07.05.2015

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Mikayla

       
Als ich mich heute Morgen auf meinen Platz setzte, war es noch ziemlich leer im Klassenzimmer. Nur ein paar Mitschüler so wie Louis, Melina und Simon waren dort. Nicht einmal Tess war schon da, sie befand sich noch bei Brett und den anderen, bevor sie es nicht mehr sein konnte, wenn der Unterricht anfangen würde. Ich hatte mich in dem Fall entschuldigen lassen, da ich noch etwas anderes vorhatte.

Entschlossen erhob ich mich, ließ meinen Ordner, den ich für so gut wie jedes Fach benutzte und den ich wahllos durchgeblättert hatte, in der Hoffnung, das eine Arbeitsblatt zu finden, das wir erst gestern durch genommen hatten, und steuerte die hintere Wand an, dort, wo einige bunte Schubfächer steckten, die jeweils mit einem Namen versehen waren. Vor einem bestimmten blieb ich stehen. Es war der neben Bellas, welche gerade dabei war einige Bücher dort zu verstauen. Sie hatte mir den Rücken zugekehrt, weshalb sie mich nicht bemerkte. Ich atmete einmal tief ein und tippte ihr anschließend leicht auf die Schulter. Ruckartig drehte sie sich um. Als sie mich erkannte, wurden ihre Augen groß und sowohl Überraschung als auch leichtes Misstrauen blitzten in ihnen auf. "Was willst du?", fragte sie zwar gefasst, aber distanziert. Ich räusperte mich. "Bella... das gestern. Das, was du gesagt hast. Das stimmt nicht. Tess versucht sich nicht zwischen uns zu drängen, sie will unsere Freundschaft nicht zerstören. Und sie ist auf keinen Fall egoistisch. Du hast nur einiges falsch verstanden." Aufgebracht blitzten ihre Augen auf, nachdem ich das sagte. "Ach, ist das so? Also habe ich etwa auch falsch verstanden, dass du dich in letzter Zeit, und das auch schon länger, viel lieber mit ihr abgibst als mit mir? Weil du angeblich keinen Bock mehr auf mich hast? Bin ich dir etwa nicht mehr gut genug?! Ist das etwa auch nur Einbildung?" Mittlerweile sah sie so wütend und verletzt aus, als würde sie mich am liebsten an den Haaren packen und in der Gegend herumschleudern. Ich schluckte einmal, um den Kloß, der sich in meiner Kehle gebildet hatte, los zu werden. "Hör zu.." Meine Stimme zitterte. "Ich meine das ja nicht böse... nur manchmal ist das eben schwierig. Tess war.. die letzten Monate immer bei mir gewesen, mit ihr konnte ich über alles reden. Und da ist halt unsere Freundschaft irgendwie... auseinander gegangen." Mit einem Ruck schubste Bella das Schubfach an, sodass es mit einem Knall einrastete. Dabei trat sie einen Schritt nach vorne, sodass wir uns nun direkt gegenüberstanden. Nur wenige Zentimeter entfernten sich unsere Gesichter. Sie sah noch immer wütend aus, keine Frage, aber daneben blitzte genauso eine gewisse Verletzlichkeit in ihren Augen auf. "Tess war immer für dich da gewesen... Ich etwa nicht?! Was ist schwierig verdammt? Warum konntest du so nicht mehr mit mir reden? ICH WAR GENAUSO DEINE FREUNDIN!", schrie sie mir ins Gesicht. Zitternd atmete ich aus, um mein laut pochendes Herz ein wenig beruhigen zu können, doch es half nichts. Genauso wenig konnte ich verhindern, dass dieser grässliche Klumpen an angestauter Wut nicht noch größer wurde. "Weißt du was... GENAU DAS MEINE ICH! Du bist diejenige, die nur an sich selbst denkt. Du bist egoistisch und nicht Tess! Du denkst, alles für dich selbst Recht machen zu müssen, wie es anderen dabei geht, ist dir völlig egal. Und das KOTZT MICH AN! ES KOTZT MICH SO AN! Dein Theater dann immer... ich kann es nicht mehr hören. So. Jetzt ist es raus." Sprachlos starrte sie mich an, ihre Kinnlade war nach unten geklappt und in ihren Augen standen Tränen. Doch diesmal rührte mich das kein bisschen. Ernst erwiderte ich ihren fassungslosen Blick und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich wartete auf eine Reaktion, auf irgendwelche Worte, die mich genauso verletzen konnten, aber da kam nichts. Stattdessen drückte sie sich einfach an mir vorbei und rannte aus dem Klassenzimmer. Mein Blick fiel auf Louis, welcher mich mit einer Mischung aus Verwunderung und Angst anschaute. Ich schaute einfach nur starr zurück. Und dann ließ ich meine Arme senken, den Kopf hängen und seufzte schwer. Es war, als hätte man mir einiges an Last von den Schultern genommen. Da war einiges, das ich schon länger hatte sagen wollen, aber nie konnte. Jetzt hatte ich es gekonnt.

Brett

"Ohh.." Vor Schmerz stöhnend wandte sich Mum auf der Couch. Es war bereits früher Nachmittag, ich war noch nicht lange von der Schule Zuhause und meine Mum lag hier schon eine ganze Weile, da sie mal wieder furchtbare Schmerzen hatte. Hm... irgendwie ein Déjà-vu.

Aus dem Leben eines Mädchens..~♥Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt