09.06.2015

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Fabian
       

Ein lautes Klopfen an der Tür am Morgen riss mich aus dem Schlaf. "Fabian, aufstehen! Du musst zum Frühsport!", ertönte die gedämpfte Stimme von Sebastian. Stöhnend drehte ich mich noch einmal auf die andere Seite und presste das Gesicht tief in die Kissen. Ich wollte noch nicht aufstehen... Die Nacht war viel zu unruhig, als dass ich jetzt um viertel vor sieben schon aus dem Bett kommen würde. Ja, das obwohl ich mir Lukas' Beruhigungstabletten eingeschmissen hatte. Und ja, die hatten kein bisschen geholfen. Mein Kopf war einfach viel zu voll, meine Gedanken viel zu wirr gewesen, da hätte man an Schlaf nicht einmal ansatzweise denken können. Ich hatte sehr viel nachgedacht... Über Lukas' Worte und allgemein, was ich mit dieser Therapie erreichen wollte. Einerseits einfach darüber, dass ich ab jetzt wirklich ein guter Bruder für meine Schwester sein wollte. Sie hatte mein Verhalten ihr gegenüber einfach nicht verdient, egal, ob sie von unseren Eltern besser behandelt wurde oder nicht. Ihr hatte die Gesamtsituation der Familie ja genauso wenig gefallen. Nun ja, wohl eher gesagt die Tatsache, dass ich mich komplett abschottete und nur Ärger verursachte. Und genau das wollte ich ändern. Denn das hatte sie nicht verdient. Sie hatte nicht verdient, von unseren Eltern belogen und hintergangen zu werden. Und was meine Eltern anging... Ich hoffte einfach nur, dass sie endlich etwas einsehen würden. Ich hoffte es so sehr. Denn ich wünschte mir nichts sehnlicher, als dass ich mich in meiner Familie wohlfühlte, ich sie einfach lieben konnte und sie mich. Ich wollte, dass wir einfach einmal zusammen hielten, ganz als Familie. Denn das waren wir nun mal. Und was Alex anging... Ihr wollte ich zeigen, dass ich es wirklich ernst mit ihr meinte, ihr niemals fremdgehen würde und das was letztens passiert war einfach nie passiert hätte dürfen. Und auch ganz sicher nicht passiert wäre, wenn da nicht die verdammten Drogen gewesen wären.

"Nur noch ein bisschen! Bitte!", schrie ich zurück, als Sebastian abermals gegen die Tür klopfte. Doch natürlich gab er nicht so leicht auf. "Vergiss es. Du weißt: Strenger Tagesplan. Und Frühsport ist wichtig für dich!" Stöhnend rappelte ich mich auf und schlug die Bettdecke zurück. Es half ohnehin alles nichts. "Na schön!", erwiderte ich laut. "Ich mach mich fertig." Hastig tastete ich nach meinen Paar schwarzer Socken am Boden und strich sie mir über die Füße. Zur gleichen Zeit fing Sebastian wieder an zu reden. "Gut. Ich komme gleich wieder. Muss nur schnell die Stoppuhr und das Klemmbrett für den Trainer holen. Du ziehst dich derweil um und wartest auf mich, okay?" Ich war gerade dabei nach meiner schwarzen Adidas Sporthose und dem weinroten ausgewaschene T-Shirt zu greifen, als ich verstand, was Sebastian gesagt hatte. "Ist gut!", erwiderte ich einfach nur. Und offensichtlich war Sebastian zufrieden, denn er hakte nicht weiter nach, sondern machte sich gleich auf den Weg.

Seufzend schlüpfte ich im Badezimmer in meine Sporthose und warf mir das alte Teil von T-Shirt über den Kopf. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war Sport. Überhaupt keine Lust drauf. Aber na ja... Vielleicht tat's ja sogar ganz gut und verschaffte mir einen klaren Kopf... Hoffen konnte man ja mal.

Ich drehte den Wasserhahn auf, stellte es auf lauwarm, ehe ich einen kleinen Becher damit füllte und legte die Zahnbürste gleich mit unter den Wasserstrahl. Anschließend quetschte ich gefühlt den letzten Rest aus der Tube und begann meine Zähne zu putzen. Dabei schaute ich in den kleinen Spiegel direkt über dem Waschbecken. Was mir dabei auffiel, war, dass ich mich nicht nur so müde fühlte, sondern tatsächlich auch so aussah. Meine Augenringe hoben sich deutlich von meinem Gesicht ab. Und das, obwohl ich mittlerweile um Längen nicht mehr so blass war wie die Tage davor noch. Ja gut, bei vielleicht... fünf?... Stunden Schlaf, wenn's gut lief, aber auch echt kein Wunder.

Sobald ich fertig war, spülte ich mit dem Becher meinen Mund ordentlich aus und wusch gleich danach mein Gesicht. Cremte mich sogar etwas ein, als ich merkte, dass ein paar Stellen bereits relativ rau und trocken wirkten. Am Ende benutzte ich noch etwas Deo, ehe ich mich da auch noch einmal gewaschen hatte. Ja, mir war klar, dass ich nach dem Frühsport sowieso wieder stinken würde, aber trotzdem. Davor konnte es genauso wenig schaden.

Aus dem Leben eines Mädchens..~♥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt