Kapitel 2: Lakritzschnecken

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„Ich glaub da sitzt dieser Talentsucher.", wisperte Lina Greta und mir zu als wir unsere Plätze auf der Tribüne eingenommen hatten, um unsere Jungs anzufeuern.

"Welchen von denen meinst du?", fragte Greta.

Daraufhin erwiderte Lina: „Der da unten im Anzug, der gerade mit dem Typen neben sich redet." und zeigte auf einen Mann, der in der ersten Reihe saß.

"Ergibt Sinn. Wer trägt denn sonst zu einem ganz normalen Fußballspiel einen Anzug?",
stellte Greta fest.

Ich sah mir den Mann, der etwa Ende 50 sein musste, etwas genauer an. Er hatte schon einen leichten Graustich in seinem sonst schwarzen Haar und sah ziemlich wichtig aus mit seiner Krawatte und dem iPad, das er anscheinend nutzen wollte, um sich Notizen zu den Spielern zu machen. Sein Erscheinungsbild passte nicht zu dem morschen Holz der alten Tribüne, auf der er saß und schon gar nicht zu dem einfachen Fußballfeld, auf dem unsere Freunde gleich beginnen sollten zu spielen.

Und dann ging es auch schon los. Die beiden Mannschaften liefen auf den Platz auf und die Spieler stellten sich auf ihre Positionen. Felix in die Abwehr, Leo und Jonas in den Sturm und Tom ins Tor, wie immer.

Das Spiel begann. Nun hieß es also für uns, dass wir die Daumen drücken mussten. Hoffentlich hatten die Jungs heute einen guten Tag.

Unsere Hoffnungen sollten erfüllt werden, denn nach einer Viertelstunde schoss Jonas das erste Tor. Der ganze Sportplatz jubelte, der wichtige Mann im Anzug machte sich eine Notiz auf seinem iPad und Jonas ließ sich von seinen Teamkameraden beglückwünschen, bevor er zu uns hoch auf die Tribüne sah und wir ihm einen Daumen nach oben zeigten.

Jonas war ein guter Fußballspieler. Ich würde sogar behaupten, dass er der beste der ganzen Mannschaft war und wenn der Talentscout jemanden aussuchen würde, dann wahrscheinlich ihn. Jonas ist einer dieser lebensfrohen und immer gut gelaunten Menschen, die einen aufheitern, wenn man traurig ist und immer da sind, wenn man jemanden zum Reden braucht.

Der weitere Spielverlauf  bis zur Halbzeitpause war eigentlich relativ unspektakulär. Beide Mannschaften hatten einige Chancen, die jedoch nicht genutzt werden konnten, also pfiff der Schiedsrichter bald zur Pause und die Spieler machten sich auf den Weg in die Kabinen, während Greta, Lina und ich uns Lakritzschnecken am Kiosk des Vereins kauften und Lina uns von ihrem neuen Freund Alex erzählte.

Er war zwei Jahre älter als sie und sie hatten sich beim Feiern in einem Club kennengelernt, in dem er als DJ auflegte. Dann hatten sie Nummern getauscht und sich eine Weile geschrieben, bis sie sich schließlich ein paar Mal getroffen hatten, bevor sie dann vor zwei Wochen ein Pärchen wurden. Wir hatten Alex noch nicht kennengelernt, doch da Lina seit Kurzem über nichts anderes mehr redete und nur noch von ihm schwärmte, kannten wir ihn quasi auch schon.

„Ihr werdet ihn lieben, wenn ihr ihn seht. Er ist einfach so unfassbar heiß und hat so schöne Augen. Sie strahlen so", schwärmte Lina uns vor.

"So schön als hätte man die schönsten Sterne des Himmels geklaut und in seine Augen gelegt. Wir haben es verstanden, Lina.", meinten Greta und ich gleichzeitig.

Diesen Satz hatte sie innerhalb der letzten paar Wochen mindestens hundert Mal gesagt und trotzdem konnte man sie nicht davon abhalten ihn immer und immer wieder zu wiederzuholen. Langsam waren Greta und ich echt genervt.

„Es ist ja wirklich schön für dich, dass du verliebt bist und wir freuen uns auch echt für dich, aber bitte, lass uns mit seinen Augen zufrieden. Es sind nur Augen, okay?", forderte ich Lina auf.

"Ja ja, ist ja schon gut. Ihr müsst euch nur auch endlich einen Freund suchen. Dann wisst ihr, wie es mir geht.", antworte sie nun noch immer gut gelaunt.

„Wer soll sich einen Freund suchen?", fragte Jonas lachend, der gerade mit Tom und Leo aus der Sporthalle gekommen war.

"Mia und Greta. Die ganze Zeit meckern sie rum, ich würde zu viel von Alex erzählen.", antwortete Lina breit grinsend.

"Naja Lina, du redest ja auch von nichts anderem mehr.", meinte nun auch Tom.

"Ihr seid doch alle nur eifersüchtig, weil ihr niemanden habt.", unterstellte sie uns.

"Keine Angst Linchen, man findet nur so Wenige auf meinem Niveau.", verkündete Leo stolz.

"Du hast Recht, Leo. So tief kann man überhaupt nicht sinken.", stellte Greta trocken fest, woraufhin wir alle in Gelächter ausbrachen.


Auch die zweite Halbzeit war nicht besonders von großer Spannung. Bis auf ein paar gute Chancen, die jedoch wieder nicht umgesetzt wurden, passierte rein gar nichts mehr. Das Tor von Jonas in der ersten Hälfte sollte das einzige für dieses Spiel bleiben.

Meine Freundinnen und ich verbrachten unsere Zeit zum Großteil damit die Süßigkeiten zu essen, die wir in der Halbzeit gekauft hatten, während wir den Jungs gelangweilt beim Spielen zusahen.

Endlich: Der erlösende Pfiff des Schiedsrichters beendete das Spiel und somit war nun auch klar, dass das Team der Jungs gewonnen hatte. Beide Mannschaften gingen in die Kabinen. Die eine glücklich über den Sieg, die andere traurig über die Niederlage.

Greta, Lina und ich beschlossen draußen auf unsere Freunde zu warten, die zehn Minuten später geduscht und umgezogen aus der Sporthalle kamen. Wir gratulierten ihnen zum Sieg und beglückwünschten vor allem Jonas wegen des Tores.

,,Sind Sie Jonas Klein?", hörten wir plötzlich eine tiefe Stimme hinter uns. Als ich mich umdrehte, erkannte ich den Mann im Anzug wieder und verstand schon, was nun passieren würde.

,,Äh, ja der bin ich.", antwortete Jonas unsicher und noch völlig perplex, während ich schon dämlich grinsend in der Gegend herumstand.

,,Sehr gut. Dürfte ich mir ihre Daten notieren, falls Sie in die engere Auswahl unserer Jugendausbildung kommen und wir Sie zu einem Wochenende einladen, an dem Sie Ihre Fähigkeiten zeigen können, Herr Klein?", fragte der Mann.

,,Ähhm, okay.", Jonas klang noch immer ziemlich überrumpelt, schien jedoch langsam zu realisieren, was ihm gerade angeboten wurde.

,,Sehr schön. Würden Sie Ihre Nummer und Adresse bitte kurz diktieren?"

Jonas nannte dem Anzugträger seine Daten und als der Mann gegangen war, sprang ich in die Luft und quietschte: ,,Du wirst Profi! Ich sags dir, du wirst Profi!" Auch alle anderen gratulierten ihm. ,,Glückwünsch, Mann", sagte Tom und klatschte mit ihm ab.

,,Das müssen wir feiern!", verkündete Lina mit einem breiten Lächeln auf den Lippen.

Das ist nun das zweite Kapitel und ich muss zugeben, dass es momentan noch ziemlich langweilig ist, aber es wird besser, ich verspreche es :)

Der letzte SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt