Am nächsten morgen werde ich durch schlimme Kopfschmerzen geweckt, die sich jetzt bemerkbar machen. Stöhnend schlage ich die Augen auf und setze mich auf. Sofort fällt mir der gestrige Abend wieder ein. Ich habe ihn vergessen, ich habe meinen Freund vergessen! Tränen brennen in meinen Augen als ich mich erinnere. Als ich eine Bewegung neben mir spüre, zucke ich zusammen. Zach liegt neben mir, öffnet jetzt aber verwirrt und müde die Augen.
"Nicht weinen Weather", murmelt Zach und setzt sich nun ebenfalls auf.
"Ich hab Kopfschmerzen."
Er nickt und erhebt sich vom Bett, nur um aus dem Raum zu gehen. Nach ein paar Minuten kommt er mit meinen Tabletten, einem Glas Wasser und einem Brötchen zurück.
"Erstmal wirst du etwas Essen und danach kannst du deine Tabletten nehmen", sanft stubst er mich an und gibt mir das Brötchen. Leise bedanke ich mich und fange an zu essen."Die Operation wird wie geplant Morgen stattfinden, du wirst aber heute schon ins Krankenhaus eingewiesen, verstanden?"
Ich nicke, "Verstanden, Sir."
Zach beißt sich auf die Lippe, aber ich kann sehen, dass er versucht nicht zu grinsen. Doch kurz darauf wird er wieder ernst.
"Wegen gestern -", fängt er an, doch ich rede ihm dazwischen.
"Es tut mir leid. Ich hätte dich nicht vergessen dürfen... dich oder deine Schwester", gedemütigt senke ich meinen Blick.
"Das war doch nicht deine Schuld Kai! Hör auf dich für etwas zu entschuldigen, wofür du nichts kannst. Du... dein Tumor hat sich vergrößert und die Folgen davon sind nun mal nicht schön", meint er und drückt mich an sich."Hat es dir weh getan?", frage ich leise und schlucke den letzten Bissen von dem Brötchen runter.
Seufzend gibt mir Zach die Tabletten und das Glas, "Klar hat es mir weh getan, du bedeutest mir die Welt und mit anzusehen, wie du mich nicht erkannt hast, hat mir das Herz gebrochen. Aber dafür kannst du nichts und bald wird alles wieder gut werden."Hoffentlich hat er recht. Nein, er hat recht! Ich werde es schaffen, wir werden das hin bekommen.
"Laden wir Sara zum essen ein?", frage ich neugierig.
Nervös kratzt sich Zach den Nacken, "Glaubst du, dass ist eine gute Idee?"
"Keine Ahnung, aber sie war gestern bestimmt traurig, als wir sie alleine gelassen haben", mit jedem Wort, bekomme ich ein schlechteres Gewissen.
"Okay, dann rufe ich sie an, und lade sie zum essen ein?", unsicher schaut er mich an, weshalb ich kräftig nicke und meine Tabletten nehme.
"Dann werde ich sie jetzt anrufen", sagt er und geht aus dem Zimmer.Gähnend strecke ich mich und lasse mich wieder nach hinten fallen. Ich ziehe mir die Decke bis zum Kinn hoch und seufze zufrieden. Zach wird es doch bestimmt nichts ausmachen wenn ich jetzt weiterschlafe. Als ich kurz davor bin wieder einzuschlafen, legt sich Zach zu mir und kuschelt sich von hinten an mich.
"Schlaf gut Weather", murmelt er und küsst eine Stelle hinter meinem Ohr.
Ich runzel die Stirn, "Musst du heute nicht arbeiten?"
"Doch, aber erst um die Zeit, in der du dein Zimmer für die nächsten Tage beziehst", nuschelt er in meinen Nacken, was mir eine Gänsehaut verschafft."Für wie lange muss ich denn im Krankenhaus bleiben?", bitte nicht zu lange!
"Kommt drauf an wie die Operation verläuft, ich denke so ein bis zwei Wochen werden auf jedenfall drinne sein", murmelt Zach.
Ich verziehe mein Gesicht, "Aber wieso muss ich denn so lange bleiben?"
Frustriert stöhnt er auf und fängt an, mit seinem Finger auf meinem Gesicht rumzudrücken.
"Was tust du da?", kicher ich und schlage seine Hand weg.
"Ich suche die Stummtaste", grummelt er und festigt seinen Griff um mich.
Empört kneife ich ihm in den Arm.
"Hey!", beschwert er sich, muss aber trotzdem leise lachen.
"Geschieht dir recht Blödmann", grinse ich und schiebe noch ein schnelles 'träum schön' hinterher, ehe ich meine Augen schließe.Als ich wieder aufwache, liege ich alleine im Bett. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es schon halb zwei ist, weshalb ich mich widerwillig hochrappel und ins Bad gehe. In null komma nichts war ich auf der Toilette, habe meine Zähne geputzt und bin schnell unter die Dusche gehüpft. Mit einem Handtuch um die Hüfte gewickelt, gehe ich wieder ins Zimmer zurück und ziehe mich bequem an. Was soviel heißt wie eine Jogginghose von mir und ein Pullover von Zachy.
Noch mit nassen Haaren gehe ich dann in die Küche, um mir einen Kakao zu machen und erschrecke mich dann, als ich Zach und Sara sehe, die am Esstisch sitzen und nun beide zu mir schauen.Unsicher hebe ich die Hand zu einem schüchternen Winken, "Ehm, hi."
Sara ist ebenfalls etwas nervös, steht aber dennoch auf, und kommt zu mir. "Darf ich dich umarmen?", fragt sie und lächelt mich lieb an, was mich zurück lächeln lässt und ich nicke. Schnell legen sich ihre Arme um mich und wir umarmen uns kurz. Als sie sich dann wieder von mir löst, wirkt sie etwas entspannter.
"Ich hab uns was vom Chinesen mitgebracht, ist das Okay?", lächelt sie und deutet auf drei Tüten.
"Absolut", grinse ich und mache mir einen warmen Kakao.
"Toll!", freut sie sich und setzt sich wieder.Mein Blick wandert zu Zach, welcher mich mit einem leichten Lächeln betrachtet.
"Ist was?", frage ich ihn deshalb und setze mich neben ihm.
Er schüttelt den Kopf, "Nein, aber mein Pullover steht dir ja besser als mir, das geht echt gar nicht! Hiermit schenke ich ihn dir."
Lachend gebe ich ihm einen Kuss auf die Wange und nehme mir ein Päckchen mit chinesischen Nudeln. Genüsslich schiebe ich mir eine Gabel in den Mund und seufze.
"Schmeckt's?", schmunzelt Zach und ich nicke, da mein Mund voll ist.
"Also heute ist der große Tag, hm? Bist du schon aufgeregt?", fragt Sara sanft. Ich kaue schnell auf um ihr zu antworten, "Das klingt ja gerade so, als ob ich heiraten würde. Und außerdem ist der große Tag erst morgen und aufgeregt bin ich nicht."
Lügner."Ach das erinnert mich an was", sagt Zach und stubst mich an, "deine Familie plus deine Freunde kommen alle nachher ins Krankenhaus. Austin meinte, wenn ich ihn nicht zu dir lasse, kastriert er mich."
Grinsend verdrehe ich die Augen, "War klar das alle so ein Drama daraus machen."
"Naja, es ist doch eine große Sache und alle wollen dir bei stehen. Das ist doch etwas schönes", meint Sara und fängt ebenfalls an zu essen.
Ich zucke mit den Schultern, "Kann sein."
"Sara hat recht, es ist schön wenn alle an deiner Seite sind und dir Mut geben", stimmt Zach seiner Schwester zu und packt sein Essen aus.Ja es ist schön, dass alle für mich da sind, aber wenn man mal darüber nachdenkt, das alle sich heute so verhalten werden, als ob schon längst fest steht das ich ohne Schäden davon kommen werde, ist komisch. Es fühlt sich so an, als ob ich alle enttäuschen würde wenn etwas schief läuft. Und wie soll sich erst Zach fühlen? Auf ihm lastet so ein hoher Druck und ich habe Angst, dass er dem Druck nicht standhalten kann. Doch am meisten stört mich diese Ungewissheit, dass ich nicht weiß, ob ich ohne bleibende Schäden davon kommen werde. Und die Angst, mich selbst zu hassen, wenn etwas schief geht, wird auch immer größer.
"Kai, dein Essen wird kalt", sagt Zach und holt mich so aus meinen Gedanken.
"Ich wünsche dir wirklich nur das beste, Kai. Du hast es verdient, ohne Tumor weiterzuleben", Sara nimmt meine Hand und drückt sie. Dankbar für ihre Worte lächel ich sie an und widme mich danach wieder meinem Essen.
Zach beugt sich zu mir, "Denk nicht so viel über die OP nach."
Ich nicke, "Tue ich auch nicht."
Nachdenklich schaut er mich an, fängt dann aber wieder an in seinem Essen rumzustochern. Sein Teller ist noch ganz voll, so als ob er noch gar nicht gegessen hat. Besorgt muster ich sein Gesicht, welches leicht angespannt wirkt. Macht er sich etwa genau so viel sorgen?Als Sara sich verabschiedet und mir noch mal viel Glück wünscht, kommt mir die ganze Zeit ein komischer Gedanke. Ich versuche ihn zu verwerfen und mit Zach noch ein Bisschen auf der Couch zu kuscheln. Aber die Frage schleicht sich immer wieder in meine Gedanken.
Werde ich meine Entscheidung bereuen?
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Ich kann es kaum glauben, das Gently Seduced fast 200k Reads hat! Vielen vielen Dank, an alle die meine Geschichte lesen und unterstützen, das bedeutet mir wirklich viel ! ♡
Einen schönen Start in die Woche, nutzt den Tag und beginnt in mit einem Lächeln ☺
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Steps of Weather
Teen FictionFang nie an aufzuhören, hör nie auf anzufangen. Kais Leben ist nicht einfach, war es nie, wird es nie. Er kam mit starken Kopfschmerzen ins Krankenhaus und ging nach Hause mit einem Gehirntumor. Wer hätte gedacht, dass Dr. Google einmal richtig lie...