Kapitel 9: Crash

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"Tut mir Leid, dass ich so spät bin. Ich hab das Zelt ewig nicht gefunden.", entschuldigte ich mich.

"Ist doch gut, wenn du nicht pünktlich bist. Ich hab eh keinen Bock.", gab Leo genervt von sich, während er sich an einer Straßenlaterne festhielt und durchgehend den Rücktritt seines Fahrrads betätigte.

Im Gegensatz zu ihm war Greta ganz angetan vom Campingausflug und man sah ihr an, dass sie sich ehrlich darauf freute, also machte Leos schlechte Laune sie schon ein wenig wütend.

"Ich wette, dass du es am Ende doch magst. Und jetzt verbreite hier keine schlechte Stimmung. Lass uns lieber losfahren.", Greta war fröhlich wie nie.

Also schwangen wir uns auf unsere Räder und fuhren den etwa zwölf Kilometer langen Weg zu dem See, an dem wir übernachten wollten.

Da Tom seine Bluetoothbox dabei hatte und wir zum Großteil auf Landstraßen unterwegs waren, konnten wir ungestört Musik hören und mit seinen besten Freunden in der warmen Frühabendsonne des Sommers zu schöner Musik Fahrrad zu fahren ist schon geil.

Wir ließen uns für den Weg Zeit, trödelten also im gemütlichen Rentnertempo durch die Landschaft und kamen nach ca einer Dreiviertelstunde an dem kleinen See mit seiner hübschen Wiese an, auf der wir schlafen wollten.

"Wie schön es hier ist.", staunte Greta, die als erste angekommen war. Sie ließ ihr Fahrrad ins hohe Gras fallen und rannte wie ein kleines, aufgeregtes Kind zum See.

"Das Wasser ist aber arschkalt.", rief sie uns zu, als sie eine Hand hinein gehalten hatte.

Wir anderen stellten unsere Fahrräder ab, bevor wir lachend zu Greta gingen und schließlich alle nebeneinander in der warmen Abendsonne auf dem Steg standen und auf den See hinausblickten.

Während die Sonne so auf den See glitzerte, dachten wir wahrscheinlich alle an irgendwas, was uns gerade beschäftigte. Ich dachte an meine Familie. Doch dann beschloss ich, diese Gedanken wenigstens für heute Abend zu vergessen und begann die Zeit mit meinen Freunden einfach zu genießen.

Bis Leo den Moment zerstörte.

"Boah, hier ist so eine Kackfliege.", fluchte er genervt und wedelte wild mit der Hand vor seinem Gesicht rum.

Wir mussten alle lachen. Er hatte bis vor ein paar Jahren in Barcelona gewohnt und auch, wenn die Stadt, in der wir lebten nicht furchtbar klein war, war sie eben nicht so groß wie Barcelona und manchmal ließ Leo gern das Großstadtkind raushängen.

Seine Mutter kam aus einer spanischen Provinz und hatte Leos Vater, ihre große Liebe, wie sie immer sagte, bei einem Wochendurlaub auf einem Straßenfest in Barcelona kennenlernt. Später war Lucía zu Alejandro in die Großstadt gezogen, wo sie ihren gemeinsamen Sohn großgezogen hatten, bevor sie beschlossen, nach Deutschland auszuwandern, um ein neues Leben anzufangen.

"Wollen wir die Zelte aufbauen, bevor es dunkel wird?", fragte Jonas.

"Würde ich sagen. Lass uns sonst jetzt anfangen.", schlug Tom vor.

Die Beiden schenkten Leo, der sich noch immer mit der Fliege herumärgerte, keine Aufmerksamkeit mehr.

Das war der Moment, in dem Lina, Greta und ich unseren ganzen Charme spielen lassen mussten. Verschwörerisch lächelten wir uns zu, bevor wir mit unseren schönsten Hundeblicken und Augenklimpern auf die Jungs zugingen.

Der letzte SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt