Kapitel 61: Fangirls

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Wenn man Jonas genau beobachtete, konnte man erkennen, dass er etwas oder eher jemanden im Publikum suchte, während er sich aufstellte. Bei dem Gedanken daran, dass die anderen keine Ahnung hatten, dass Jonas schon wusste, dass wir hier waren, musste ich fast ein bisschen grinsen.

Kurz vor Anpfiff schien Jonas uns gefunden zu haben, woraufhin sich seine Gesichtszüge augenblicklich aufhellten. Er lachte einmal kurz in unsere Richtung und hob grüßend seine Hand.

„Dann hat er uns also doch gesehen.", murmelte Tom, der ebenfalls seine Hand gehoben hatte.

„Scheint ja so.", stimmte Lina freudig zu, die fröhlich nach unten winkte.

„Wenn der jetzt nicht raushaut, bin ich pissig.", kündigte Leo in seinem bittersten Tonfall an, während er seine Arme vor der Brust verschränkte und sich so gut es ging auf seinem Tribünenplatz zurücklegte.

Doch Jonas haute raus. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sein erstes Tor schoss er zwei Minuten nach Anpfiff. Und ungefähr so ging es weiter. Er spielte gut, richtig gut. Das harte Training im Internat schien jetzt schon anzufangen sich auszuzahlen, obwohl er erst ein paar Monate dort war. Er war besser geworden, viel besser. Und das, obwohl er vorher schon echt gut gewesen war. Alleine in der ersten Halbzeit schoss er schon acht Tore. Acht. Sicherlich war das nicht ungewöhnlich für den Stürmer einer Profimannschaft, die gerade auf Amateurniveau spielte, aber dafür, dass Jonas heute sein Debüt in der Mannschaft gab und das erste Mal mit den „echten" Profis spielte, war ich echt geschockt. Wann war er denn so gut geworden?

In der Halbzeit gab es einen mordsmäßigen Andrang bei dem kleinen Vereinsheim. Denn natürlich wollten alle Autogramme und Fotos von den Bundesligastars haben. Der Menschenandrang war wirklich unglaublich.

„Gehen wir da jetzt hin, oder was?", fragte Lina vorfreudig und war schon halb aufgestanden. Doch Leo schien, wie immer eigentlich, nicht besonders begeistert zu sein.

„Wollt ihr da jetzt wirklich zu den ganzen Fangirls?", stöhnte er genervt und verzog angewidert das Gesicht.

„Sonst hast du doch auch nichts gegen Fangirls.", meinte Greta und haute ihre Hand auf seine Schulter. Und seine Miene hellte sich auf.

„Das, meine liebe Greta, ist was Anderes. Dann werd nämlich ich angehimmelt, nicht irgendwelche Fußballleute.", erklärte er breitgrinsend.

„Ich glaub das tut deinem Ego mal ganz gut, wenn du merkst, dass du nicht das non plus ultra bist, mein lieber Leonardo.", konterte sie noch immer freudestrahlend und betonte vor Allem die letzten drei Wörter besonders.

„Natürlich bin ich das!", tönte er großkotzig.

„Was?", fragte Lina nun verwirrt, die in den letzten Minuten anscheinend nicht wirklich zugehört hatte. „Arrogant, eingebildet und nervig? Ja, hast recht, Leo, das bist du wirklich.", erklärte sie.

„Nein, Lina. Ich bin das Nonplusultra.", sagte er so stolz, dass Lina, Greta und ich gar nicht anders konnten, als augenblicklich loszuprusten.

„Das glaubst du doch selber nicht.", lachte Lina, doch Leo blickte immer noch eingebildet in der Gegend herum, bis Tom ihn rettete.

„Los, Man, ich will mir doch meine Vorbilder nicht durch die Lappen gehen lassen. Früher wollte ich immer so spielen können, wie die. Dann will ich die wenigstens mal aus der Nähe sehen.", erklärte er, während er schon aufstand und Leo halbwegs mit sich zog.

„Wartet, ich komm auch mit.", meinte ich noch halb lachend, in der Hoffnung mir das ganze Spektakel mal aus der Nähe ansehen und vielleicht auch Jonas noch einmal sprechen zu können.

Der letzte SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt