In der L.A.-Dimension angekommen stehen wir nun wieder auf der Klippe, auf der unsere Reise begonnen hat. Auch Julio ist hier, da ich ihn gerade mitgenommen habe und spricht als erster wieder: "Ich mache den Laden in ein paar Stunden auf, Yuya! Komm bitte spätestens gegen Mittag vorbei, du weißt ja wie voll das dann immer wird! Dafür machst du heute zu."
Ich nicke und verpreche ihm rechtzeitig da zu sein, woraufhin er gähnend zwischen den Bäumen verschwindet. Das Training in Yao hat anscheinend auch an seinen Kräften gezehrt.
Nun sind Aisu und ich alleine auf der Klippe und es vergehen einige stumme Momente.
Es dauert fast zehn Minuten bis einer von uns das Wort ergreift.
Eigentlich wollte ich ihr lediglich anbieten sie nach Hause zu bringen, doch es ist etwas völlig anderes, was über meine Lippen kommt.
"Wieso?"Sie scheint aus irgendwelchen Gedanken hochzuschrecken und schaut mich verwirrt an. Sie scheint nicht zu wissen wonach ich frage. Ich brauche selbst noch eine weitere Minute - die sie mir zum Glück gewährt - um mir klar zu werden was ich gemeint habe.
"Wieso hast du mir das alles auf Anhieb geglaubt? Diese ganze Geschichte ist doch eigentlich total absurd."Sie scheint zu überlegen ob und wenn ja wie sie mir antworten möchte. Nach einigen Momenten - unsere Unterhaltung schreitet gerade irgendwie nur stockend voran - scheint sie sich entschieden zu haben, da sie das Wort ergreift: "Ich habe dich gesehen.... Mehrmal als du dich in einen Wolf verwandelt hast und einmal habe ich gesehen, wie du hier verschwunden bist..."
Das kann nicht sein. Mit vor Schreck aufgerissenen Augen lasse ich mich nach hinten ins Gras fallen. Ich habe doch immer aufgepasst, dass niemand in der Nähe ist...
Immer noch ungläubig frage ich Aisu: "Was genau hast du gesehen und wann?"Sie setzt sich neben mich und schaut ebenfalls aufs Meer hinaus.
"Das ist schon ziemlich lange her... Du wirktest von Anfang an nicht wie ein nomales Kind auf mich und als du mich mal wieder nach Hause gebracht hattest, wollte ich schauen, ob du auch gut wegkommst. Du weißt ja meine Eltern konnten dich nie leiden."Oh ja, daran erinner ich mich noch zu gut. Aisu hat sogar noch untertrieben - ihre Eltern haben mich gehasst.
Mit einem Wink bedeute ich ihr fortzufahren, was sie auch gleich tut.
"Das war etwa ein Jahr nachdem wir uns getroffen haben. Jedenfalls habe ich dich am Waldrand gesehen und einen Augenblick später stand dort ein zotteliger schwarzer Wolf. Zuerst habe ich gedacht, ich hätte mich bloß geirrt - ich war schließlich erst fünf. Dennoch stand ich danach fast jeden Tag am Fenster und habe nachgeschaut. Ich habe dich noch ein paar mal verwandeln gesehen."Ich klatsche mir mit der Hand gegen die Stirn.
"Ich Idiot! An den Tagen bin ich vermutlich nicht tief genug in den Wald gegangen. Dabei habe ich dich manchmal sogar gesehen. Zu meiner Verteidigung: An den Tagen bin ich extra weit in den Wald gegangen. Was hat dir noch gezeigt, dass ich kein normales Kind war?"Nun schleicht sich endlich ein kleines Lächeln in ihr Gesicht.
"Erinnerst du dich noch an deinen siebten Geburtstag? Also deinen Geburtstag hier. Wir waren den ganzen Tag unterwegs und du hast darauf bestanden mich nach Hause zu bringen. Erinnerst du dich noch an die größeren Jungs, die uns ausrauben wollten?"Ich schaue verträumt zum Horizont, an dem schon die ersten Sonnenstrahlen zu sehen sind. Ich erinnere mich gut an diesen Tag, da es einer der besten Geburtstage war, die ich je hatte. Wir hatten den ganzen Tag am Strand verbracht. Wir waren baden, haben dort zusammen gegessen (Aisu hatte echt leckeres und auch genug zu Essen mitgebracht) und sind surfen gegangen. Bereits an dem Tag, an dem wir uns zum ersten Mal getroffen haben, habe ich angefangen ihr das Surfen beizubringen - sie war eine begeisterte Schülerin.
Auf dem Rückweg sind wir drei großen Jungs begegnet, die uns ausrauben wollten.Ich nicke. "Natürlich erinnere ich mich daran. Ich hatte dich gebeten die Augen zu schließen, doch anscheinend hast du doch geschaut. Ich musste mich zurück halten um sie nicht ins Krankenhaus zu schicken", schmunzel ich.
"Natürlich, ich war schließlich neigierig", verteidigt Aisu sich. "Ich habe zugesehen wie du diese Jungs in die Flucht geschlagen hast. Das war beeindruckend und in diesem Moment war mir endgültig klar war, dass du kein normaler Junge sein kannst. Ein paar Wochen danach bin ich Sonntagabends zur Klippe gegangen. Ich hatte mich mit meinen Eltern gestritten und wollte meine Ruhe haben. Da habe ich dich verschwinden sehen. Da ich am Morgen jedoch in meinem Bett aufgewacht bin, dachte ich, ich hätte mir das lediglich eingebildet."Ich fahre mir durch die Haare und meine dann leicht schmunzelnd (lässt sich jetzt ja sowieso nicht mehr ändern): "Anscheinend bin ich echt unvorsichtig gewesen... An den Abend erinnere ich mich. Morgens habe ich dich nach Hause gebracht. Ich dachte allerdings, dass du gekommen wärst während ich weg war."
"Ach so war das. Danke."
Nach - mal wieder - einigen Momenten des Schweigens, stelle ich eine Frage, die mir schon seit Anfang der Unterhaltung auf der Zunge lag: "Wieso hast du nie etwas gesagt?"Ich weiß, vielleicht ist es unfair, dass ich ihr diese Frage stelle. Schließlich erzähle ich ja auch so gut wie nie etwas über mich. Selbst jetzt kennt Aisu gerade mal einen Bruchteil meiner Geschichte. So kann ich es ihr nicht vorwerfen, dass sie genau das anbringt.
"Zum einen dachte ich, wie gesagt, dass ich mir einiges eingebildet hatte und zum anderen habe ich darauf gewartet, dass du mal irgendetwas dazu sagst. Ich warte noch immer darauf. Wann erzählst du mir endlich mehr über dich?"Sie schaut wieder ernst und auch mein kleines Lächeln verschwindet aus meinem Gesicht. Ich will es ihr nicht sagen - ich kann einfach nicht.
"Julio meint zwar, ich solle dir alles erzählen, aber ich kann nicht.." Es ist mehr ein Flüstern, als irgendetwas anderes. Ein flehendes Flüstern."Du kannst nicht oder du willst nicht?" Sie hat die Sache mal wieder auf den Punkt getroffen. Das kann sie gut - sie ist einfach viel zu schlau.
"Beides." Auf ihren mehr als nur skeptischen Blick füge ich noch mit einer ergebenden Geste hinzu: "Na gut. Eher letzteres!" Ich lasse mich nach hinten ins Gras fallen.
"Wieso?" Nun stellt sie mir die selbe Frage, mit der ich das Gespräch begonnen habe. Nur dass ich genau weiß was sie damit meint - leider.
Langsam stehe ich auf, atme tief ein und sage dann: "Tut mir leid, aber wenn ich dir alles erzähle wirst du mich hassen und ich will diesen Ausdruck nie wieder in den Augen eines Menschen sehen, der mir etwas bedeutet."Ohne auf eine Antwort zu warten, füge ich noch hinzu: "Komm, ich bringe dich nach Hause."
Sie scheint zu verstehen, dass ich das Gespräch gerade für beendet erklärt habe und sagt nichts weiter. Ich sehe ihr jedoch an, dass sie ein wenig enttäuscht ist.Kurze Zeit später stehen wir vor Aisus Zuhause. Ich will gerade gehen, als sie mich umarmt und mir ins Ohr flüstert: "Ich glaube nicht, dass ich dich hassen würde."
Bevor ich etwas dazu sagen kann ist Aisu auch schon im Haus verschwunden und ich stehe immer noch wie erstarrt am Waldrand.
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Der Wächter der Dimensionen
FanficMein Name ist Yuya Shadowhunter. Ich bin keinesfalls normal. Ich mag vieles sein - aber normal gehört ganz sicher nicht dazu. Dementsprechend chaotisch ist auch mein Leben - was nicht nur damit zu tun hat, dass ich hauptberuflich Leute umbringe. D...