute zu regnen begann. Mittlerweile war die Hitzewelle vorbei, was gleichzeitig auch hieß, dass tagtäglich Regenschauer, bis hin zu Gewittern auf die Erde niederprasselte. Klar, es war wochenlang ziemlich heiß gewesen und musste sich schließlich auch irgendwie entladen, wenn die Luft langsam wieder abkühlte.

Seufzend lugte ich aus dem Fenster und schaute direkt auf den schwer behangenen Himmel, dessen Wolken allesamt hell- bis dunkelgrau waren. Bis jetzt tröpfelte es nur etwas, doch ich wusste, dass es nicht mehr lange dauerte, bis es wieder schütten würde. Wie die gesamte letzte Woche auch. Ein Blick auf das Thermometer, welches an meiner Wand hing und nicht nur die Zimmertemperatur maß, verriet mir, dass es nur noch knappe 22°C hatte. Im Vergleich zu den letzten Tagen hatte es wirklich verdammt abgekühlt.

Ich verließ mein Fenster, da ich nach unten gehen wollte, um mir was zu trinken zu holen. Mein Gaumen fühlte sich an wie ausgetrocknet.

         
Als ich in der Küche unten ankam, sah ich Dad am Tresen stehen und sich irgendetwas durchlesen. So wie es aussah, war es mein Zeugnis. Leise ging ich zum nächsten Küchenschrank, holte mir ein frisches Glas heraus und schenkte mir von der Wasserflasche, welche am Rand stand, etwas ein. Anschließend trat ich neben ihn. Er sah sich tatsächlich mein Zeugnis an.

Dad lächelte, als er mich bemerkte und machte mir automatisch mehr Platz. "Du hast dich im Vergleich zu den letzten Jahren ganz schön verbessert.", bemerkte er und fixierte nach wie vor die Buchstaben auf dem Blatt, welches Zeugnis genannt wurde. "Vor allem in Mathe." Nun sah er mich an. "Hast es von einer deutlichen vier auf eine stabile drei geschafft. Was in all den Jahren davor nicht der Fall war." Er hörte sich überrascht an und in seiner Stimme schwang so etwas wie Stolz mit. Ich lächelte unbeholfen und kratzte mich verlegen am Kopf. "Ach weißt du.. Das hätte sich dieses bzw. letztes Jahr sicher auch nicht geändert, wenn mir David nicht geholfen hätte. Er ist wirklich ein Genie in dem Fach und hat mir alles Mögliche immer und immer wieder erklärt, bis ich es so einigermaßen verstanden hatte. Er hat so eine Engelsgeduld, das ist der Wahnsinn. Ich an seiner Stelle wäre schon längst abgehauen, wenn ich so jemanden wie mich in irgendeinem Fach sozusagen Nachhilfe geben müsste." Dad nickte nachdenklich. "Deswegen war er in letzter Zeit auch so oft hier oder? Er hat dir Nachhilfe gegeben.", stellte er fest. "Jap." Ich seufzte. Ich dachte an die ganzen Nachmittage, die wir gemeinsam verbracht hatten, weil ich mal wieder Hilfe in Mathe brauchte. Stundenlang hatte er auf mich eingeredet, um mir nur irgendwie etwas zu erklären.. hatte mich eine Aufgabe nach der anderen machen lassen. Ging jedes Mal diese dann nochmal mit mir durch.. Ich fragte mich wirklich oft, von wo er nur diese Geduld herbekam. Er opferte so viel Zeit für mich.. Und ich war ihm dafür wahnsinnig dankbar. Ohne ihn hätte ich das niemals geschafft, das war uns beiden klar. Er forderte dafür auch kein Geld oder so. Macht es einfach, weil er mir helfen wollte. Sagt, dass er es umsonst macht, da wir befreundet waren. Sogar beste Freunde waren. Und für seine Freunde forderte er kein Geld für sowas. Das hatte er selbst gesagt. Ich seufzte erneut. David war einfach zu gut für diese Welt. Er tat so viel Gutes.. und hatte es eigentlich auch gar nicht verdient auf irgendeine Art und Weise hintergangen zu werden. Da kam mir wieder der Vorfall vor knapp einem Monat, Anfang der Sommerferien, in den Sinn. Im Schwimmbad. Markus und Max. David's ehemaliger bester Freund tat sich mit dem Jungen zusammen, den keiner von uns ausstehen konnte. Das hatte er nicht verdient.. Keiner hatte es verdient so hintergangen zu werden. Und ich wusste genau wovon ich sprach. Ich hatte ebenfalls mal mit solchen Leuten zu tun gehabt. Angebliche Freunde, die mich dann komplett verarscht hatten.
           

"Großer?" Dad war derjenige, der mich aus meinen Gedanken riss. Ich blinzelte verwirrt. "Ja?" Er schmunzelte. "Ich sagte, dass du dein Zeugnis mit hoch nehmen sollst. Es ist schon unterschrieben, nicht dass du es vergisst, wenn die Schule wieder anfängt. Ist ja schon in acht Tagen.", wiederholte er. "Äh.. ja..", stotterte ich und ergriff mein Zeugnis. "Aber sei leise.", sagte er noch, nachdem ich eine Hand schon an die Türklinke gelegt hatte. "Mum hat sich nochmal hingelegt, wegen starken Kopfschmerzen." Ich nickte und wollte gerade die Tür aufstoßen, als Dad erneut zu sprechen begann. "Und Brett..." Ich drehte mich zu ihm um. "Ja?" Er sah mich an und lächelte. "Ich wollte nur sagen, dass ich stolz auf dich bin. Irgendwie sag ich dir das viel zu selten. Du hast sowohl in guten, als auch in nicht so guten Zeiten durchgehalten und niemals aufgegeben. Und genau das ist das, was mich so stolz macht.", verkündete er vollkommen ernst. Sein Blick starr auf mich gerichtet. Ich blinzelte überrascht. Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit sowas. Ich lächelte leicht, wusste jedoch nicht was ich sagen sollte. Weshalb ich kurzerhand einfach auf ihn zu kam und ihn umarmte. Und nichts sagte. Dad ließ es zu, erwiderte sogar die Umarmung. Nach einer Weile lösten wir uns wieder voneinander. "Ich hab' dich lieb, Dad.", flüsterte ich, bevor ich mich anschließend rauf in mein Zimmer. So leise wie möglich natürlich.