Kapitel 1: Sonntagmorgen

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Nicht schon wieder. Es war doch erst halb neun am Sonntagmorgen, also eindeutig viel zu früh, um aufzustehen. Konnte ich nicht wenigstens am Wochenende mit ein bisschen mehr Schlaf gesegnet werden? Natürlich nicht, denn gerade heute musste die Fußballmannschaft meines großen Bruders Felix und meiner drei besten Freunde Tom, Leo und Jonas ein Spiel auf dem Plan haben. Was man nicht alles für die Freundschaft tat. Am Wochenende mehr oder weniger freiwillig zu nachtschlafender Zeit aufstehen, zum Beispiel. Zum Glück waren bald Ferien, um auszuschlafen. Sommerferien, oh wie ich diese Ferien liebte. Leider waren es meine letzten, was mich jedoch nicht im Geringsten daran hindern würde, jeden einzelnen Moment von ihnen mindestens doppelt so sehr zu genießen, wie zuvor.

Genervt schaltete ich den Wecker aus und griff, wie jeden Morgen, erst einmal zu meinem Handy. Natürlich, wie sollte es auch anders sein, hatte ich keine spannenden Nachrichten bekommen.

Schlaftrunken verließ ich mein Bett und bewegte mich in Richtung Badezimmer, da ich mich wenigstens ein bisschen fertig machen musste, damit ich nicht ganz zerstört aussah. Anstoß des Fußballspieles war um zehn Uhr, also hatte ich noch ein wenig Zeit bis Felix mich in seinem Auto zum Sportplatz mitnehmen würde.

Im Spiegel konnte ich das übliche Bild erblicken. Ich sah ein ganz normales 17 Jahre altes Mädchen, dessen dunkelblonde, fast braune Haare zerzaust in alle Richtungen abstanden und unter dessen Augen noch die Mascarareste des Vortages hingen. Hatte ich schon wieder vergessen mich abzuschminken? Naja, auch egal.

Zwanzig Minuten später ging ich halbwegs wach hinunter in die Küche und wünschte meiner Mutter, die schon mit ihrem Laptop am Küchentisch arbeitete, einen guten Morgen. Ich machte mir ein Müsli und setzte mich zu ihr.

Diese entspannte und verschlafene Sonntagmorgenstimmung hielt jedoch nicht lange an, denn wenig später wurde die friedliche Stille, die in der Luft lag, plötzlich durch Gepolter auf der Treppe unterbrochen. Mein Bruder kam vollkommen aufgebracht in die Küche gestürmt.

"Mama! Hast du meine Fußballschuhe gesehen?", rief er.

"Guck doch mal im Schuhschrank.", antwortete meine Mutter ihm komplett in ihre Arbeit vertieft. Sie war Journalistin für ein Wirtschaftsmagazin, weshalb sie praktisch den ganzen Tag vor dem Computer saß. Auch am Sonntag.

Mein Blick ging auf die Uhr über der Küchentür. 9:36Uhr. "Felix, beeil dich, wir müssen los. Wir kommen eh schon zu spät!", schrie ich durchs Haus, denn ich hasste es, zu spät zu kommen.

Ich konnte mich gerade eben noch von unserer Mutter verabschieden, bevor Felix mich hinaus in sein Auto zog.

"Jetzt mach doch mal hinne, Mia. Wir kommen viel zu spät.", meckerte er mich an.

"Wer hat denn seine Schuhe nicht gefunden?! Du oder ich?", konterte ich.

"Ist ja schon gut.", gab er sich geschlagen.

Ich grinste zufrieden: "Was bist du eigentlich so genervt, Bruderherz? Ist doch ein schöner Tag."

"Emma kommt, feuert Tobi an.", antwortete er leicht genervt und kurz angebunden. "Achso, da kommt son Talentscout, der sich unser Spiel anguckt. Ich will nen guten Eindruck machen. Vielleicht werde ich ja doch noch Fußballstar.", versuchte er abzulenken.

Und es gelang ihm, denn in diesem Moment erkannte ich, dass es jetzt am besten wäre über diesen Talentscout zu reden, obwohl es eher unwahrscheinlich war, dass dieses Spiel meinem Bruder eine Profikarriere ermöglichen würde. So ein guter Fußballer war er dann auch nicht. Das wusste er genauso gut wie ich.

Was wir ebenfalls beide wussten war, wie sehr ihm die Sache mit Emma zu schaffen machte. Auch wenn wir, im Gegensatz zu seiner wohl nie eintretenden Karriere als Profifußballer, wohl nie darüber reden würden. Felix und sie waren fast zwei Jahre lang ein Paar gewesen, bis sie völlig überraschend Schluss gemacht hatte und drei Tage später mit seinem besten Freund Tobias zusammen gekommen war.

Ich konnte sie nicht leiden, genauso wie ich Tobias nun auch nicht mehr ausstehen konnte. Es war mir noch immer ein Rätsel warum Felix trotzdem noch immer mit ihm befreundet war. Jeder Blinde konnte sehen, wie sehr es meinen Bruder verletzte, wenn er die beiden zusammen sah.

„Geeenaauuu, du wirst Fußballstar. Sicherlich.", meine Stimme triefte vor Ironie.

„Hey!", schrie mein großer Bruder und schlug mir scherzhaft gegen den Arm, woraufhin ich mein Lachen nicht mehr zurückhalten konnte und auch er mit einstimmte. Zumindest war er jetzt nicht mehr so gereizt wie eben.

Also fuhren wir bester Laune zur Schule und fuhren pünktlich um 9:43Uhr auf den Parkplatz vor dem Sportplatz. Zum Glück waren wir also doch nicht zu spät, sodass ich noch Zeit hatte meinen Freunden viel Glück zu wünschen.

Felix ging zu Emma und Tobias während ich mich auf den Weg zu meinen Freunden machte, die in einem Kreis neben der Sporthalle standen und sich unterhielten.

„Mia!", rief Lina mir entgegen, als sie mich sah und schon hebten alle meine Freunde ihre Köpfe und blickten in meine Richtung. Freudestrahlend lief ich auf sie zu und begrüßte sie.

"Seid ihr schon aufgeregt? Ich hab gehört hier kommt ein Typ, der auf der Suche nach neuen Talenten ist", richtete ich mich an die Jungs, die in ein paar Minuten anfangen sollten zu spielen.

"Wir gewinnen doch sowieso und wenn ich dann noch das entscheidende Siegtor geschossen habe, merkt der sich meinen Namen schon.", gab Leo selbstbewusst bekannt.

Er hieß eigentlich Leonardo und hatte spanische Eltern, die vor ein paar Jahren beschlossen hatten nach Deutschland auszuwandern. Viele Mädchen aus unserer Schule standen auf ihn, was er natürlich schamlos ausnutzte. Zugegeben, schlecht sah er nicht aus mit seinen grünen Augen und den schwarzen Haaren. Diesem Aussehen war Leo sich natürlich voll und ganz bewusst und wie er es am besten benutzen konnte, um die Mädchenherzen zu verzaubern, hatte er auch schon herausgefunden. Ein Wunder, dass sich weder Greta noch Lina oder ich jemals in ihn verliebt hatten. Wahrscheinlich lag es daran, dass wir den echten Leo kannten, der nicht halb so cool war, wie er sich präsentierte.

„Wir dürfen die Gegner nicht unterschätzen. Defensiv sind sie stärker als wir, also müssen wir in der Offensive voll durchstarten und sie aus unserer Hälfte fernhalten, aber Jonas macht das schon. Und selbst wenn du ein Tor schießt, Leo, heißt es noch lange nicht, dass du der beste Spieler der Mannschaft bist.", bemerkte Tom.

"Ich bin mir ganz sicher, dass ihr gewinnt. Wir glauben an euch. Oder, Mädels?", motivierte Greta unsere Freunde, während Lina und ich zustimmend nickten.

Man konnte sehen wie sehr sie sich über Gretas Anfeuerung freuten, nur Jonas schaute noch abgelenkt zu Boden, als gäbe es dort etwas total Interessantes zu sehen.

"Was ist denn mit Jonas los? Ist der schlecht drauf heute?", flüsterte ich Greta so leise zu, dass niemand sonst es hören konnte. Sie zuckte nur mit den Schultern.

"Was tuschelt ihr denn da schon wieder?", sagte Tom, der lachend den Kopf schüttelte. Wir wollten gerade antworten, wurden allerdings unterbrochen.

"Tom, Jonas, Leo! Geht los.", rief der Trainer die Jungen in die Kabine. Wir wünschten ihnen nochmals viel Glück, bevor wir uns schließlich auf den Weg zur Tribüne
machten, um dort auf den Beginn des Spiels zu warten.

Hey :)
Das ist meine erste Geschichte hier und ich bin gespannt, wie sie ankommen wird. Schreibt eure Meinung gern in die Kommentare.

Der letzte SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt