10.06.2015

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Mikayla

            
Die Klospülung rauschte noch, als ich die Kabine verließ und die Waschbecken im Raum daneben ansteuerte. Es war gerade kleine Pause und in weniger als zehn Minuten würde der Unterricht weitergehen. Dritte Stunde... Da hatte ich Mathe. Yay. Wie ich mich drauf freute... Augenverdrehend drehte ich den Wasserhahn auf, als ich an dem Waschbecken in der Mitte ankam von insgesamt drei. Fluchend drehte ich das Wasser wieder ab, sobald ich meine Hände eingeseift und unter dem Wasserstrahl gesäubert hatte. Warum musste das Wasser auch immer so kalt sein? Warum gab es bei einem normalen Schulklo nicht auch den Regler, der in die andere Richtung ging und das Wasser warm machte? Ich verstand es nicht. Wäre doch viel angenehmer... Sollte man der Rektorin mal vorschlagen, vielleicht sah sie das ja genauso. Oder die Lehrer. Sicherlich hatten die keine Luxusleitungen in ihren Toiletten, die das Wasser extra für sie wärmer machte. Wenn doch, dann überlegte ich ernsthaft, einmal dort einzubrechen, nur um mir einmal in meinem Schülerdasein mir in der Schule die Hände mit warmen Wasser waschen zu können. Wert wär's auf jeden Fall... Aber was soll's. So musste ich eben mit dem normalen kalten Wasser zurechtkommen. Es half nichts.

Ich war gerade dabei, in den Spiegel zu sehen und mir meine etwas vom Sport verstrubbelten Haare zu richten, als plötzlich eine weitere Klospülung anging. Ich runzelte die Stirn. Seltsam... Ich dachte, ich wäre alleine hier drin. Jedenfalls hatte ich sonst niemanden gehört. Vom Spiegel aus, konnte ich erkennen, dass hinter mir ein gewisses Mädchen aus dem Kabinenraum kam und sich an das Waschbecken rechts neben mir gesellte und anfing sich die Hände zu waschen. Es war Bella. Verblüfft und argwöhnisch zugleich, schielte ich so unauffällig wie es mir gelang, zu ihr hinüber. Vollkommen still stand sie da, rieb ihre Hände mit Wasser und Seife und hatte den Kopf gesenkt, weshalb ich ihren Gesichtsausdruck auch nicht genau erkennen konnte. Dennoch war ich mir sicher, dass sie geweint hatte, wenn ich von den leicht rot verquollenen Augen ausging. Schlagartig breitete sich Sorge in mir aus, denn das erinnerte mich daran, wie unglücklich sie zurzeit mit Max wirkte. Ich wusste es nicht, aber war da wirklich was dran? Mit meiner Theorie, dass ihr Max zu anhänglich geworden war? Es machte zumindest den Anschein... Mann, ich wollte es wissen, denn das machte mich schon halb verrückt. Denn ja, ich machte mir tatsächlich Sorgen um sie... Wenn sie schon kaum mehr mit uns sprach, eigentlich so gut wie gar nicht. Nur im Notfall. Okay, da musste ich zugeben, dass wir da genauso wenig unschuldig waren. Aber gerade deswegen wäre es doch ganz gut, mal wieder anzufangen normal miteinander zu reden, um sich ein bisschen anzunähern... oder?

Entschlossen räusperte ich mich, auch wenn es mir einiges abverlangte, Bella tatsächlich darauf anzusprechen. Aber ich wollte eben unbedingt wissen, was los war, und mich ihr eventuell etwas annähern und das am besten bevor sie das Mädchenklo verlassen würde. Also auf. "Ähm... Bella? Ist alles okay bei dir? Du wirkst nicht gerade glücklich... Ist vielleicht irgendwas zwischen Max und dir?", begann ich so vorsichtig wie möglich. Aber offensichtlich nicht vorsichtig genug. Schwer seufzend ließ Bella die Hände sinken und drehte ihren Kopf darauf so langsam zu mir, als ob sie erst sicher gehen musste, ob ich es tatsächlich war. Der Blick, mit dem sie mich dann ansah, bestand aus einer Mischung aus Trotz und Verletzlichkeit. "Das geht dich nichts an.", erwiderte sie so abrupt und ernst, sodass ich mir in der ersten Sekunde nicht sicher war, ob ich mich vielleicht nur verhört hatte. Überrascht erwiderte ich ihren Blick, aus dem ich wirklich nicht schlau werden konnte. "Aber... Bella. Mit dir stimmt irgendwas nicht, das merkt man doch! Ich mach mir Sorgen, verdammt!", versuchte ich es nochmal mit Nachdruck. Doch vergebens. Bella blieb stur. "Ich will nicht drüber reden... okay? Das geht keinen etwas an außer Max und mir. Warum versteht das niemand?!", erklärte sie und schrie mich beim letzten Satz fast an. Ihr Mund bildete sich zu einem Strich und ihre Unterlippe zitterte. Es brauchte nicht viel und sofort durchschoss warme Wut meinen Bauch. Natürlich. Sorge hin oder her, dieses Mädchen schaffte es immer wieder erneut mich von einer auf die nächste Sekunde zur Weißglut zu bringen. "MANN, BELLA! WAS SOLL DAS? ICH WILL DIR WIRKLICH NUR HELFEN ABER DU.... DU SCHANZT DICH KOMPLETT VON UNS AB, SAGST NICHT WAS LOS IST UND BESCHULDIGST UNS AUCH NOCH! ICH VERSTEH DICH EINFACH NICHT!", schrie ich sie an und war gleichzeitig erleichtert, da das endlich gesagt werden musste. Verärgert runzelte Bella die Stirn und in ihren Augen glitzerten erneut Tränen auf. "DAS IST MEINE SACHE, OKAY? Was ich tue oder was in meinem Leben los ist, ist meine Sache. Ganz allein MEINE SACHE! Und ganz im Ernst... Bei euch bin ich mir schon längst nicht mehr sicher, ob ihr mir überhaupt zur Seite gestanden wärt, wenn ich euch wirklich gebraucht hätte.", verteidigte sie sich aufgebracht. Tadelnd sah ich sie an. Das war doch jetzt nicht ihr Ernst... "Ach komm, das ist lächerlich und das weißt du auch!" Scharf sah sie mich an. "ACH JA, IST DAS LÄCHERLICH? FRAG DOCH MAL TESS, OB SIE DAS GENAUSO LÄCHERLICH FINDET!", schrie sie und ich hatte das Gefühl, dass nicht mehr viel fehlte, bis sie komplett durchdrehte. Zumindest erkannte ich das an ihren zitternden Händen... "Jetzt fang nicht schon wieder damit an!", beschwerte ich mich, da ich wirklich keine Lust hatte, wieder darüber zu diskutieren. "DANN LASS MICH DOCH EINFACH IN RUHE! LASST MICH ALLE EINFACH IN RUHE, ICH HABE KEINE LUST MEHR, MICH STÄNDIG VERTEIDIGEN ZU MÜSSEN!", schrie sie hysterisch, während ihr nun wirklich die Tränen über die Wangen liefen. Perplex starrte ich sie an. Und wieder zog sich mein Herz mitleidig zusammen. Doch bevor ich irgendetwas dazu sagen konnte, wurde die Tür aufgestoßen und Tess kam herein. Sie wirkte ziemlich hektisch und leicht verärgert, vor allem schien sie nur so zu ahnen, oder vielleicht auch gehört zu haben, dass wir wieder einmal gestritten hatten. Jedoch war sie aus einem ganz anderen Grund hier. "Könnt ihr eure Streitereien mal für ein paar Stunden zurück drehen? Der Unterricht hat gerade wieder angefangen und wenn Frau Hermann da ist, wird sie euch umbringen. Ihr wisst doch, sie hasst es, wenn man zu spät kommt!"

Aus dem Leben eines Mädchens..~♥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt