In der Yoa-Dimension kommen wir auf dem Dach meiner Hütte an, da ich auch dort verschwunden bin.
Ich setze mich einfach an Ort und Stelle hin und die anderen Beiden setzen sich zu mir - Aisu rechts und Julio links von mir.
Wir schauen uns mehrere Minuten einfach nur den fast vollen Mond an bis Aisu ihre nächste Frage stellt: "Werdet ihr mir auch beibringen so zu kämpfen?"Ich lege mich nach hinten und verschränke die Arme hinter meinem Kopf. Ich überlege einige Sekunden bevor ich mit meiner Antwort beginne. "Teilweise.... Wir werden dir beibringen dich zu verteidigen. Wir werden dich im Gebrauch einiger Waffen unterrichten. Wir werden dir schon beibringen zu kämpfen, aber nicht so wie wir.."
Ich mache eine kurze Pause bevor ich recht entschlossen weiterrede. "Ich will nicht, dass du jemals so kämpfen musst wie wir. Ich werde dafür sorgen, dass du das nie tun musst. Ich werde das nicht zulassen."Aisu schaut mich fragend an und ich will ihr gerade antworten, doch Julio kommt mir zuvor. Bevor er das Wort ergreift, wirft er mir noch einen komischen Blick und ein verschmitztes Lächeln zu. "Wenn man kämpft wie wir, ist ein verlorener Kampf so gut wie gleichbedeutend mit dem Tod. Wenn man Glück hat kommt man mit schweren Verletzungen davon. Yuya will dich nur davor schützen, nich wahr?"
Aisu murmelt ein "Achso...", legt sich nun auch hin und ich werfe Julio einen bösen Blick zu, nicke aber dennoch. Er hat ja recht.
Julio legt sich jetzt auch hin und wir schauen uns die Sterne an. Aisu scheint über Julios Worte nachzudenken. "Heißt das ihr habt bisher so gut wie noch nie einen Kampf verloren?", fragt sie nachdenklich.
"Wir haben schon einige Kämpfe verloren. Viele sogar... Das bleibt nun mal leider nich aus, wenn man so lange lebt - und so viele Kämpfe bestreitet. Aber wir sind nicht gerade einfach zu töten." Jetzt habe ich wieder ein dickes Grinsen im Gesicht.
Wir schauen uns weiter den Himmel an und irgendwann sagt Aisu lächelnd: "So viele Sterne habe ich noch nie gesehen und der Mond sieht auch schön aus heute Nacht. Bald ist Vollmond, oder?"
"Ja er ist schon nächsten Dienstag - leider... Aber wenigstens ist es bis zum Neumond noch etwas hin", antworte ich leicht zerknirscht.
Sie guckt mich wieder verwirrt an. "Leider? Neumond?"
Julio antwortet mal wieder an meiner Stelle. "Wir sind doch Werwölfe. Jeder Werwolf verwandelt sich in der Vollmondnacht in einen Wolf und seine Instinkte treten stärker hervor. Yuya hat mehr von einem Wolf als andere Werwölfe und deshalb übernehmen seine Instinkte die Kontrolle über ihn - das mag er nicht." Er grinst mich an und ich werfe ihn einen leicht beleidigten Blick zu - ihm würde das auch nicht gefallen. "Na ja und mit dem Neumond hatte er schon immer ein Problem, aber das zu erklären würde etwas dauern. Du siehst es vermutlich beim nächsten Neumond ja sicher selbst, allerdings tritt es nicht immer auf", beendet er noch kurz seine Antwort.Sie fängt an zu lachen und setzt sich auf.
"Das ist nicht lustig", werfe ich gespielt beleidigt ein. Außerdem hat Julio noch etwas untertrieben. Zu Vollmond verliere ich vollkommen die Kontrolle. Ich würde dann als Wolf jeden angreifen - egal ob Freund oder Feind - und mich anschließend vielleicht nicht einmal daran erinnern. Julio hats gut. Selbst bei Vollmond hat er die Kontrolle über sich.Plötzlich unterbricht sie ihr Lachen, als wäre ihr gerade etwas eingefallen"Wenn wir schonmal bei Werwölfen sind... In meisten Büchern und Legenden heißt es, dass Silber Werwölfen Verbrennungen zufügt und das einzige Mittel sei um sie zu töten. Stimmt das?", fragt Aisu.
"Das stimmt. Zumindest mehr oder weniger. Silber verletzt uns schon bei einer einfachen Berührung, aber es ist nicht die einzige Möglichkeit um uns zu töten. Es gibt viel mehr, aber Silber zu benutzen ist halt am einfachsten", antworte ich ihr ziemlich direkt.
Mittlerweile haben wir uns wieder aufgesetzt und sie mustert mich misstrauisch. "Wenn Silber wirklich so schlecht für dich ist, wieso trägst du dann immer diese Silberkette mit dem silbernen Eichenblatt?"
Ich hebe das Eichenblatt hoch, sodass die Kette an meinem Hals etwas verrutscht und die darunterliegenden schwachen Narben zum Vorschein kommen.
"Sie hat mich früher verletzt, aber nach einer ganzen Weile hat das aufgehört. Vermutlich weil das Silber die ganze Zeit mit meinem Blut in Kontakt war..."
Sie schaut mich entgeistert an. "Aber wieso hast du sie dann getragen, wenn sie dich verletzt hat? Du hast sogar Narben davon."
Ich erwidere ihren Blick unschuldig. "Natürlich. Jede durch Silber verursachte Wunde hinterlässt Narben."
Sie schaut mich auffordend an und nach einigen Sekunden des Schweigens komme ich ihrem Wunsch nach - ich fahre fort.
"Vor einiger Zeit war ich in einer Dimension in einem Königreich in dem es einen sogennanten Bund der Waldläufer gab. In diesem Bund gab es 50 aktive Waldläufer, einen für jedes Lehen, die dem König direkt unterstellt waren. Jeder hat in seinem Lehen für Ordnung gesorgt und im Kriegsfall dienten sie dem König als Strategen. Kurz gesagt sie hatten viele verschiedene Aufgaben und waren so etwas wie die Geheimagenten des Königreichs. Ihre Waffe war der Langbogen. Sie waren die besten Bogenschützen, die ich jemals getroffen habe. Du musst wissen, dass ein ausgebildeter Waldläufer sein Ziel eigentlich nie verfehlt."Ich muss bei den Erinnerungen an diese Zeit glücklich lächeln.
"Und was hat das mit dem silbernen Eichenblatt zu tun?", fragt Aisu.
Schmunzelnd fahre ich fort: "Dazu wollte ich gerade kommen. Das Eichenblatt war das Erkennungsmerkmal der Waldläufer. Jeder hatte solch eine Kette. Die eines Lehrling war bronzen, die eines aktiven Waldläufers silbern und die von einem im Ruhestand golden."
Ich atme einmal tief durch bevor ich fortfahre und schaue das Schmuckstück in meiner Hand lächelnd an. "Als ich dort war, war ich der 51. Waldläufer. Ich ging da hin wo ich gebraucht wurde und war unabhängig von einem bestimmten Lehen. Das Eichenblatt ist der Stolz eines Waldläufers. Aber für mich war es noch mehr.... Es ist eine Erinnerung daran, dass ich meine Kraft auch kontrolliert und zum Wohle anderer einsetzen kann..." Die letzten Worte murmel ich nur noch.
"Wie meinst du das? Kontrolliert?" Aisus vorsichtige Worte reißen mich aus meinen nostalgischen Gedanken und mir wird klar, dass ich in Gedanken versunken mal wieder viel zu viel gesagt habe.
Noch bevor ich eine Idee hatte was ich antworten könnte, als Julio mir zuvor kommt. "Nun ja das ist eine etwas längere Geschichte und ich bin sicher, dass dir Yuya irgendwann davon erzählen wird...." Er wirft mir einen Blick zu, der formlich schreit Wenn du das nicht tust, bist du dran. Ich seufze. Er weiß doch wie sehr ich dieses Ereignis verabscheue und auch mich dafür, dass ich es nicht verhindern konnte.
"....Aber es war nach dem, was damals passiert ist, das erste mal, dass er überhaupt gelächelt hat. Diese Kette ist seine Erinnerung daran, dass so etwas nie wieder geschehen sollte. Doch dann war das vor sieben Jahren..." Julio schüttelt den Kopf und ich sehe ziemlich zerknirscht aus. Wieso muss er mich auch ausgerechnet jetzt daran erinnern.
Ich sehe Aisu an, dass sie gerade nach fragen will, was es mit den beiden Ereignissen auf sich hat, doch ich komme ihr zuvor. Mit einem traurigen Blick lasse ich die Kette wieder los, stehe auf und sage dann zu ihr: "Du solltest dich etwas hinlegen. Die Sonne geht schon auf und wir haben heute noch viel zu erledigen, damit wir morgen in der Frühe aufbrechen können."
Aisu scheint verstanden zu haben, dass ich jetzt garantiert nicht darüber reden möchte. Sie nickt, ich zeige ihr wie sie leicht wieder vom Dach runter kommt und im Haus angekommen fragt sie mich: "Wohin gehen wir eigentlich?"
"Nach Hause", antworte ich mit einem Zähneknirschen, fahre jedoch dann mit einem aufgesetzten Lächeln fort. "Ich habe hier noch ein Zimmer frei. Es ist etwas einfacher als in den moderneren Dimensionen, aber dennoch sehr gemütlich."
Nachdem ich Aisu zu ihrem Zimmer gebracht habe, gehe ich zum Stall, wo ich auch auf Julio treffe, den ich gleich verstimmt zur Rede stelle.
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Der Wächter der Dimensionen
FanficMein Name ist Yuya Shadowhunter. Ich bin keinesfalls normal. Ich mag vieles sein - aber normal gehört ganz sicher nicht dazu. Dementsprechend chaotisch ist auch mein Leben - was nicht nur damit zu tun hat, dass ich hauptberuflich Leute umbringe. D...