03.07.2015

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Fabian

       
Meine Beine fühlten sich an, als bestünden sie aus hauchdünnen Stöcken, die drohten jeden Moment einzuknicken, als ich am Nachmittag die Eppendorfer Landstraße entlang ging. Auf direktem Weg zu Alex. Ja, ich hatte vor mich zu entschuldigen... Hier und jetzt. Denn wenn ich es jetzt nicht tat, wusste ich nicht, wann ich je wieder so viel Mut aufbringen würde. Ich hatte ohnehin eh schon so viel Schiss... Mehr Mut als in diesem Moment konnte ich gar nicht aufbringen. Von dem dröhnendem schnell schlagendem Herzen in meiner Brust, der Unruhe in meinem Bauch und den wackeligen Beinen einmal abgesehen. Das würde sich alles legen, wenn ich es denn erst einmal hinter mir hatte. Und wenn ich hoffentlich erfolgreich darin gewesen war... Was ich noch immer bezweifelte, trotz der aufmunternden und überzeugenden Worte meiner Schwester. Meiner kleinen Schwester. Die, die sich so sehr gewünscht hatte, dass ich mich änderte, dass ich zu dem Bruder wurde, den sie sich so sehr gewünscht hatte. Hingegen hatte ich es ihr die Jahre immer schlimmer gemacht, war fies zu ihr gewesen, hatte sie geärgert und war grob mit ihr umgegangen. Doch die Entzugsklinik hatte mir die Augen geöffnet, ich hatte herausgefunden, dass meine Schwester schon immer gehofft hatte, dass ich mich eines Tages änderte. Und das hatte ich getan. Hatte mir geschworen, dass ich sie nie wieder enttäuschte und zu dem Bruder wurde, den sie sich so wünschte. Denn das hatte sie mehr als verdient nach all den qualvollen Jahren. Und auch, wenn meine Eltern noch immer nicht über all jene Jahre geredet hatten, noch immer ihren Mund nicht aufgebracht hatten, hielt ich mein Versprechen, das schwor ich mir. Und mir war klar, Tess würde meinen Kopf eigenhändig ausreißen, wenn ich es nur einmal versaute. Es fiel mir nie schwer, ihr Temperament in all den Jahren einzuschätzen und deshalb wusste ich, dass ich dann ziemlich schlecht dran wäre. Aber das würde ich auch nicht tun.

Doch Tess hin oder her, jetzt hatte ich erst einmal etwas mindestens genauso Wichtiges zu erledigen... Mir meine Liebe zurückzuerobern. Darauf zu hoffen, dass sie mir verzieh. Und scheiße, war ich nervös...
       

Mein Herz machte förmlich einen Satz in meiner Brust, als ich das Reihenhaus mit der Nummer 15 erreichte und vorsichtig die Stufen bis zur Haustür hinauf erklomm. Es schlug immer unruhiger und härter gegen meine Rippen, je näher ich kam. Und als ich direkt vor der Tür stand und den Klingelknopf nach unten drückte, dachte ich endgültig, ich brach gleich zusammen. Doch ich hielt dem stand. Ich würde jetzt nicht schwach werden. Ich zog das durch. Ich musste es durchziehen.

So hieß es warten, bis mir aufgemacht wurde. Jede einzelne Sekunde fühlte sich an, wie eine Ewigkeit und bescherte mir nur noch mehr Aufregung und Herzrasen, was ich echt nicht gebrauchen konnte. Ich sah mich schon förmlich auf die Bordsteinkante fliegen, aufgrund eines Herzinfarkts. Doch dafür fehlte die Zeit. Denn keine zwei Sekunden später wurde mir auch schon geöffnet. Und als ich sah, wer da vor mir stand, trat ich automatisch einen Schritt zurück, da sein wütender Blick, sobald er mich erkannte, mir Respekt und gleichzeitig eine Heidenangst einjagte. David Simpson. Alex' Dad. Ausgerechnet er musste mir die Tür aufmachen... Als wäre ich nicht schon nervös genug. Konnte das nicht ihre Mum oder eine Schwester von ihr übernehmen? Warum ausgerechnet er? Ich merkte schon... heute hatte ich ja besonders viel Glück.

"Was machst du hier? Verschwinde! Alex will dich nicht mehr sehen und ich dich auch nicht!", brüllte er mich keinen Moment später an, was mich zusammen zucken ließ. Natürlich. Mir hätte klar sein sollen, dass ich mittlerweile endgültig untendurch bei ihm war.

"T-Tut mir Leid... Ich wollte...", setzte ich stotternd an, doch ehe ich weitersprechen konnte, wurde ich von einer ernsten, aber bestimmten Stimme unterbrochen, die ich aus Hunderten wiedererkennen würde und bei der mein Herz abermals einen Satz aussetzte. Es war Alex, die wie aus dem Nichts neben ihrem Vater aufgetaucht war. "Schon gut, Dad...", murmelte sie und legte ihm beide Hände auf die Schultern. "Lass mich das machen." David sah mich zwar noch immer mit finsterem, feindseligem Blick an, gab jedoch dann nach, drehte sich um und verschwand grummelnd aus meinem Sichtfeld. Verstohlen holte ich kurz Luft. Endlich war er weg...

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 12, 2017 ⏰

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Aus dem Leben eines Mädchens..~♥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt