Kapitel 14: Ein paar Erklärungen... (Teil 1)

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Der Raum ist strahlend hell - viel zu hell.
Nach ein paar Minuten habe ich mich an die Helligkeit gewöhnt und sehe endlich was vor mir liegt.

"Otōsan", rufe ich erfreut und springe vor, um den riesigen Drachen vor mir zu umarmen. Seine schwarzen und grünen Schuppen fühlen sich genauso angenehm kalt an, wie die meines Schales. Kein Wunder, schließlich hat er mir diesen Schal aus seinen Schuppen geschenkt.
Freudentränen steigen mir in die Augen, während ich glücklich murmel: "Es ist so lange her... Ich habe dich so sehr vermisst..."

Erst nach ein paar Minuten gehe ich wieder einen Schritt zurück und wische mir die Tränen aus den Augen. "Wo warst du all die Jahre? Jahrhunderte? Ich habe ewig auf dich gewartet."

Traurig schüttelt er seinen Kopf. "Ich weiß es nicht...", antwortet er.
"Aber Yami! Wie kannst du das nicht wissen?", frage ich verwirrt.
"Schau dich um, dann siehst du es", antwortet Yami wie immer in Rätseln. Er hat mich schon immer alles selbst herausfinden zu lassen.
"Du und deine Rätsel", sage ich Augen verdrehend, schaue mich jedoch trotzdem genau um. Es ist extrem hell, aber zu unseren Füßen erstreckt sich eine schöne Wiese. Das ist so weit nichts besonderes, also scheint Yami etwas anderes zu meinen. Ich schaue mich weiter um. Bis darauf, dass Yami zum ersten mal seit einer Ewigkeit vor mir steht, fällt mir zuerst wenig auf. Dann allerdings fällt mein Blick auf mich selbst und ich bemerke, dass meine Wunden nicht zu sehen sind. Verdammt.

"Ist das hier ein Traum? Oder eine Vision, oder so etwas in der Art?", spreche ich meine Überlegungen laut aus.
"In etwa", antwortet er mit seiner rauen Stimme. "Dies ist eine Erinnerung..."

"Heißt das, dass du die ganze Zeit da warst?", unterbreche ich Yami. "Ich habe so viel erlebt und so viel Mist gebaut..."

"Ich weiß", antworte Yami mit seiner dunklen Stimme. "Ich habe vieles gesehen. Allerdings nur Bruchstücke..."
"Wieso", unterbreche ich ihn. "Wieso hast du dann nie etwas gesagt? Wieso hast du zuvor nie mit mir gesprochen? Ich hätte deine Hilfe, deinen Rat gebrauchen können..."

Langsam schüttelt er den Kopf. "Ich konnte nicht... Diese Erinnerungen sind unter Siegeln versteckt. Ich verstehe nicht mal wieso wir jetzt reden können..."

"Wieso nicht? Du sagtest doch, dass es mit Siegeln zu tun hat. Und die einzigen Siegel, habe ich vorhin gelöst. Aber als ich sie erstellt habe warst du doch schon lange weg. Wie hast du es geschafft daran rum zu werkeln?"

"Gar nicht..."
Als ich Schuldbewusstsein in seinen Augen aufflackern sehe, fällt es mir wie Schuppen von den Augen.
"Nein... Nein, das hast du nicht getan. Du hast nicht bereits damals... was auch immer... versiegelt?  Das hast du nicht getan!" Ja, ich bin wütend! Wenn ich was versiegel ist das eine Sache, wenn andere das machen eine ganz andere. Besonders bei Yami und weil er mir nichts gesagt hat.

"An was erinnerst du dich? Wer bin ich?" Anstatt mir zu antworten, stellt er doofe Fragen.

"Yami. Du warst mein Lehrer und hast mir die Magie der Drachen beigebracht...", ein wenig verwirrt antworte ich sogar. Yami scheint erleichert, doch bevor ich nachfragen kann was das soll, fragt er schon weiter: "Bist du ein Mensch?"

"Nein. Nicht mal teilweise, aber das weißt du doch! Wieso fragst du mich so etwas?"
Es verletzt mich doch ein wenig, wieder die Schuld in seinen Augen zu sehen. Yami war einer der Ersten, denen ich völlig vertraut habe.
"Du hast meine Erinnerungen manipuliert! Wieso?", werfe ich ihm ein wenig enttäuscht vor. Es ist die einzige Erklärung, warum er mich so etwas fragen sollte und in dem Moment, indem ich das ausspreche, weiß ich, dass es wahr ist.

"Du wirst es noch verstehen..." Meine Sicht wird verschwommen. Anscheinend ist die Zeit hier abgelaufen...
"Ich kann dir noch nichts verraten, aber irgendwann wirst du es verstehen. Lass um jeden Preis die Siegel in Ruhe und denk dran..." Noch bevor er zuende geredet hat, wache ich auf und schaue an eine helle Decke.
Ich weiß recht genau, was Yami mir zuletzt noch sagen wollte. Nichts bereuen, nie zurück sehen. Das hat er früher immer wieder gesagt. Damit wollte er mir immer sagen, dass ich so leben soll, dass ich im Nachhinein nichts zu bereuen habe. Tja, Yami. Damit kommst du ein paar Jahrhunderte - wenn nicht sogar Jahrtausende - zu spät.

Nach ein paar Sekunden, schaue ich mich ein wenig um.

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Der Wächter der DimensionenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt