Kapitel 7: Eine kleine Drohung nebenbei und eine Einladung zum Duracel (Teil 6)

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Julio und Aisu - die bereits seit ein paar Minuten fertig mit dem Essen waren - stehen nun ebenfalls auf und folgen mir. Aisu trennt sich kurz von uns und holt den Bogen mit den Pfeilen, die ich ihr gegeben hat. Währenddessen machen Julio und ich Ice fertig.

Keine halbe Stunde später kommen wir wieder an der Lichtung an.

Nachdem wir abgestiegen sind, erlösen wir die drei Reittiere und lassen sie zwischen den Bäumen am Rand der Lichtung grasen. Anbinden müssen wir sie nicht, da sie wissen, dass sie hier bleiben sollen. Kage bekommt sogar einen Apfel von mir.

Zuerst setzen wir uns in die Mitte und fangen an zu reden.
"Durch die neue Regel von meinem Vater hat Miro jetzt einen Vorteil...", fange ich an, doch Aisu unterbricht mich sofort. Julio hat zumindest schonmal von Miro gehört und weiß wie er kämpfen wird, doch für Aisu erkläre ich das nochmal.

"Du musst wissen, dass Miro und ich total gegenteilige Kampftypen sind", erkläre ich an Aisu gewandt.
"Ich kämpfe offensiv. Der Angriff liegt mir einfach viel mehr als eine unnachgiebige Verteidigung. Wenn ich mich gegen Angriffe verteidige, dann mache ich das indem ich nicht direkt blocke, sondern sie ablenke. Bei mir ist Geschwindigkeit noch wichtiger als reine Kraft"

Sie nickt verstehend und ich fahre fort: "Miro ist das komplette Gegenteil. Er ist ein hervorragender Verteidiger, wobei sein Angriff aber auch nicht zu unterschätzen ist. ImGegensatz zu mir greift er aus der Verteidigung heraus an. Bei mir stirbt der Gegner meist mit einem Schlag, Miro hinterlässt viele kleinere Schläge, die jeder für sich allein nicht tödlich sind. Sie zermürben den Gegner und durch die Menge der Schnitte wird er bezwungen. Er gilt im Reich als unbezwingbarer Verteidiger und ich als unaufhaltsamer Angreifer. Es heißt seine Verteidigung sei undurchdringbar und mein Angriff würde jede Verteidigung durchbrechen. Schon früher lag immer wieder die Frage in der Luft, was stärker ist. Mein Angriff oder seine Verteidigung. Bei einem Kampf auf Leben und Tod haben wir mit unseren unterschiedlichen Stilen etwa gleich hohe Chancen.
Doch bei einem Kampf bis zum ersten Blut hat er einen Vorteil. Ich kämpfe meist ohne Rüstung, da sie mich nur behindern würde. So reicht ihm ein einziger Treffer zum Sieg -  egal wo. Um zu gewinnen muss ich erstmal seine Verteidigung durchbrechen und er wird seine vollständige Rüstung tragen."

"Mit deiner Geschwindigkeit dürfte dir das doch nicht schwer fallen", wirft Aisu ein.

"Er kann sich gegen viele Gegner gleichzeitig verteidigen, wodurch er auch eine durchaus beachtliche Methode gegen meine Geschwindigkeit hat." Ich fletsche die Zähne.
"Ich gebe es nur ungern zu, aber er ist verdammt gut."

Julio zieht eine Augenbraue hoch. "Besser als du?"

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht antworte ich: "Vermutlich nicht."
Ich denke noch kurz nach und fahre dann fort: "Mit meiner jetzigen Geschwindigkeit dürfte es schwer werden, aber ich kann es schaffen. Ich könnte mit einem Schlag gewinnen, egal ob auf Leben und Tod oder bis zum ersten Blut. Das einzige was ich tun müsste wäre auf die Lücken in seiner Rüstung zu zielen. Entweder an den Gelenken oder an der Kehle, während meine Klingen ein eventuelles Kettenhemd oder Lederschützer durchtrennen würden."

Hach, die Kunst des Tötens. Nach einigen Augenblicken füge ich an Julio gewandt mit einem leicht traurigen Blick auf Altägyptisch hinzu: "Mit meiner Magie von früher bräuchte ich keine Sekunde."

Julio Augen weiten sich vor Schreck - wieso muss ich auch ausgerechnet jetzt an damals denken.
"Du hast sie damals aus gutem Grund versiegelt und du solltest diese Siegel um keinen Preis anrühren", sagt er ernst - ebenfalls auf Altägyptisch.
Für ihn ist damals - es müsste mittlerweile fast ein dreiviertel Jahrtausend her sein - seine Welt zusammengebrochen.
Und für mich auch, doch für ihn war es das erste Mal...

"Ähm... könntet ihr bitte wieder in einer Sprache reden, die ich auch verstehe. Was war das überhaupt für eine Sprache", fragt Aisu und schaut uns leicht angesäuert an. Sie scheint es aber nicht wirklich ernst damit zu meinen, da sie eher lustig als böse aussieht.
Und glaubt mir, sie kann so richtig böse schauen. Das konnte sie schon als Kind - gruselig.

So antworte ich ihr leicht lachend: "Das war Altägyptisch. Spricht heute keiner mehr außer uns, weshalb es sich hervorragend dazu eignet, wenn man über etwas reden möchte, was kein anderer mitanhören soll. Bringen wir dir vielleicht bei, sobald wir etwas Zeit haben."

"Das heißt ich soll nicht wissen, worüber ihr gerade gesprochen habt?", fragt Aisu misstrauisch.

Julio nickt einfach nur ethusiastisch, sodass ich leicht lachen muss.

"Um wieder auf Miro zu kommen", lenke ich von ihrer Frage ab und wende mich an Julio. "Ich bräuchte für das Duracell hauptsächlich etwas mehr Geschwindigkeit. Dabei kannst du mir doch sicher behilflich sein, oder?"

Jetzt grinst Julio wieder. "Natürlich kann ich dir helfen. Du findest keinen, der schneller ist als ich!"

"Und was soll ich tun, während du noch schneller wirst?", fragt Aisu ebenfalls lächelnd.
Der Themenwechsel scheint funktioniert zu haben.

"Du wirst weiter mit Pfeil und Bogen üben. Nur dadurch kannst du besser werden. Üben, Üben, Üben." Mit letzterem zitiere ich den Lieblingsspruch meines Lehrmeisters.

Ich schieße ein paar Pfeile in markante Ziele in Bäumen, wodurch sie ihre Ziele hat.
"Nächstes mal bekommst du richtige Zielscheiben", verspreche ich ihr.

Sie nickt und beginnt mit ihrem Training, während Julio und ich uns zum Training vorbereiten. Schuhe, Socken, Hemden und Schwertscheiden landen bei den Satteln an der Seite und wir stellen uns gegenüber auf - jeder mit seinen Waffen in der Hand.

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Der Wächter der DimensionenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt