Kapitel 6: Weltuntergang

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Als ich nach der Schule mit Greta und Leo nach Hause fuhr, regnete es in Strömen. Vollkommen durchnässt kam ich zuhause an und als ich in die Küche ging, um meine Mutter zu begrüßen, die wie immer arbeitend am Esstisch saß, fragte sie mich ernsthaft, ob ich in den Schulteich gefallen wäre.

"Guck doch mal raus, Mama. Es schüttet wie aus Eimern.", antwortete ich lachend.

Verwundert drehte sie sich um, um durch die Wand hinter ihr, die zum Großteil aus Fenstern bestand, die vom Boden fast bis zur Decke reichten, in den Garten hinauszusehen.

Wir hatten einen schönen Garten. Er war recht groß, mit einer tollen Terrasse und vielen, vielen Rosen in allen möglichen Farben. Meine Mutter liebte Blumen und vor Allem Rosen. Wenn das Wetter und ihre Arbeit es zuließen, verbrachte sie jede freie Minute mit Gartenarbeit.

"Wollen wir hoffen, dass die Welt nicht untergeht.", kommentierte meine Mutter das draußen herrschende Unwetter uninteressiert, als sie sich wieder zu mir umdrehte.

"Mmhh", murmelte ich und nickte dabei abwesend.

"Was gibt's zu essen?", fragte ich nun.

"Spaghetti Bolognese. Kannst du mal bitte gucken, ob die Nudeln schon kochen?", antwortete sie mir, während sie sich vollkommen auf ihren Computer konzentrierte.

Ich nickte, ging zur Kochinsel und warf einen Blick auf die fertigen Nudeln mit der passenden Sauce.

"Sieht gut aus.", sagte ich, bevor ich den Tisch deckte und das Essen dazustellte.

Wenig später kam auch Felix in die Küche, sodass wir alle zusammen Mittag aßen. Die Unterhaltung, die wir nun führten, war jedoch eher oberflächlich.
Was hast du heute gemacht?
Was willst du noch machen?
Wie war die Schule?
Kannst du mir bitte das Wasser geben?
Möchte jemand einen Pudding zum Nachtisch?

Aber wir redeten nicht über das, was uns gestern Abend so beschäftigt hatte. Zum Glück. Ich wollte nicht darüber reden und ich glaube auch nicht, dass Mama und Felix es wollten.

Nach dem Essen ging ich in mein Zimmer, warf aus Gewohnheit mein Handy aufs Bett und mich gleich hinterher.

Ich schrieb ein wenig mit meinen Freundinnen in unserer WhatsApp-Gruppe.

Lina: Was zieht ihr zum Abschlussball an? Ich habe gar kein Kleid.

Greta: Ich auch nicht. Das, was ich letztes Jahr anhatte, konnte ich wegschmeißen.

Lina: Aber du musst zugeben, dass es schon ziemlich lustig war, als Leo dich durch den Schlamm gezogen hat. Das ist ein ruiniertes Kleid doch wert.

Greta: Richtig lustig. Es hat gegossen wie sonst was, ich hab eh schon übertrieben gefroren in meinem Aufzug und der Idiot von Leonardo schmeißt mich einfach in den Matsch. Mein Vater wollte micht erst nicht in sein Auto einsteigen lassen, weil er Angst hatte, dass ich alles verdrecke.

Mia: Ich fand's trotzdem witzig.

Greta: Haha

Lina: Mia, was ziehst du eigentlich an?

Mia: Keine Ahnung, eigentlich wollte ich das vom Weihnachtsball anziehen, aber irgendwie hätte ich gerne ein neues Kleid. Mein Bruder macht ja schließlich nur einmal Abitur.

Lina: Wollen wir heute shoppen gehen? Wir brauchen ja alle noch was zum Anziehen.

Greta: Ich bin dabei.

Mia: Ich auch.

Lina: Super, treffen wir uns im drei beim Einkaufszentrum?

Es war schon kurz vor drei. Wenn ich pünktlich sein wollte, konnte ich den Bus vergessen. Das Fahrrad fiel ebenfalls weg, weil es noch immer gewitterte. Also musste mich wohl jemand fahren. Ich beschloss zuerst Felix zu fragen, da meine Mutter noch immer arbeitete.

Ich öffnete die Tür zu seinem blau-grün gestrichenen Zimmer und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Mein Bruder war kein ordentlicher Mensch, dementsprechend war auch sein Zimmer eine einzige Müllhalde. Nicht, dass meins immer aufgeräumt und sauber war, aber so schlimm wie hier, sah es bei mir nicht aus. Überall auf dem Boden lagen Klamotten, Chipstüten und Videospielverpackungen verstreut, der Schreibtisch bestand aus einem riesigen Berg Papier, Büchern und Stiften. Sein Bett, das neben der Tür stand, war nicht gemacht. Doch bis auf einen Haufen Müll und ein paar Möbeln, war der Raum leer. Felix war nicht da.

Also rannte ich die Treppe hinunter und fragte meine Mutter, die natürlich beschäftigt vor dem Laptop saß: "Mama, kannst du mich ins Einkaufszentrum fahren? Lina, Greta und ich wollen unsere Kleider für den Abschlussball kaufen. Felix ist nicht da, Bus dauert zu lange und es regnet immer noch. Also geht Fahrrad fahren auch nicht."

Sie blickte überrascht vom Laptop auf und sah mich an wie ein Auto. Wahrscheinlich hatte sie mir nicht einmal zugehört. Das tat sie öfter, wenn sie in ihre Arbeit vertieft war.

"Kannst du mir nicht einmal zuhören, wenn ich mit dir rede. Du arbeitest den ganzen Tag. Warum machst du das? Wir haben doch genug Geld, um vernünftig leben zu können. Und jetzt komm nicht wieder damit, dass du deinen Job liebst und das ja alles nur für Felix und mich und unsere Zukunft tust. Du brauchst doch auch ein Leben!", begann ich einen meiner zahlreichen Vorträge. Mein Bruder und ich hatten schon mindestens tausendmal versucht unserer Mutter zu erklären, dass es für uns in Ordnung wäre, wenn wir weniger Geld hätten und sie dafür weniger arbeiten würde, aber selbst, wenn wir in den Urlaub fuhren, saß sie den ganzen Tag vor ihrem Computer. Das konnte doch nicht gesund sein.

"Nein, nein. Darum geht's garnicht. Ich habe dir zugehört. Ich fahre dich gleich, keine Sorge.", schüttelte sie energisch den Kopf.

"Was ist denn dann?", fragte ich genervt.

"Lies es dir selbst durch.", forderte meine Mutter mich auf und drehte mir den Laptop entgegen, sodass ich die E-Mail lesen konnte, die sie wohl eben gerade erhalten hatte.

Es ging um ihn.
Nicht um meinen Vater, nein. Es ging um meinen Bruder. Also nicht um Felix, sondern um Ben. Ich fand es noch immer komisch, ihn als meinen Bruder zu bezeichnen. Jemanden, den ich noch nie gesehen hatte.
Felix war immer mein Bruder gewesen. Mein einziger. Jetzt war er "nur noch" mein großer Bruder und Ben mein kleiner.

Aber, ich kannte ihn ja garnicht. Was, wenn er so scheiße war wie unser Vater? Ich wusste zwar nicht, wie mein Vater war, aber wenn man zweimal, ZWEIMAL eine Frau mit Kind(ern) alleine sitzen ließ, konnte man doch nur scheiße sein.

Außerdem ist Ben erst acht und muss jetzt zu ganz fremden Menschen ziehen. Meine Mutter, eine Frau, die er noch nie gesehen hatte und mit der er in keinerlei Art und Weise verwandt war, bekam nun das Sorgerecht für ihn, nachdem seine Mutter gestorben war und sein Vater sich einen Scheiß für ihn interessierte. Es musste hart für ihn sein.

Hallo:)
Dieses Kapitel ist ziemlich langweilig, ich weiß, aber es wird besser werden Versprochen.
Aber nun das Wichtigste: Der letzte Sommer hat jetzt schon über 100 Reads. Ich finde das irgendwie leicht cool. Danke, dafür.
Ich bin in ein paar Tagen wieder zuhause und ich muss sagen, dass ich einerseits traurig bin, dass die schöne Zeit nun bald vorbei ist, aber andererseits freue ich mich auch total auf zuhause.
Und ich vermisse meine Familie und meine Freunde (Grüße an Milena und Baum)

Der letzte SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt