Kapitel 28: Witz des Jahres

149 14 10
                                    

"Der Typ ist doch DJ, oder nicht?", fragte Tom.

"Daran kannst du dich erinnern?", stellte ich erstaunt fest.

"Manchmal hören sogar Jungs zu, liebes Miachen.", sagte Jonas.

"Jaja, laber du nur, Jonilein."

"Jonilein? Jetzt bin ich echt gekränkt. Ich bin doch nicht dein kleiner Bruder!", beschwerte er sich empört.

"Was soll Mia denn mit nem kleinen Bruder?", lachte Greta. "Sie hat doch schon Felix."

Augenblicklich warf Jonas mir einen merkwürdigen Blick zu, der wahrscheinlich so viel bedeuten sollte wie: Was? Du hast es ihnen immer noch nicht gesagt?

Ich wusste, dass Jonas der Meinung war, dass ich wenigstens Greta und Lina von Ben erzählen sollte, doch irgendwie hatte sich einfach noch nicht die richtige Gelegenheit ergeben. Und er war ja auch noch nicht so lange bei uns. Ich würde schon irgendwann mit der Sprache rausrücken und erzählen, dass ich einen kleinen Bruder hatte. Aber dass sein Arschloch von Vater noch ein Kind im Stich gelassen hatte, erwähnte man nunmal nicht mal eben so in einem Nebensatz.

"Also wie auch immer, mein Plan sieht so aus: So weit ich weiß spielt der Typ heute Abend irgendwo in der Gegend hier. Hab ich letztens auf nem Plakat in der Stadt gesehen. Eine von euch spaziert da rein und macht sich ein bisschen an den ran.", unterbrach Tom uns und berichtete von seiner Idee.

"Am besten macht Greta das. Mia kann nicht schauspielern.", sagte Jonas und sah dabei schmunzelnd zu mir, sodass ich automatisch zu ihm hochgucken musste. Obwohl hochgucken schon fast übertrieben war, weil er nicht wirklich viel größer war als ich.

"Freunde, Ich kann euch jetzt schon sagen, dass das nichts wird, wenn Greta das macht. Wir brauchen jemanden, der heiß ist. Auf ne Greta fällt der doch nicht rein. Die als Playboybunny wäre doch der Witz des Jahres.", klang Leo genervt an. Anscheinend schien ihn unsere ganze Aktion immer noch ziemlich zu nerven und nicht im Geringsten zu interessieren.

"Kannst du nicht einfach mal deine Klappe halten, wenn du nichts Intelligentes zu sagen hast, Leo? Ich finde die Idee gut, aber ich geh da bestimmt nicht alleine rein. Irgendjemand muss mitkommen und eingreifen, wenn der mich angrabschen will oder so.", schallte Gretas Stimme aus meinem Handy.

"Ich mach das. Ich hab eh das dringende Bedürfnis diesem Typen eine rein zu hauen.", beschloss Tom und ballte seine Hand zu Fäusten während sein Gesichtsausdruck sich automatisch verdunkelte.

"Vielleicht muss jemand mit Tom mitgehen und ihn zurückhalten, falls er sich nicht zusammenreißen kann.", schlug Jonas vor, der seinem Freund kumpelhaft auf die Schulter schlug.

"Das kann Mia doch machen.", erklärte Leo und sah dabei aus, als wäre ihm gerade die Erleuchtung gekommen.

Tom, Jonas und ich starrten Leo entgeistert an, der abwehrend die Hände hob: "Sorry, mehr Mädchen haben wir nicht und ich glaub die kennen sich besser mit Gefühlen und so Psychokram aus, als Jonas und ich." Er sprach "Gefühlen" aus, als wäre es irgendein schmutziges Schimpfwort, das man lieber nicht benutzen sollte. Er deutete auf Tom: "Und dieser Typ hier scheint ja auch von irgendner Seuche befallen zu sein, guckt ihn euch an. Sieht aus wie sieben Tage Regenwetter."

"Außerdem könnt ihr dann das  knutschende Pärchen spielen. Das kriegt ihr doch wohl hin.", Leo wackelte mit den Augenbrauen und grinste über das ganze Gesicht.

Angewidert blickte ich Leo an und Tom schien anscheinend gerade das gleiche zu tun, denn Leos Grinsen verschwand augenblicklich aus seinem Gesicht und er versuchte sich mit: "Ja, gut. Dann belasst es eben erstmal beim Tanzen, wenn ihr nicht gleich Vollgas geben wollt, ich mein ja nur: wann bietet sich so eine Gelegenheit mal wieder?" schmeichelhaft aus der Affäre zu ziehen, was ihm nicht wirklich gut gelang, doch zu seinem Glück beschloss Greta das Thema zu wechseln.

"Leo, Jonas. Ihr seid dafür verantwortlich ein Foto davon zu bekommen wie er mich anbaggert, das wir Lina zeigen können. Und Tom, Mia: Ihr passt auf, dass der Kerl mir nicht zu nahe kommt. Seit ich ihn mit dieser Schlampe gesehen habe, finde ich den echt widerwärtig.", sagte sie. "Wir treffen uns um neun bei Tom. Dann können wir uns noch vorbereiten. Mia, du musst vorher noch nach Hause und dir irgendwelche Klamotten raussuchen. Auch wenn wir nur kurz auf die Party gehen, auffallen sollten wir trotzdem nicht. Jungs, ihr sucht die Adresse raus. Die muss ja irgendwo im Internet zu finden sein. Und um kurz vor zwölf gehen wir dann los. Um diese Zeit sind alle schon ein bisschen angetrunken, aber es sind noch genug Leute da, das heißt wir gehen leicht in der Menge unter und ihr seid nicht so leicht zu erkennen." Greta war so ungefähr das größte Talent im Pläne schmieden, das ich jemals gekannt hatte. Man unterschätzte sie eben jedes Mal wieder aufs Neue.

"Klingt gut", stimmte Tom zu. "Ihr könnt danach auch bei mir pennen, wenn ihr nicht mehr nach Hause wollt. Meine Eltern sind eh nicht da."

"Das trifft sich gut. Mein Bett ist nämlich immer noch nass.", sagte ich und sah Jonas dabei scharf von der Seite an, der sich sein Lachen verkneifen musste. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich wie Leo und Tom schockiert ihre Münder aufrissen, also beschloss ich das Thema nicht weiter zu vertiefen.

"Greta, kannst du nicht früher kommen? Ich weiß nicht, ob ich das noch bis neun alleine mit diesen Idioten aushalte.", jammerte ich, weil ich keinen Bock auf noch ein Machogespräch hatte. Zwei waren eindeutig schon zu viel für den heutigen. Oder mein ganzes Leben.

"Hey, so schlimm sind wir auch nicht.", beschwerte Jonas sich.

"Doch.", antwortete ich trocken.

"Mia, ich guck mal was sich machen lässt, aber ich glaub Sanne und Theo bleiben noch zum Abendbrot. Ich muss jetzt auch mal wieder runter. Bis nachher!"

"Bis nachher!", antworteten wir in etwa so synchron wie ein Knabenchor, bevor ich auflegte.

"Mialein, das mit dem nassen Bett musst du uns jetzt mal genauer erklären. Das wollen wir jetzt wissen.", sprach Leo in verschwörerischer Stimme zu mir während er mit den Augenbrauen wackelte und dabei seinen schönsten Pedoblick aufsetzte.

"Ja, genau Mia. Das interessiert uns ja BRENNEND.", grinste Jonas, der gespannt die Arme vor der Brust verschränkte und auf eine Antwort wartete. Er platzte quasi vor Ironie und desto roter ich davon wurde, dass alle drei mich abwartend anblickten, desto mehr stieg Jonas' Selbstgefälligkeit.

"Guckt mal, Jungs, wie rot sie wird.", sagte Tom in einem wissenden Tonfall.

"Irgendwie süß.", grinste Jonas mich an.

Dieses Lachen ließ mich dann vollkommen durchdrehen. "Was soll das hier überhaupt? Jonas, dieser kleine Schwachkopf hier, hat mir einen Wassereimer ins Bett gekippt, weil er mit mir joggen gehen wollte. Und deswegen ist mein Bett jetzt immer noch nass.", als ich dies sagte, blickte ich besonders wütend zu Jonas, den diese Aussage nur noch mehr zum Lachen brachte.

"Ach joggen gehen, so nennt man das also heute.", meinte Tom besonders wissend.

Mit mittlerweile hochrot angelaufenem Kopf marschierte ich geradewegs auf Jonas zu. Ich musste aussehen wie ein wildgewordener Stier, aber warum zogen sie mich denn für etwas auf, für das ich garnichts konnte? Ich hasste Jungs.

Ohne jegliche Kontrolle über mich rannte ich wütend in Jonas rein, der augenblicklich seine Arme um mich legte und mich so fest an sich drückte, dass ich weder entkommen noch atmen konnte.

"La mi los", nuschelte ich gegen seine Brust, doch er schien das ganze ein bisschen anders zu sehen. "Nein, nein, Mia. Erstmal musst du dich beruhigen, bevor du hier noch irgendwas kaputt machst."

Der letzte SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt