Seventy Six

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Das Leben kann sich so schnell ändern und nicht immer zum Guten. Du kannst die Liebe deines Lebens treffen und sie wieder verlieren. Du kannst ein neues Auto kaufen und gleich darauf einen tödlichen Unfall bauen. Du kannst mit Freunden aufs Meer rausfahren und von einem Hai angegriffen werden. Oder du kannst, wie in meinem Fall, eine Operation machen um den Tumor zu entfernen, nur um danach im Rollstuhl zu versauern.

Das Leben ist eben nicht fair, wir müssen etwas für unser Glück tun. Homophoben müssen akzeptieren oder zumindest tolerieren, dass jede Liebe gleich ist und dass jeder den lieben kann, den er will, egal welches Geschlecht. Leute die auf Krieg aus sind müssen erkennen, dass keiner etwas aus einem Krieg gewinnen kann. Warum stattdessen nicht Frieden wollen? Jeder hat schonmal das Peace-Zeichen benutzt, aber viele wissen nicht einmal mehr was Peace bedeutet. Jugendliche benutzen es, um sich neben ein fremdes Auto zustellen und cool zu posen oder wenn sie gerade ein Bild mit der ganzen ach so coolen Gang machen.

Wir müssen etwas tun, sagt man. Wir müssen etwas bewirken. Klar hat man wahrscheinlich nicht mit zwei schwulen Teenagern gerechnet, von denen einer im Rollstuhl sitzt und die gratis Bilder verschenken, auf denen Hände ein Herz formen und in diesem Herz die Erde ist. Auf der Erde sind zwei Menschen mit Peace-Zeichen und halten jeweils ein Ende von einem Blatt, wo ein Herz darauf ist.

Lächelnd nimmt eine ältere Frau unser Papierstück entgegen und betrachtet es.
"Darf ich fragen wieso ihr diese Bilder verteilst?", fragt sie freundlich.
Ich zucke mit den Schultern, "Man sollte sich auf die Liebe und den Frieden konzentrieren, nicht darauf, Hass zu verbreiten, denn so schaden wir der Welt nur."
"Eine bemerkenswerte Sichtweise", schmunzelt die Frau und geht mit einem winken in unsere Richtung weiter.

Warum wir mitten in der Stadt Zeichnungen verteilen? Es ist ein Schulprojekt. Unser Lehrer hat uns gebeten einen Film zu drehen und zu zeigen, wie man etwas zur Welt beitragen kann. Austin und ich haben uns gleich daran gesetzt, und sind auf die Idee gekommen die Reaktionen der Personen zu filmen (natürlich nur wenn es uns erlaubt ist), wenn man ihnen diese Zeichnung schenkt, welche Austin extra angefertigt hat.

Austin lässt vor mir die Kamera sinken und seufzt, "Genug für heute. Wenn ich noch einem Spast begegne, raste ich aus."

Seine Worte hatten etwas wahres. Die Traurige Realität war, das nur wenige bereit waren, stehen zu bleiben oder uns zu beachten. Die Mehrheit hat uns unhöflich behandelt oder die Bilder weggeworfen.

"Tja die Menschen sind egoistische Arschgeigen, die nur hinter Geld und Macht her sind, dabei aber die wichtigen Dinge des Lebens vergessen", fügt Jai beiläufig hinzu ohne den Blick von seinem Smartphone zu nehmen.

"Bei solchen atomaren Unfällen bekomme ich Aggressionen", murmelt Austin und massiert sich die Schläfen.
"Wann hast du denn mal keine Aggressionen?", fragt Jai ihn belustigt.
Frech grinsend nimmt Austin seinen Freund das Handy aus der Hand, weshalb Jai nur eine Augenbraue hochzieht.
"Beim Sex", gibt er lässig zurück und begibt sich auf dem Weg zum Auto. Auch Jai und ich folgen ihm langsam, wobei Jai nur Augen für Austins Arsch hat.
Ich schüttel den Kopf, "Warum konzentrieren sich die Menschen immer nur auf den Hass?"

Ich verstehe es einfach nicht, warum von Hass besessen sein, wenn man geliebt wird? Es muss ja nicht nur romantische Liebe sein. Die Liebe kann auch von einem Obdachlosen ausgehen, wenn man ihm etwas Geld schenkt oder etwas zu essen bringt. Doch heutzutage beleidigt und verprügelt man die wehrlosen Leute, dessen Leben eh schon nicht das Beste ist. Man nennt ein Mädchen Schlampe, wenn sie zu viel Make-up trägt. Und wenn sie ungeschminkt sind, werden sie als hässlich betitelt. Ein Junge, der es mag gepflegt auszusehen, wird als schwul abgestempelt. Hingegen wird ein Junge ohne Hygiene als Ekel bezeichnet.

Steps of WeatherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt