Kapitel 6: Trautes Heim - Glück allein? (Teil 6)

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Julio kommt mit erschrockenem Gesichtsausdruck zu mir nach vorne und fragt fassungslos: "Dein Vater ist der König?!?"

Ich nicke. Da er in einem extrem kleinen Dorf aufgewachsen ist, kennt er von der Königsfamilie nur den König und den Thronerben - Fallatas.
Nun kommen auch Aisu, Lucian und meine Familie - außer Fallatas - zu mir.

"Wir dachten du wärst tot...", meint Durcerion mit Freudentränen in den Augen.
Ich lächel meinen liebsten Bruder an und sage: "Ist eine lange Geschichte."
Mila umarmt mich stürmisch und hat ebenfalls Tränen in den Augen: "Ich habe dich total vermisst."
Ich streichel ihr lächelnd über den Kopf. "Ich euch auch", sage ich liebevoll.

"Wieso bist du eigentlich wieder da? Und wer sind deine beiden Begleiter?", fragt Fallatas mürrisch. Ihm muss es ziemlich gegen den Strich gehen, dass ich nun wieder hier bin.

Ich zeige zuerst auf Julio. "Julio Daemonioventi solltet ihr eigentlich kennen und dies hier..." Ich zeige auf Aisu. "...ist Aisu Furosuto. Wir sind ein Team und diese Beiden sind gute Freunde - eigentlich schon Familie - geworden."

Bevor ich weiter reden kann umarmt mich mein Vater  und sagt: "Ich dachte schon wir hätten dich verloren und das schon so bald nach dem Tod deines Bruders."
Er tritt einen Schritt zurück, hält mich jedoch weiterhin an den Schultern gepackt. "Deine Rückkehr soll heute Abend gefeiert werden, aber lasst uns jetzt erst einmal drinnen weiterreden. Ich lasse veranlassen, dass deinen Freunden Quartiere vorbereitet werden. Dein Zimmer haben wir seit deinem Verschwinden nicht angerührt."

"Könnte das nicht auf morgen verschoben werden? Wir sind ja gerade erst angekommen und ich muss meinen Freunden noch ein wenig was erklären", erwiedere ich leicht verlegen.

"Meinetwegen, aber gefeiert werden muss", lenkt Royaru ein.

Ich schmunzel. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, setzt er das auch durch.
"Na klar. Und die Quartiere für Julio und Aisu sollen direkt neben meinem liegen und bevor wir reingehen, würden wir uns gerne noch selber um unsere Pferde kümmern", fordere ich weiter.

Fallatas möchte etwas einwerfen, doch mit einem extrem bösen Blick bringe ich ihn zum Schweigen.

Mit einem verwunderten Blick genehmigt mein Vater meine Bitten. Es war ungewöhnlich, dass ein Prinz - ja bin ich irgendwie - sich selber um sein Pferd kümmern möchte.

Eine gute Stunde später sitzen wir beisammen - auch Lucian und Miro sind anwesend.
"Ich würde gerne wieder zu dem Grund deiner Rückkehr zurück kommen", beginnt Miro das Gespräch.

Ich will gerade antworten, als mir Lucian zuvor kommt. Irgendwie übernimmt andauernd jemand anderes das Antworten für mich. Ich weiß nicht wie ich das finden soll...
"Ich habe ihn hierhergebeten."

"Aus welchem Grund? Woher wusstest du denn, dass er noch lebt und wie du ihn erreichst?", fragt Vater.

"Ich hatte ihm Bescheid gegeben, dass ich weggehe und für den Notfall eine Brieftaube gegeben. Der Grund würde mich auch interessieren. In deiner Nachricht hast du mir ja nur geschrieben, dass es was mit Durcerion zu tun hat", antworte ich neugierig.

"Wenn es aus dem Grund ist, den ich vermute, dann sollten die Beiden...", meint Fallatas gehässig und zeigt auf Julio und Aisu. "...den Raum verlassen. Schließlich wollen wir das doch geheim halten und es nicht an irgendwelche Außenstehenden weitergeben."

Ich werfe ihm einen verächtlichen Blick zu. "Diese beiden Leute zähle ich zu meiner Familie! Ich würde ihnen anschließend sowieso alles erzählen, also können sie auch gleich hier bleiben", werfe ich ihm entschlossen an den Kopf.
Sie sind mehr Familie als du es je warst. Ich schaue ihn böse an.

Royaru gibt Lucian ein Zeichen fortzufahren, was dieser auch gleich tut. "Vor mehreren Tagen konnte ein Mann in die Burg eindringen, der es auf Durcerion abgesehen hatte. Er konnte gerade noch so zurück geschlagen werden, hatte es aber geschafft einen großen Teil der Wachen förmlich abzuschlachten. Er hatte es geschafft unbemerkt bis in die Nähe von Durcerions Quartier zu gelangen. Aus einiger Entfernung konnte ich einen großen Teil des Kampfes mitverfolgen. Er nutzt einen äußert ungewöhnlichen Kampfstil und verwendet dabei zwei kurze gerade schmale Schwerter. Außerdem war er unheimlich schnell und seine Art zu kämpfen hat mich sehr an deine erinnert. Ich habe dich hergeholt, da du meinen Einschätzungen zufolge die besten Chancen hast ihn festzunehmen, weil dein Kampfstil ebenfalls sehr außergewöhnlich ist. Vorgestern wurde er dabei entdeckt, wie er die Sicherheitsmaßnahmen ausgecheckt hat. Er konnte jedoch ohne weiteren Kampf fliehen."

Ich nicke ernst. Lucians Einschätzungen liegen nahezu immer richtig - er ist der beste Stratege, den ich kenne und das war er schon immer.
Jemanden festzunehmen ist meist viel schwieriger, als ihn umzubringen, aber dennoch bin ich sicher nicht als einziger dazu in der Lage. Also wieso wollte er unbedingt, dass ich her komme.
"Ihr wollt, dass er festgenommen wird um herauszufinden, wer ihn angeheuert hat. Seine außergewöhnlichen Fertigkeiten lassen darauf schließen, dass er ein professioneller Auftragskiller ist. Nicht wahr?", frage ich nach.

Lucian grinst mich an. "Du hast es erfasst."
Wir hatten uns schon immer gut verstanden, da wir ähnlich denken. Wir haben beide den Hang alles und jeden zu analysieren.

Julio nickt nun auch. "So wie ich Yuya kenne, werden wir uns schon darum kümmern. Ich gehe mal davon aus, dass dieser mysteriöse Angreifer nachts zuschlagen wird. Dem folgend werden Yuya und ich abwechselnd vor Durcerions Gemächern Wache halten."
Ich nicke - dieses Vorgehen ist das sinvollste.
"Und was ist mit Aisu?", fragt Mila besorgt.
"Sie ist noch in der Ausbildung, weshalb es zu riskant wäre, wenn sie jetzt schon auf einen derart gefährlichen Gegner treffen würde", beruhige ich sie.

Nach ein paar Minuten verabschiedet sich mein Vater, da er noch einige Pflichten zu erfüllen hat.
Fallatas und Miro verschwinden direkt danach - ohne ersichtlichen Grund. Sie können mich beide halt einfach nicht leiden.

Wir unterhalten uns noch einige Stunden mit Mila, Durcerion und Lucian. Ich erfahre, dass Durcerion sich mit der Luft sehr verbessert hat und mittlerweile auch gut fliegen kann - das schafft nicht jeder Luftnutzer. Bei Mila hat es sich herausgestellt, dass sie das Wasser manipulieren kann und auch eine sehr begabte Heilerin geworden ist. Lucian hat seine Luftfertigkeiten noch verbessert und viele Bücher über Strategien und Taktiken gelesen - er ist ein unverbesserbarer Bücherwurm.

Als es langsam Abend wird, ziehen wir drei uns zusammen mit Lucian in mein Zimmer zurück. Aisu setzt sich auf mein Bett, während Lucian in seinem Rollstuhl bleibt (die Treppen ist er einfach hochgeflogen) und Julio sich in einen Sessel setzt. Ich entfache noch kurz den Kamin und setze mich dann neben Aisu.

"Also, ihr wisst alle drei von den Dimensionen, also können wir offen reden. Ich sehe euch doch an, dass ihr mich etwas fragen wollt", teile ich meinen drei Freunden nach einer Minute des Schweigens mit.

"Wieso bist du vor sieben Jahren von hier verschwunden? Du scheinst Durcerion, Mila und Lucian ja total vermisst zu haben", fragt Aisu neugierig.

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Der Wächter der DimensionenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt