Kapitel 48: Pringles und Bier

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„Tschüss Julia, war echt nett dich kennenzulernen.", sagte ich mit einem falschen Lächeln und winkte ihr zum Abschied.

„Und danke für die Fahrt.", fügte Jonas hinzu.

Schon wieder begann sie so furchtbar zu kichern. „Tschüss, ihr beiden Turteltauben. Gute Naaaaacht."

Kaum war das Taxi auch nur außer Sichtweite, nahm ich meine Hand, mit der ich eben noch gewunken hatte, wieder herunter und löste meine Gesichtsmuskeln aus diesem gequälten Lächeln, das ich aufgesetzt hatte.

„Du kannst ja doch besser schauspielern, als ich dachte. Man sollte dein Talent wirklich nicht unterschätzen.", bemerkte Jonas und ließ es fast wie nebenbei klingen. Doch ich hatte seine Masche durchschaut.

„Falls das ein Kompliment sein sollte, mein Lieber, ist das ja mal sowas von nach hinten losgegangen. So kommst du hier nicht einfach so davon.", erklärte ich mit erhobenem Zeigefinger und Jonas schien einzusehen, dass er gegen mich eh keine Chance haben würde.

„Ich kann das erklären, okay.", versuchte er sich zu verteidigen.

„Na dann leg mal los.", forderte ich ihn auf, während ich ihn gespannt ansah und abwartend die Arme vor der Brust verschränkte. „Warum muss ich auf einmal deine Freundin spielen, warum schleppst du mich dann mit dieser Tusse in ein Taxi und bringst mich einfach so nach Hause. Nein, falsch. Ich bin ja nichtmal zu Hause. Wie ich da jetzt hinkommen soll, kannst du mir gleich auch noch erzählen."

Jonas schien die ganze Sache wohl nicht so ernst zu nehmen, wie ich. „Garnicht. Zumindest erstmal. Den Rest kriegst du nachher zu wissen.", sagte er einfach nur mit einem halben Lächeln im Gesicht, bevor er einfach davon lief. Aber nicht etwa zu seinem Haus. Nein, das wäre ja viel zu einfach.

„Wo willst du denn jetzt wieder hin?", rief ich und versuchte ihn so schnell ich es auf meinen Pumps hinbekam, einzuholen.

„Zur Tankstelle.", antwortete er, ohne überhaupt auf mich zu achten. Das wurde ja immer bunter hier. Oder dunkler, je nach dem wie man es sah, denn bis auf den Mond und ein paar Sterne war es wirklich stockfinster auf dem Weg. Gab es denn keine Straßenlaternen?

Doch was blieb mir anderes übrig, als ihm einfach hinterherzustöckeln? Ich würde ganz sicher nicht mitten in der Nacht alleine durch die Stadt nach Hause laufen. Gott, ich fühlte mich ja so bescheuert wie ich hier auf diesen elenden High Heels durch die Stadt stapfte.

Obwohl es mittlerweile schon gegen zwei Uhr nachts sein musste, hatte die Tankstelle noch geöffnet.

Jonas stieß die Tür auf und trat ein. Ich hatte immer noch keine Ahnung, was er hier wollte, mitten in der Nacht, denn mir von seinem Plan zu erzählen, hatte er anscheinend nicht für nötig gehalten. Falls er denn überhaupt einen hatte.

Eigentlich war ich ihm aber schon ziemlich dankbar, dass er mich von dieser Hochzeit weggeholt hatte. Linas komische Stimmungsschwankungen waren heute irgendwie allen auf die Nerven gegangen. Aber Lust, nach Hause zu gehen, hatte ich auch noch nicht. Keine Ahnung, ob ihr das kennt, aber wenn man abends noch aus war und dann nach Hause kommt, weiß ich ganz oft einfach nicht, was ich jetzt noch mit dem angebrochenem Abend beziehungsweise der angebrochenen Nacht anstellen soll, bis ich müde genug bin, um schlafen zu gehen.

Unbeirrt stolzierte Jonas in den kleinen Laden, nahm sich zwei Flaschen Bier aus dem Kühlregal und stellte diese vor den älteren Mann mit grauem Bart, der ein bisschen so aussah, als wäre ein Rockstar der 60er in ihm verloren gegangen. Schnell schnappte ich mir noch eine Packung Pringles, die ich zu den Bierflaschen legte. Jonas sah mich zwar kurz verwirrt an, bezahlte aber ohne sich zu beschweren.

Der Typ in Lederjacke brachte nichts als ein kurzes Brummen hervor, als er abkassierte. Jonas drückte ihm das Geld in die Hand, schnappte sich eine der Flaschen und verließ die Tankstelle, ohne überhaupt auf mich zu achten. Das zweite Bier und die Chips hatte er einfach stehen gelassen. Ich nahm die beiden restlichen Teile, murmelte etwas von "Schönen Abend noch" und folgte Jonas anschließend nach draußen, der dort schon auf mich zu warten schien.

Er setzte sich wieder in Bewegung und ich öffnete die Dose, was sich mit einer Hand eher schwierig gestaltete, während er mich zweifelnd ansah.

"Was willst du denn mit Pringles?", fragte er mit hochgezogener Augenbraue.

"Die einzige Chipsfirma, die keine Luft verkauft.", verkündete ich stolz. "Willst du auch welche?", fragte ich und streckte ihm die Packung entgegen, nachdem ich mir selbst ein paar Chips herausgenommen hatte, die ich irgendwo zwischen Bierflasche und Pringlesdose balancierte.

"Du bist doch verrückt.", lachte er.

"Das sagst du.", erklärte ich mit vollem Mund, was ihn nur noch mehr zum Lachen brachte. "Wer läuft denn um zwei Uhr nachts betrunken in Anzug zur Tankstelle, um sich Bier zu kaufen?", fragte ich und fügte noch hinzu: "Mit seiner selbst ernannten Fakefreundin, die er auf irgendeiner Hochzeit aufgegabelt hat. Also ich würde ja eher sagen, dass das vollkommen verrückt ist, wenn du mich fragst."

"Ja gut, wenn du es so sagst, klingt das schon ziemlich bescheuert.", gab er zu und fuhr sich unsicher durch die Haare.

"Jetzt hör auf deinen nicht vorhandenen Charme spielen zu lassen und erklär mir lieber, was das ganze hier soll.", forderte ich ihn auf.

"Meinen nicht vorhandenen Charme soll ich also nicht spielen lassen?", fragte er belustigt und trat immer näher an mich heran.

"Genau.", erklärte ich und stieß ihn von mir weg.

"Schade nur, dass du nur anfängst zu zittern, wenn ich auf dich zugelaufen komme, mit meinem nicht vorhandenen Charme.", erklärte er lachend, woraufhin ich ihn mit ein paar Chips abwarf, die ich gerade in der Hand hatte.

"Du immer mit deinen ungebremsten Aggressionen.", bemerkte er scherzhaft, während der Trottel mich doch tatsächlich auslachte. Am liebsten hätte ich gleich noch eine handvoll Chips nach ihm geworfen, aber erstens hätte ihn das nur noch mehr angestachelt und zweitens ging es hier um wertvolles Essen, das man nicht damit verschwenden sollte, indem man es auf unmögliche Typen warf.

Ich ging garnicht erst auf ihn ein. Schließlich würde ich ihn eh nicht von seiner Meinung abbringen können. Also kam ich wieder zu meiner ursprünglichen Frage. "Jetzt sag mir doch endlich, was du dir bei dem ganzen Kram hier gedacht hast."

"Komm mit, ich zeig dir, wo wir hingehen.", erklärte er nur und zog mich so schnell hinter sich her, dass ich auf meinen hohen Schuhen fast der Länge nach nach vorne fiel.

"Jonas, ich sag das ja nun wirklich nicht oft, aber für nen Gewaltmarsch bin ich heute echt falsch angezogen.", rief ich und deutete mit einer Handbewegung auf meinen Körper.

Er blieb kurz stehen und drehte sich zu mir um: "Das muss ich nun aber auch sagen.", fing er an und ich hatte fast schon Hoffnung, dass diesmal etwas vernünftiges dabei herauskam. Aber man sollte nie zu hohe Erwartungen haben, wie ich gleich erneut lernen würde. "Du würdest schon viel besser aussehen, wenn du meine Hand halten würdest, aber was soll man machen.", entgegnete er und und zuckte locker mit der Schulter, doch an seinem Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, wie sehr ein sein Lachen zurückhalten müsste. „Gott, du bist so betrunken.", erklärte ich.

Mürrisch nahm ich noch ein paar Chips aus der Dose, die ich ihm an den Kopf warf, was dafür sorgte, dass er seine Beherrschung nun doch verlor. "Du bist so doof.", jammerte ich gespielt verärgert.

"Ach Mialein.", schwunzelte er und sah mich abwartend an. Für Aussenstehende musste das ganze hier ja auch ein einziges Schauspiel sein.

"Ach Jonilein", entgegnete ich augenblicklich.

"Was ein scheiß Name.", erklärte er und mit meinem anschließenden Lachen war die Diskussion dann vorbei und wir liefen nun von der Tankstelle weg. Aber wohin wusste ich immer noch nicht.

Another year, another birthday. Keine Ahnung, wer sich noch erinnert, aber letztes Jahr an meinem Geburtstag habe ich auch ein Kapitel hochgeladen(Kapitel 23). 😂😂

Also in dem Sinne: happy sweet 16 to me und allen anderen noch einen schönen Tag🎉💗✨

Der letzte SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt